"Atemlos - Gefährliche Wahrheit" verfügt über Voraussetzungen, die automatisch Vorurteile hervorrufen. Hauptdarsteller Taylor Lautner ist bisher hauptsächlich als verkappter Werwolf aus der "Eclipse"-Reihe aufgefallen, wo er nur einen finsteren Blick aus verengten Augen absondern musste und mit seinem trainierten nackten Oberkörper glänzte. Autor Shawn Christensen verfügt auch nicht über mehr Erfahrungen, hat aber ausführlich die "Bourne"-Trilogie studiert, um diese dann mit dem High-School-Genre zu kombinieren. Doch neben diesen, zugegeben, wenig vielversprechenden Komponenten, verfügt der Film auch über einige Pluspunkte - Regisseur Singleton hat schon ansprechende Action-Filme abgeliefert und Darsteller wie Sigourney Weaver, Alfred Molina und Michael Nyqvist sind für tadellose Leistungen bekannt - geholfen hat es leider nichts.
Der Film schwitzt aus jeder Pore das "Eclipse" - Universum, auch wenn die Story vordergründig nichts damit zu tun hat. Es ist die komplette Berechenbarkeit, die jede Beziehung, jede Emotion so vorbereitet, dass sie einem jungen Publikum mundgerecht serviert wird. Doch während die "Eclipse"-Reihe auch thematisch keinen Zweifel an der angestrebten Zielgruppe lässt, handelt es sich bei "Atemlos" um einen Thriller, der ganz ungeniert im Genre wildert und so tut, als ob ein trainierter Body genügt, um zum Action - Helden geboren zu sein. Schon der Beginn ist entsprechend peinlich, wenn der glattgesichtige, konturlose Nathan (Taylor Lautner) den Eindruck zu erwecken versucht, ein ganz Wilder zu sein. Erst reitet er bei hoher Geschwindigkeit auf einer Motorhaube, dann rollt er in eine High-School-Party, um am nächsten Morgen zugedröhnt mit nacktem Oberkörper neben dem Pool aufzuwachen. Sein Kumpel dealt zudem mit gefälschten Pässen, aber der erfahrene Seher weiß schon in diesem Moment, dass diese Fähigkeit bestimmt noch nützlich sein wird.
Es ist weder die völlige Vorhersehbarkeit, noch die innere Unlogik, die den Film so schlecht machen - solche Zutaten könnten immer noch einen guten Unterhaltungsfilm ermöglichen - sondern die komplette Glättung jedes möglichen Konflikts, als ob Taylors Gesicht für die Story Pate stand. Natürlich fühlte sich Nathan schon zuvor fremd in seinem Elternhaus, weshalb es ihm auch nicht wirklich etwas ausmacht, als seine Eltern gekillt werden - es waren ja, wie sich jetzt herausstellt, nicht wirklich seine Eltern, er lebte nur seit 16 Jahren mit ihnen zusammen. Irgendwelche emotionalen Verwirrungen wären da nur fehl am Platz.
Glücklicherweise hatte auch Karen (Lily Collins) schon mit ihrem Freund Schluss gemacht, bevor sie mit Nathan ein Schulprojekt beginnt, bevor sie mit ihm gemeinsam ein Foto eines vermissten Jungen im Internet findet, bei dem es sich um den kleinen Nathan handelt, bevor sie die dort angegebene Mail-Adresse anschreiben, um damit eine Verbrecherorganisation zu aktivieren, deren Apparat seit 16 Jahren auf diesen Moment gewartet hatte, bevor sie mit ihm floh, bevor sie mit ihm Sex hat...Moment, das natürlich nicht, denn bekanntlich steht "Eclipse" hier Pate, aber da diesmal keine Vampire mitspielen und auch die Verbrecher gerade Pause machen, bekommen unsere Protagonisten mitten in der größten Geilheit eben Hunger - kann schließlich vorkommen.
Doch es ist müssig, die Unmenge an Details aufzuzählen, die verhindern, dass der Film auch nur einen Moment eine innere Schlüssigkeit ausstrahlt oder zumindest etwas spannend wird, denn sein Manko ist und bleibt ein Hauptdarsteller, der nur verkniffen aus seinen Augen sehen kann, und dessen pausbäckiges Jungengesicht keinen Moment die ständige lebensgefährliche Bedrohung, die Ungewissenheit seiner Situation, die Gefühle für die junge Frau an seiner Seite und die unglaublichen Anstrengungen, zu denen er gezwungen wird, vermitteln kann. Natürlich veranstaltet der Film viel Brimborium, hält durchgehend ein hohes Tempo, kann aber trotzdem nicht verhindern, als Action-Thriller nur wie ein Fake zu wirken (2/10).