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Von mir aus hätten sich ja alle Beteiligten der "Zurück in die Zukunft"-Trilogie nach dem dritten Teil zur Ruhe setzen könne, ich wäre dennoch vor jedem aus Dankbarkeit auf die Knie gerutscht. Zum Glück machte z.B. Regisseur Robert Zemeckis trotzdem eifrig weiter und feiert noch heute große Erfolge, während der ein oder andere Darsteller mittlerweile in der Versenkung verschwunden ist. Das gilt auch für Drehbuchator und Produzent Bob Gale, dessen Bekanntheitsgrad mit den Jahren immer tiefer in den Keller sank. Auch mit seinem ambitionierten "Interstate 60" hat sich das nicht geändert, obwohl fast jeder von den wenigen, die ihn gesehen haben, den Film über den grünen Klee lobt.

Gale nimmt uns hier auf den fantasiereichen Selbstfindungstrip des jungen Quincy mit, der das Glück hat, dass ihm der Teufel in Gestalt des Pfeife rauchenden Kauzes O. W. Grant einen Wunsch gewährt. Da er wissen will, was das Leben ausmacht und mit sich bringt, nimmt Grant Quincy mit auf eine Spritztour entlang der fiktiven Interstate 60, auf welcher er vielen eigenartigen Personen und auch Gefahren begegnet.
Als Identifikationsfigur ist Quincy für den ein oder andere Zuschauer sicher brauchbar. Ein junger Mann, der noch nicht so recht weiß, wohin ihn sein Weg führt, bekommt unfreiwillig von seinen Eltern ständig Hilfestellung. Der vorläufige Höhepunkt ist erreicht, als sein Vater ihm mithilfe seiner Beziehungen zu einem Jurastudium verhilft, was der Filius aber im Grunde genommen gar nicht haben will. Und so kommen Grant und sein Handlanger Ray ihm gerade recht.

Von da an hangelt sich "Interstate 60" an vielen kleinen Episödchen entlang, die mal witzig, mal gesellschaftskritisch und manchmal grotesk zu Quincys Selbstfindung führen. Beispielsweise gabelt er eine Nymphomanin auf, die ganz offen davon redet, schon länger auf der Suche nach dem besten F*** zu sein, dann kommt er in ein Kaff, das die Polizei durch dosierte Abgabe euphorisierender Drogen regelt und in ein Städtchen, in dem es nur Anwälte gibt, wo jeder ständig jeden verklagt. "Interstate 60" bleibt dabei stets unterhaltsam und sympathisch, aber es fehlt eben der letzte Schliff, der beispielsweise den ähnlich gelagerten "Big Fish" zu etwas Besonderem machte. Gales Film gelingt es nicht, den Zuschauer vollkommen ins Geschehen einzubinden. Man beobachtet interessiert, aber mitfühlen tut man zu selten. Das liegt freilich auch am sehr blassen Hauptdarsteller Matthew Edison, der in "Melrose Place" und Konsorten sicher eine gute Figur abgeben würde, aber jegliche Tiefe vermissen lässt. Dem Drehbuch fehlt es ebenfalls am letzten Quentchen, was vor allem beim Schluss negativ ins Gewicht fällt. Quincys Beziehung zu seiner Freundin ist anscheinend beendet, genaueres erfahren wir nicht, und der Ton Quincys seinem Vater gegenüber wird plötzlich unerwartet schroff, was ihn beinahe unsympathisch werden lässt.

Wirklich sehenswert ist "Interstate 60" jedoch aufgrund vieler Nebencharaktere, die von Gale nicht nur liebenswert geschrieben wurden, sondern unter denen sich auch Gaststars en masse tummeln. Von einem schwer erkennbaren Gary Oldman als Leibhaftiger und seinem kauzigen Helfer (Christopher Lloyd mal wieder als schrulliger Opa), über Kurt Russell als Polizeichef und Chris Cooper, bei dessen selbstmörderischen Absichten man gleich mehrfach den Atem anhalten muss, geben sich viele bekannte Gesichter die Ehre. Der Moment schlechthin ist aber der kaum zweiminütige Auftritt von Michael J. Fox gleich zu Beginn, einer seiner ganz selten gewordenen Leinwandauftritte seit seiner Parkinsonerkrankung und deshalb so kostbar. Und Pechschwarz noch dazu!

Ein Film also von Unabhängigkeit und Selbstfindung, der mir persönlich alleine aufgrund des Zusammentreffens von Gale, Lloyd und Fox von Anfang an sympathisch war. Garniert mit skurrilen Nebencharakteren und als Roadmovie konzipiert, reiht "Interstate 60" Episode an Episode, ohne langweilig zu werden, aber auch ohne wirklich mitzureißen. Kann man als relativ anspruchslosen Unterhaltungsfilm jederzeit goutieren, aber da wäre noch sehr viel mehr drin gewesen.

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