Review

Keine Ahnung, was ich erwartet habe. Wohl einen ordentlichen B-Actiongülle-Streifen im Trash-Format. Was sollte man auch sonst großartig erwarten bei so einem Haudegen-Titel wie "Der Maschinenpistolen-Prediger"? Dass ich mich dann mit vergessenen Kriegen (hier im Süd-Sudan)  und geschlagene zwei Stunden einer Verfilmung des Lebens von Sam Childers rumschlagen muss, hätte ich nicht erwartet.
Ich hab von Sam Childers (der von Gerard Butler verkörpert wird) noch nie etwas gehört, aber kurz mal zu seiner Person: Sam war früher ein krimineller Junkie, der trotz Familie um die Häuser gezogen ist, Dealer ausgeraubt hat um sich selbst den Schuss zu setzen - bis er von Gott erleuchtet wurde und dadurch zu seinem wahren Lebensweg gefunden hat, der ihm sagte, dass er den Kindern im Sudan helfen muss mit der Hoffnung, diesen Krieg stoppen zu können. So, selbst bei Wikipedia habe ich nichts über ihn gefunden, so kann ich also nicht sagen, ob das Drehbuch zu 100% an den originalen Charakter gebunden wurde oder hier und da etwas "geschönt" wurde, um Sam edler erscheinen zu lassen wie er in Wirklichkeit war.

Nun sei es drum. Der Film hat eine Laufzeit von 120 Minuten und trotzdem kann ich dem Film unterstellen, gerade den Anfang dermaßen verbockt zu haben, dass der restliche Film darunter leidet und nicht glaubwürdig erscheint. Der Beginn zeigt, wie Sam frisch aus dem Knast entlassen wird, sich Drogen reinpumpt, zwischendurch sich auch mal fürsorglich um seine Frau und Tochter kümmert, und etliche Dealer zuhause überfällt, um am Geld und Drogen zu kommen. Kurzum: Butler spielt einen nicht gerade liebenswerten Charakter.
Der große Urknall verursacht aber die Wandlung des bösen Knastbrudern zum christlichen Rambo. Nicht nur, dass das in fünf Minuten runtergekurbelt wurde, nein, es wirkt auch sehr unglaubwürdig. Man kann den Film ja nicht auf 180 Minuten strecken aber gerade an dieser Stelle wurde meiner Meinung nach geschlampt, da, wenn ich die Lebensgeschichte des Sam Childers nicht kenne, diese Story als Lug und Trug abstempeln würde - und diese "Erleuchtung Gottes", die mir bei jedem Film ein Dorn im Auge ist, macht das Ganze nicht besser. Der Wandlung des Charakters hätte eindeutig mehr Spielzeit besser zu Gesicht gestanden.

"Du kannst sie nicht alle retten!", sagt man Sam Childers, als er im Sudan die Grausamkeiten sieht, die Kindern angetan werden: Sie werden gefoltert, vergewaltigt, zum Morden gezwungen. "Das Böse ist zu mächtig", hört Sam immer wieder. Doch er will das nicht glauben und sich schon gar nicht mit Tatenlosigkeit abfinden. Er beginnt, Kinder zu schützen und ihnen von Gott zu erzählen. Er baut ein Waisenheim auf und verfolgt die Drahtzieher der Kinderschänder. Und dazu greift er notfalls auch zu radikalen Mitteln. Seitdem nennen ihn viele "Machine Gun Preacher", den Prediger, der ein Maschinengewehr trägt ...

Ich muss zugeben, hier und da hat der Film sehr bewegende Momente, aber keine, die in anderen Filmen nicht schon einmal radikaler rübergekommen sind und den Zuschauer vor Empörung aus dem Sessel hauen. Man soll mich für den Vergleich von mir aus auslachen: Aber Uwe Boll´s "Darfur" hatte zehn Mal mehr Durchschlagskraft als "Machine Gun Preacher". Es wird auch kein Thema (was ja eigentlich positiv gemeint ist) ausgelassen: Kinderschändungen, ganze Familien werden ausgelöscht, Kindersoldaten, und die Erkenntnis, dass man einen Kampf gegen die Windmühlen führt.

Was nicht erkenntlich für den Zuschauer ist, ist dass die Handlung scheinbar über mehrere Jahre geht, was man lediglich am Erwachsenwerden der eigenen Tochter mitbekommt. So pendelt die Handlung immer zwischen Pensylvania (USA) und Sudan her, Sam hält sich mal zuhause auf um Geld zu erbetteln (was auch starke Szenen sind) oder in der Kirche beim predigen am Priesterpult (da fallen mir fast die Eier ab) und wenn er nicht daheim ist, ist er wieder an der Front im Sudan. Das ist meiner Meinung nach zu viel wischiwaschi und wirr und passt sich somit dem unglaubwürdigen Anfang an.
Trotzdem wird der Film in der zweiten Hälfte mit jeder Minute stärker und zieht mich dann doch noch in seinen Bann. Actionmäßig wird hier nur wenig geboten, der Film will nicht unterhalten sondern wachrütteln und den Zuschauer zum eigenen Umdenken zwingen, ob man nicht mal auf die Sauftour am Wochenende verzichten konnte und das dafür ausgegebene Geld hätte spenden können, für Menschen, die ganz andere Probleme haben wie wir.
Im Abspann darf man dann noch originale Fotos von dem echten Sam Childers sehen. Von ihm, seiner Familie und von ihm geschossene Fotos aus dem Sudan, was "Machine Gun Preacher" einen Hauch mehr Authentizität verleiht.

Dennoch: Ein misslungener Anfang, ein völlig beschissen ausgewählter Filmtitel und einen langen Mittelteil, der meiner Waschmaschine im Spülgang gleicht  was die Handlung angeht, macht aus dem eigentlich sehr guten und wichtigen Thema höchstens noch einen durchschnittlichen Film. Schade, denn ich will Regisseur Marc Forster nicht den guten Willen absprechen. Ich hoffe, dass Gerard Butler nach dem Dreh nur einen Bruchteil seiner Gage in den Sudan überwiesen hat, denn komischerweise schoss mir immer derselbe Gedanke während des Ansehens durch den Kopf: Dass diese Rolle von einem gut verdienenden Millionär gespielt wird.

5/10

Details