Es ist schon ein stattliches Stück weit ironisch, betrüblich und ärgerlich zugleich, wenn ausgerechnet ein Film, der u.a. die von Profitgier genährten Auswüchse sowie manipulativen Mittel und Strategien der Werbe- und Medien-Branche kritisiert, sich im Rahmen des Sichtens als weitestgehend irreführend vermarktet entpuppt. Mit einem solchen Fall haben wir es bei der seitens der zwei Newcomer Jamie Bradshaw und Alexander Dulerayn verfassten und in Szene gesetzten 2012er amerikanisch-russischen Co-Produktion „Branded“ zutun, welche mancherorts auch unter den Alternativtiteln „the Mad Cow“ und „?????? 2017“ bekannt ist. Das veröffentlichte Promo-Material (z.B. Artwork und Trailer) lässt den Streifen wie eine Kreuzung aus einem düsteren Verschwörungs-Thriller und einer surreal-eigenwilligen Variante von John Carpenter´s „They Live“ wirken. Obgleich diese Elemente durchaus im Endresultat zu finden sind, weist eben jenes allerdings noch diverse weitere (überaus prägnante) Ansätze, Ideen und Ausrichtungen auf, die dem Werk „im Ganzen“ einen vollkommen anderen „Basis-Ton“ verleihen. Nicht gerade schön, keine Frage – an sich aber nur bedingt der Rede wert, wenn einen das Gebotene (in seiner individuellen Form bzw. Beschaffenheit) letzten Endes denn in einem brauchbaren Maße zu unterhalten weiß. Tja, angesichts des mächtigen (inhaltlichen wie stilistischen) „Durcheinanders“, welchem der Zuschauer im Zuge dieser langatmig-wirren 106 Minuten Zeuge wird, ist dem im Vorliegenden leider jedoch in keinerlei ergiebigen Weise so…
Aber beginnen wir doch einfach mal am Anfang: Nacheinander werden da die Namen einiger „berühmter Visionäre“ der Welthistorie eingeblendet – unter ihnen Albert Einstein, Alexander der Große und Jeanne d´Arc – worauf das Publikum darüber informiert wird, dass sie allesamt „Dinge“ sahen, welche ihren Mitmenschen stets verborgen blieben, sowie im Laufe ihres Daseins die Geschichte jeweils nachhaltig veränderten. Es folgt ein in der UdSSR der frühen 1980er angesiedelter Prolog: Beim Betrachten des Himmels in einem nächtlichen Park entdeckt ein Junge eines Abends eine ungewöhnliche Sternenkonstellation in Gestalt eines sich just in dem Moment auf einmal in eine Position bewegenden Kuhkopfes, aus der heraus jenes Gebilde den Blick des erstaunten Kindes „direkt“ zu erwidern vermag. Aufgewühlt springt der Knabe von seiner Sitzbank und sprintet los – wird nach wenigen Metern allerdings prompt von einem Blitz getroffen. Als er aus der erlittenen Bewusstlosigkeit schließlich wieder zu sich gelangt, umsorgt ihn eine herbeigeeilte ältere Dame, welche ihm sogleich „ein außerordentliches Leben“ prophezeit...
Zeitsprung in die Gegenwart: Der kleine Misha ist inzwischen zu einem erfolgreichen Werbe-Genie (Ed Stoppard) herangewachsen. In Moskau für den Amerikaner Bob (Jeffrey Tamor) tätig, ist er aktuell gerade dabei, sich an ein neues Projekt mit dessen Nichte Abby (Leelee Sobieski) heranzuwagen – und zwar an eine Reality-Makeover-Show, in der ein übergewichtiges Mädel vom Lande mit Hilfe von Schönheits-OPs das Aussehen eines Models verliehen bekommen soll. Dieses Vorhaben wird jedoch seitens des einflussreichen Marketing-Gurus Joseph (Max von Sydow) sabotiert, der im Auftrag der (hohe Umsatzeinbußen zu beklagenden) Fast-Food-Industrie emsig daran arbeitet, Fettleibigkeit zu einem erstrebenswerten Beauty-Standard werden zu lassen: Nachdem beim ersten Eingriff „etwas schief geht“ und die Kandidatin in ein tiefes Koma verfällt, heizt Joseph die aufgebrachte Stimmung in der Öffentlichkeit (gegen Formate und Ideale jener Art) zusätzlich an – was u.a. dazu führt, dass man Abby und Misha kurzerhand zu „unerwünschten Personen“ erklärt und sich die betreffende „Anschauung des Volkes“ zunehmend verändert...
