PORTRAIT OF A ZOMBIE unterscheidet sich sehr positiv von der gegenwärtigen Zombietrash Welle! Er kombiniert gute Goreeffekte mit einer durchgängig im Interviewstil gestalteten Mockumentary mit recht differenzierter Analyse und Sozialkritik was im Detail bei der Verbreitung einer "Zombie-Epedemie" in den Familien und mit den geliebten Verwandten passieren würde. Dies ist ein psychologisch-soziologischer Aspekt der in den meisten Genrefilmen viel zu kurz kommt, aber sehr viel Realismus enthält. In den meisten Zombiemovies sind es recht anonyme Horden die sich leichter bekämpfen lassen als Deine geliebte Schwester oder Freundin die sich gerade eben in einen Fleischfresser verwandelt hat.
Die bildet auch das Grundmuster für PORTRAIT OF A ZOMBIE in dem sich der Sohn Billy der Familie Murphy in einen Zombie verwandelt und zuhause festgebunden zu einer Art Attraktion wird. Ein zu aufdringliches Filmteam löst dann erwartungsgemäß ein nicht enden wollendes Unheil aus…. Schon nach wenigen Minuten der vielfach ineinander verschachtelten Interviews fließt das Blut in Strömen und es gibt jede Menge gut inszenierter Gewalt. Diese kommt nicht selbstzweckhaft daher, sondern ist meist die Umsetzung der in den vorherigen Interviews angesprochenen Szenarios. Je tiefer sich mal in diese realistische Szenario fallen lässt umso bedrohlicher wird das Ganze.
Dazu trägt auch die gute Soundausstattung und die erfrischend variable und sehr gute passende oft klassische Filmmusik. Somit zeichnet Regisseur Bing Bailey in seinem beachtenswerten Erstlingswerk ein erfrischend vielschichtiges Bild eines sonst eher mit dem Dampfhammer vorgehenden Genres, ohne jedoch auf drastische Bluteffekte und entsprechende Schocks zu verzichten. Durch den hohen Realismus wirken diese Szenen besonders eindrücklich. Goretechnisch gibt es das übliche inklusive eigenhändig eingedrückter Augen oder Headshots diverser Art. Als diesbezüglicher Höhepunkt (ACHTUNG: Minispoiler) muss Billys Mahlzeit des eigenen Fötus seiner Frau genannt werden.
PORTRAIT OF A ZOMBIE zeichnet sich durch eine ungewöhnliche tiefe Charakterzeichnung der Beteiligten aus was insbesondere für die Eltern von Billy gilt. Insbesondere seine Mutter zeigt was wahre Mutterliebe eines Zombiesohns bedeutet und dies stellt einen der metaphorischsten Momente in PORTRAIT OF A ZOMBIE dar. Dieser kann seinen Indie-Charakter nicht verbergen, aber es wird das maximale aus dem Budget rausgeholt. Es gibt eine Menge schwarzen Humors, aber nur ganz selten gleitet dies in die Lächerlichkeit. Im Gegenteil, es wird uns der gesellschaftliche Spiegel vorgehalten wie wir aus heutiger Sicht wohl mit Zombies in unserer nahen Umgebung umgehen würden.
Es wird also keine Zeit mit der Erklärung verschwendet, Zombies sind allgegenwärtig und jeder Bürger weiß was ihn erwartet. Und zwar abseits der aufwendigen Szenarien wenn Zombies zu tausenden auf uns zu stürmen und die US Armee mit schwerem Geschütz und zuletzt sogar Brad Pitt auf die Fleischfresserhorden treffen. Das macht den Reiz und die Besonderheit von PORTRAIT OF A ZOMBIE aus die ihn zu einem recht kreativen Beitrag mit eigener Note im Genre machen. Fast sämtliche Dialoge bzw. Monologe der Interviewten sind hochwertig und durchaus nachzuvollziehen. Es gibt jede Menge guter Atmosphäre und eindrucksvolle Szenen von frisch verwandelten Zombies denen auch jeweils ein eigener Charakter zugestanden werden kann.
Die Masken und handgemachten Effekte sind durchgängig als hochwertig zu bezeichnen. Und nochmals ist die charakterliche Feinzeichnung der Verwandten, Nachbarn und Freunde der betroffenen Familien hervorzuheben. Diese heben den Film weit über die übliche Einheitskost hinaus. Es mündet am Ende in ein etwa zehnminütiges recht blutiges und apokalyptisches anmutendes Finale das dann den Sprung in eine mehr traditionelle Spielfilmhandlung macht. Wer also abseits stupider Zombie-Abknall-Action im Videospiellook mal eine durch tiefere Charakterzeichnung, Realismus und Sozialkritik gekennzeichnete Zombiegeschichte sehen will kommt an PORTRAIT OF A ZOMBIE nicht vorbei.
7/10 Mutterkuchen....äh,....Punkten