Matt Damon spielt einen Familienvater, dessen Frau, gespielt von Gwyneth Paltrow, nach einer geschäftlichen Hongkong-Reise erkrankt und stirbt. Noch bevor die Ärzte die genaue Todesursache klären können, erliegt auch sein Sohn dem Virus. Als herauskommt, dass es sich hier um die Auswirkungen eines neuartigen Virus handelt und er selbst immun ist, verbarrikadiert er sich zu Hause mit seiner Tochter, die er nicht auch noch verlieren will. Auf die amerikanische Seuchenschutzbehörde und deren Leiter, gespielt von Laurence Fishburne, kommen derweil schwere Zeiten zu. Eine Mitarbeiterin, gespielt von Marion Cottilard, wird nach Hongkong geschickt, um den Ursprung des Virus zu ermitteln, während eine andere, gespielt von Kate Winslet, die Ausbreitung in den USA zu verhindern versucht. Mit der Seuche, die sich durch eine relativ hohe Sterblichkeitsrate auszeichnet und sich schnell verbreitet, zumal es weder Medikamente zur Bekämpfung, noch eine funktionierende Impfung gibt, kommt die Panik, die unter anderem von einem Blogger, gespielt von Jude Law, der von Anfang an die Berichterstattung aufnimmt, weiter angeheizt wird.
Nicht nur Freddy Krueger oder Michael Myers sorgen im Kino für Angst und Schrecken, zumal nur kleine Kinder ernsthaft glauben könnten, dass sich die Killer in ihrem Wandschrank oder unter ihrem Bett verstecken, auch die unsichtbaren Feinde tun es, die Feinde, gegen die auch eine Schusswaffe keinen Schutz bietet. Schon in “Andromeda – tödlicher Staub aus dem All“ oder “Outbreak – lautlose Killer“ ging das Konzept der unsichtbaren Bedrohung voll auf und nun hat sich auch Steven Soderbergh der Thematik angenommen, nur, dass er hier vor allem auf eine realistische Behandlung des Stoffs setzt. Und gerade deshalb überzeugt Soderberghs Viren-Thriller auf ganzer Linie.
Wie schon bei seinem Oscar-prämierten Drogen-Drama “Traffic“, versucht Soderbergh sich der Katastrophe, die übernationale, in diesem Fall sogar globale Ausmaße annimmt, mit vielen einzelnen Perspektiven und Blickwinkeln zu nähern, um sie möglichst gut erfassen zu können. “Contagion“ ist so die Rekonstruktion einer Katastrophe geworden, die durchaus realistische Züge hat, immerhin hat Soderbergh umfangreich recherchiert und ausgiebig mit den Experten der amerikanischen Seuchenschutzbehörde gesprochen und dies merkt man dem fertigen Film auch an. Entscheidend ist letztlich aber nicht nur, dass die Katastrophe glaubhaft erscheint, auch die Charaktere sollten dieses Kriterium erfüllen und auch hier leistet sich Soderbergh letztlich keine Fehler.
Da ist also zunächst einmal der von einem überaus glaubhaft agierenden Matt Damon verkörperte Familienvater, der Frau und Sohn verloren hat und seine Tochter daher nun wie seinen Augapfel behütet, er verbietet ihr den Kontakt zu ihren Freunden, er lässt niemanden ins Haus, wobei er selbst gegen die Krankheit immun ist. Hierbei handelt es sich letztlich um die Perspektive des Durchschnittsamerikaners bzw. des normalen Menschen, über den schließlich die Katastrophe hereinbricht, der seine Informationen lediglich den Medien entnehmen und nichts weiter als abwarten und hoffen kann.