Sechs Jahre später: Während Abby damals in die USA zurückgereist war, hatte Mischa gar eine Weile hinter Gittern verbringen müssen – wonach er sich stracks „von allem lossagte“ und seither (frei jeglicher moderner Technik) ein Leben als Hirte in einem entlegenen Teil Russlands fristet. Am Ende einer langen Suche vermag ihn Abby nun genau dort aufzuspüren – doch auch ihr zuliebe ist er nicht von seiner gewandelten Haltung und Einstellung abzuweichen bereit. Erst eine rätselhafte Vision, die ihn zur Durchführung eines altertümlichen Rituals animiert – nämlich den Bau eines großen hölzernen Opferschreins, auf welchem er eine (speziell herausgestellte) rote Kuh schlachtet, verbrennt sowie sich am Ende dann mit einer Mischung aus Wasser und ihrer Asche übergießt – ermöglicht es ihm, die Dinge so zu sehen, wie sie „tatsächlich“ sind: In erster Linie wären da Parasiten-ähnliche Gebilde Schrägstrich Kreaturen anzuführen, die ihre „menschlichen Wirte“ permanent (unbewusst) zum Konsumieren anregen! Entsetzt über das ihm auf diesem Wege Offenbarte, schmiedet Misha einen Plan, mit dem er dieser grotesken Form der Fremdbestimmung fortan entschieden entgegenzuwirken gedenkt...
Im Grunde kommt einem „Branded“ wie das nur unzureichend ausgearbeitete cineastische Ergebnis bzw. Produkt einer wüsten Brainstorming-Session einiger übereifriger, indes jedoch keinesfalls versiert genug geschulter Studenten aus den Fachrichtungen Film, Philosophie, Soziologie, Ökonomie sowie Absatz- und Verkaufsförderung vor: Eine ebenso sonderbare wie grobschlächtig gestrickte, leider weitestgehend fern von clever konzipierte Kombination aus Konsumismus-Kritik und einer vor allem die Werbe-Branche plus geldgierige Konzerne ins Visier nehmenden Satire – verpackt im Gewand eines dystopischen, mit gewissen Fantasy-Elementen angereicherten Science-Fiction-Drama-Thrillers. Wie in etwa darf man sich das vorstellen? Ungefähr als hätten sich die Verantwortlichen seitens diverser verschiedener Veröffentlichungen inspirieren lassen – von einzelnen Motiven George Orwells und William Gibsons („Pattern Recognition“) über einen Hauch „Mad Men“ bis hin zu Werken á la „They Live“, Larry Cohen´s „the Stuff“, der „Simpsons“-Folge „Attack of the 50-Ft. Eyesores“ (aus „Treehouse of Horror IV“) sowie gar (und das ist kein Witz!) seitens der von unterschiedlichen bunten Wesen bevölkerten „Pokémon“-Franchise. Obgleich anregende inhaltliche Ansätze durchaus vorhanden sind – man nehme nur mal den geworfenen Blick auf Schönheitsideale, Kapitalismus, die verbreitete Marken-Fixiertheit unserer Gesellschaft, den ansteigenden Grad an Fettleibigkeit oder die finster-fragwürdig-konspirativen Machenschaften einiger mächtiger Unternehmen – wurden nahezu all diese Gedanken und Ideen unglücklicherweise jedoch viel zu oberflächlich und unraffiniert angegangen bzw. ausgestaltet…
Lenin quasi als den Erfinder des Marketings darzustellen, da er den Russen seinerzeit ja überaus geschickt den Kommunismus zu „verkaufen“ vermochte, empfand ich als interessant – wie auch manch anderes Statement, beispielsweise hinsichtlich der Manipulierbarkeit von Konsumenten im Rahmen der Erfüllung etwaiger (entweder „von Natur aus“ existenter oder entsprechend geweckter) Wünsche und Begierden. Das Problem ist bloß, dass genau diese Punkte nie eine genügende Vertiefung erfahren – stattdessen muss man sich damit zufrieden geben, vorrangig und unsubtil (mal wieder) vor Augen geführt zu bekommen, dass Fast-Food (bekanntlich) ungesund ist, Werbe-Botschaften oft trügerisch sind und die mächtigsten Firmen mitunter arg rücksichtslos ihre Gewinn-Maximierungs-Absichten