Dies ist die Geschichte des jungen Jamie, der mit seiner Mutter und seinen Brüdern in einem heruntergekommenden Viertel in Snowtown, Australien, lebt. Von seinem großen Bruder drangsaliert und vergewaltigt, sieht Jamie in John Bunting, dem neuen Bekannten seiner Mutter, eine Art Ersatz-Vater und folgt diesem in Ansichten und Meinungen ohne diese zu hinterfragen. Als Jamie schließlich mitbekommt, dass John unliebsame Mitbürger einfach mal so – oder aber um die Sozialhilfe zu kassieren – um die Ecke bringt, macht er sich zum willfähigen Gehilfen…
Dieser Film wird es definitiv schwer haben, sein Publikum zu finden, denn in welche Schublade man ihn auch zu packen gedenkt: er passt da einfach nicht hinein. Egal ob Arthouse-Kino, True-Crime-Thriller, Drama, Serienkiller- oder (ganz abwegig) Horrorfilm; alles trifft kaum wirklich zu. Was „Die Morde von Snowtown“ aber auf jeden Fall schafft, ist, dass er keinen unberührt lässt. In harschen, kargen Bildern wird in dem für meinen Geschmack etwas zu lang geratenen Film eine Atmosphäre voller Trost- und Hoffnungslosigkeit kreiert, die nicht nur durch die Arbeitslosigkeit und das White-Trash-Leben in Snowtown definiert sondern zudem auch noch durch sexuelle Gewalt angeheizt wird. Umso krasser erscheint es da, dass gerade der Serienkiller John als kleines Licht im Dunkel dieses australischen Kleinstadtlebens empfunden wird – ähnlich wie man auch Serial Killer „Henry“ nicht unsympathisch fand. Doch während John McNaughton vieles filmisch so aufgelöst hat, dass man als Zuschauer einer Storyline folgen konnte, belässt es Justin Kurzel dabei, dass kaputte Hartz-IV-Leben in Snowtown fragmenthaft zu beleuchten und durch das bewußte Weglassen von unterstützenden Dialogen umso verstörender darzustellen. Selbst die Taten von John werden – bis auf eine Ausnahme – kaum genregerecht ausgeschlachtet und dienen weder jedwedem Spannungsaufbau noch als voyeuristische Befriedigung. So ist es dann auch nur logisch, dass man vieles durch die (kalten?) Augen des jungen Jamie betrachtet, der im Fokus von „Die Morde von Snowtown“ steht. Seine kritik- und gegenwehrlose Haltung ist, die es hier kopfschüttelnd zu „bestaunen“ gilt. Und in diesen Momenten ist es Justin Kurzel gelungen, einen intimen Blick in das Seelenleben eines Mitläufer-Jünglings zu werfen, der wahrscheinlich in dem Moment, als er das Licht der Welt erblickte, schon zu den wirklichen Opfern einer Gesellschaft gehört, die solche Monster wie John Bunting hervorbringt. Fazit: nihilistisch bis ins Mark und keinesfalls leicht anzusehen. Auf BD 16:9. Mit Daniel Henshall, Lucas Pittaway, Craig Coyne u.a.
© Selbstverlag Frank Trebbin