Viel mehr als abwarten und hoffen können aber auch die Experten der Seuchenschutzbehörde zunächst nicht. Ihr Leiter, der von einem ebenfalls durchweg überzeugenden Laurence Fishburne verkörpert wird, organisiert den Kampf gegen die Seuche, koordiniert und gerät immer wieder in Konfliktsituationen, in denen er sich entscheiden muss. Er fragt sich des Öfteren, wie viel Wahrheit die Öffentlichkeit erträgt. In einer Szene meint er, dass sich ein Virus von Mensch zu Mensch verbreitet, Panik und Angst jedoch auch über Rundfunk oder Internet und entsprechend dieser Devise versucht er zu schlichten und zu beruhigen, kann der Öffentlichkeit letztlich aber nicht mehr empfehlen, als Hände zu waschen, Menschenmengen zu meiden und sich nicht permanent mit den Händen ins Gesicht zu greifen. Darüber hinaus muss er sich fragen, ob er seiner Frau sensible Informationen über die Abschottung ganzer US-Städte mitteilt, damit sich diese darauf einstellen kann, ob er sie beim entwickelten Impfstoff bevorzugt oder wie alle anderen Amerikaner warten lässt, bis sie an der Reihe ist. Hinzu kommen die Selbstvorwürfe, nachdem eine Mitarbeiterin, die er in den Einsatz geschickt hat, erkrankt und gestorben ist, ohne, dass er etwas für sie hätte tun können.
Auch die übrigen Figuren sind durchaus gelungen konstruiert und werden von erstklassigen Darstellern verkörpert. Da wäre zum Beispiel eine gewohnt überzeugende Marion Cotillard, die eine Mitarbeiterin der Behörde spielt, die in Hongkong dem Ursprung der Seuche auf den Grund gehen soll und schließlich von einem Einheimischen entführt wird, der sie gegen Medizin für die Bewohner seines Ortes eintauschen will. Hinzu kommt eine ebenfalls vollkommen authentische Kate Winslet, die ebenfalls eine Mitarbeiterin der Seuchenschutzbehörde spielt, die dann aber ebenfalls erkrankt. Sie verhält sich auch im Angesicht der Krankheit mit ihrer hohen Sterbewahrscheinlichkeit vollkommen professionell und informiert zunächst alle Menschen, mit denen sie in Kontakt war darüber, dass sie infiziert sein könnten. Anschließend landet sie in einer notdürftig zur Krankenstation umfunktionierten Halle. Dann ist da noch der von Jude Law ebenfalls gelungen verkörperte Blogger, der die Krankheit nutzt, um sich wichtig zu machen und später dann auch, um mit ihr finanziell Profit zu machen.
Die einzelnen Handlungsfäden in der Hand hält Soderbergh, der schnell und gut erzählt und so einen spannenden Thriller abliefert. Der Gedanke, dass es jeden jederzeit treffen kann, dass fast niemand immun ist, dass sich das Szenario so tatsächlich abspielen könnte, das schnelle Erzähltempo, die hervorragenden Darstellerleistungen und der treibende Score summieren sich dabei zu einer Inszenierung, die kaum spannender sein könnte. Dabei verflacht der Film zu keinem Zeitpunkt, auch wenn nicht jede Wendung gänzlich sitzt. Der Impfstoff wird schließlich etwas zu abrupt und unverhofft entwickelt, das Ende der Seuche wirkt zeitlich stark verkürzt und vor allem der Handlungsstrang um die von Cotillard verkörperte Ermittlerin wird über weite Strecken aus den Augen verloren. Aber dies sind kleine dramaturgische Mängel, die letztlich nicht allzu deutlich ins Gewicht fallen.
Aber “Contagion“ ist nicht nur die Rekonstruktion einer Seuchenkatastrophe, es ist auch ein politischer Film. Er zeigt, wie Experten und Politik mit der Seuche umgehen, wie sie die Massenhysterie, die Panik zu verhindern versuchen, aber es gelingt ihnen nicht. “Contagion“ zeigt auch, wie die Menschen panisch werden, wie sie sich auf rare Lebensmittel stürzen, wie sie plündern und morden. Spätestens hier entfaltet das Szenario dann seine volle Wucht und zeigt auch dann menschliche Abgründe, wenn manche Akteure mit der Seuche ein Geschäft machen wollen.
Fazit:
“Contagion“ ist ein hervorragender Thriller geworden, der sich der Seuche und ihren Auswirkungen aus verschiedenen Blickwinkeln nähert und durchweg zu fesseln vermag. Dies ist nicht nur dem grandiosen Cast, sondern auch der realistischen und spannenden Geschichte geschuldet und natürlich Soderberghs gelungenem Erzählstil, der trotz seiner Episodenhaftigkeit nie an Fahrt verliert. Da sich die Seuche und ihre Auswirkungen, der Verfall von Recht und Ordnung, die Panik und das Sterben im Rahmen des durchaus Denkbaren bewegen, bleibt “Contagion“ zudem eine Weile im Kopf.
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