verfolgen. Aufgrund etlicher unbedarft eingebundener Einfälle und Subplots – wie dass Misha von Bob ursprünglich mal als Spion rekrutiert wurde, ersterer sich nach einer brutalen Auseinandersetzung urplötzlich Gott zuwendet, die Polizei bei seiner Verhaftung unnötig gewalttätig vorgeht oder er später ausgerechnet per Eingebung die alles entscheidende „Gabe“ erhält – mutet die Story zudem sowohl überladen als auch unfokussiert an. Ergänzt um Flashbacks und Traum-Sequenzen, schwankt der Streifen ständig im „vermittelten Ton“ sowie im Bereich der „Aufmerksamkeitsgewichtung“ seiner präsentierten Handlung, deren Hauptgeschehnisse sich primär eben daraus entwickeln, dass Joseph im Auftrag einer (herbe Verluste einfahrenden) Burger-Kette „die Perspektive der Menschen“ nachhaltig zu verändern plant – damit Schlankheit fortan nicht mehr als wichtig, erstrebenswert oder schön empfunden wird – während Abbie und Misha an ihrer TV-Sendung arbeiten und im Zuge dessen schrittweise zu einem Paar werden…
Als Lead verbleibt der Brite Ed Stoppard („the Pianist“) ein gutes Stück weit blass: An sich agiert er zwar keineswegs schlecht, doch hätte es jemanden mit einem stärkeren Charisma gebraucht, um den emotional recht „kühlen“ Misha zu einer besseren Identifikationsfigur (fürs Publikum) werden zu lassen. Ihm zur Seite steht Leelee Sobieski: Ihres Zeichens eine solide, beileibe nicht ungern gesehene Aktrice, die offenbar jedoch kein sonderlich beseeltes Händchen bei ihrer Projektauswahl zu haben scheint (siehe u.a. „In the Name of the King“). Ihr gewohnt leicht herbes, zurückhaltendes sowie „natürliches“ Auftreten passt prima zum Part der Abbie – allerdings gibt es einfach keine einträgliche Chemie zwischen ihr und Stoppard zu registrieren, was angesichts des Stellenwerts, den die Skript-Vorlage ihren „großen Gefühlen“ zugesprochen hat, durchaus unvorteilhaft zu Buche schlägt. Immerhin aber sorgt sie (allein schon dank ihrer Anwesenheit Schrägstrich Partizipation) für einen der raren „an- bzw. aufregenden“ Momente des Films – nämlich als Abbie und Misha Sex in einem Wagen haben, der gerade mitten im dichten Verkehrschaos der Moskauer Rushhour feststeckt. Jeffrey Tambor (TV´s „Arrested Development“) verkörpert seine Rolle indes mit sichtlich eingeschränktem Engagement – der „Funke“ seiner sonstigen Performances fehlt hier fast vollständig – wohingegen Max von Sydow („Shutter Island“) vor allem durch an den Tag gelegtes Over-Acting auffällt. Die verbliebenen Beteiligten sind nicht weiter der Rede wert. Ich hoffe wenigstens, dass man den vier „Westerners“ ein vernünftiges Sümmchen für ihre Mitwirkung gezahlt hat: Das zumindest würde so einiges erklären – denn eigentlich hätten ihnen bereits beim Lesen des Drehbuchs (mit seinen vielen wirr und schwach verfassten Dialogen und Entwicklungen) so etwas wie diverse sprichwörtliche „Warnlichter“ aufgehen müssen…
Jamie Bradshaw und Alexander Dulerayn haben ein Werk erdacht und umgesetzt, dem es auf mannigfachen Ebenen und Gebieten schlichtweg am nötigen Reiz mangelt. Misha´s Vergangenheit, sein Bemühen, „grünes Licht“ für einen von ihm mitproduzierten Horror-Thriller zu erhalten, seine Position innerhalb von Bob´s Firma, Abbie´s Reality-Show-Pitch sowie ihr gemeinsames Angehen jenes Konzepts sind zwar nicht unbedingt langweilig, wohl aber nur eingeschränkt unterhaltsam mitzuverfolgen – einzelner „augenzwinkernder Details“ zum Trotz (wie dass der von Misha kreierte Teaser-Trailer im Prinzip nichts Konkretes mit dem geplanten Flick zutun hat). Joseph´s Vorhaben ist fast schon Cartoon-haft schräg und harmoniert dabei mit dem präsentierten (gar nicht mal allzu überspitzen) Bild der Werbung in diesen modernen Zeiten – komplett mit riesigen bunten Billboards überall in der Stadt. Bekannte Namen und Logos hat man unterdessen durchweg (nicht bloß vom Design her) „geringfügig abgewandelt“ – und so wurde (z.B.) aus „McDonald´s“, „Apple“, „Coca-Cola“ und „Microsoft“ kurzerhand „the Burger“, „Yepple“, „Soda-Soda“ und „GiantSoft“. Die dargebrachte Satire ist jedoch nie wirklich clever, witzig oder bissig genug, um in einem ansprechenden Maße überzeugen zu können. Nachdem Joseph nun also (vorerst) seinen Triumph genießt und Misha einige Jahre „ohne Medien-Einfluss“ auf dem Lande verbringt, treibt ihn schließlich eine Vision zum Vollführen eines bizarren Rituals – worauf er dann (quasi in einem „erleuchteten Zustand“) mit Abbie in die russische Hauptstadt zurückkehrt, wo Übergewicht inzwischen als „attraktiv“ gilt und er außerdem seinen (ziemlich pummeligen) Sohn kennen lernt, von dessen Existenz sie ihm bis dato noch kein Wort erzählt hatte: Ein dramatischer Subplot, der irgendwie rein gar nicht funktioniert…
Das Tempo ist träge, die Geschichte unzureichend packend und die Inszenierung vorwiegend uninspirierter Beschaffenheit – u.a. sind in diesem Kontext bestimmte stilistische Wechsel des Bildformats anzuführen. Nach 59 (von insgesamt 105 Minuten) erblickt Misha mit einem Mal plötzlich ein in der Luft schwebendes farbenfroh-sonderbar-groteskes „Geschöpf“, von denen es zig verschiedene gibt, die jeweils einer spezifischen Produkt-Marke zugehörig sind und sich zum Teil wie Parasiten an Menschen geheftet haben, deren „Verlangen“ (etwa nach einem speziellen Artikel) sie auf diesem Wege gezielt bekräftigen. Nur er kann sie sehen – welche man sich übrigens (laut eines Online-Kritikers) ungefähr so vorzustellen vermag, als hätte David Cronenberg die berühmten Ballons für die New Yorker „Macy´s Thanksgiving Day Parade“ seinem individuellen Belieben nach frei gestalten dürfen. Nunja. Nach dem Überwinden des ersten Schocks gründet Misha jedenfalls schleunig eine neue Werbe-Agentur und zettelt (in Kooperation mit einer asiatischen vegetarischen Essens-Kette) einen regelrechten „Feldzug gegen Rindfleisch“ an – was die Botschaft des Streifens geradezu aushebelt, sofern man darüber nachzudenken bereit ist. Sein Handeln fördert wiederum die Entstehung neuer Kreaturen, welche daraufhin über der Skyline eine „epische Schlacht um die Markt-Dominanz“ austragen. Abgesehen davon, dass die gebotenen CGIs nicht unbedingt die besten sind, ergibt das alles erstaunlich wenig Sinn. An sich ist der Anblick ja nicht unamüsant – doch muss man sich im Schlussakt eigentlich durchgehend (unweigerlich) die Frage „WTF?!“ stellen, zumal noch ein „BSE-Komplott“ sowie randalierender „Anti-Advertisement-Mob“ mit ins Spiel gebracht werden. Zusätzlich ist zu erwähnen, dass der „Ober-Baddie“ nach einem Blitzschlag auf einmal spurlos verschwindet sowie herauskommt, dass das erläuternde Voiceover, welches den gesamten Film bis dato (ebenso ausgiebig wie aufdringlich) durchzogen hat, allen Ernstes von der Kuh-förmigen Sternenkonstellation (als Erzähler!) stammt…
Fazit: „Branded“ wartet mit einer ganzen Reihe potentiell recht reizvoller Ansätze und Ideen auf – schafft es jedoch in keinerlei ersprießlichen Weise, diese innerhalb seiner dargereichten Handlung sinnvoll miteinander zu vereinen: Ein zwar sehr ungewöhnliches, zugleich jedoch auch arg konfuses wie unbefriedigendes, sich über weite Strecken hinweg (zu allem Überfluss noch) relativ lahm und unfokussiert entfaltendes Werk mit einem herausragend „durchgeknallten“ Finale…
knappe „3 von 10“