Wilder und ziemlicher erfolgreicher Genremix, der aber (zumindest auf mich) teilweise befremdlich wirkt.
Zentrale Figur des Films ist der junge Steuereintreiber Ling Choi Sin (Leslie Cheung) mit dem das Leben es aber nicht gerade einfach meint: Er wird kaum erst genommen, ist alles andere als ein starker Held und zu allem Überfluss sind auch noch seine Aufzeichnungen verwischt, sodass er die Schulden vorerst nicht kassieren kann. Ling ist eine ganz unmännliche Art von Held, was zu den Spielarten von „A Chinese Ghost Story“ gehört, denn hier sind die typischen Geschlechterkonstellationen vertauscht.
Denn Lit Sin Seen (Joey Wong), die weibliche Hauptfigur, ist ein Geist und verfügt über magische Kräfte. Zudem hat sie einen weitaus derbere Beschäftigung als Ling: Sie verführt vorbeikommende Männer, oft große Krieger, um sie dann für ihre Chefin, einen Baumgeist, zu töten und in deformierte Überreste zu verwandeln. Neben den vertauschten Geschlechterrollen (starke Frau, verängstigter Mann) kommt hier die Ambivalenz zu Tage, denn die Geister vereinen verschiedene Züge: weibliches Verführen, männliches Wegelagern usw.
Da Ling nichts eintreiben und sich daher keine Herberge leisten kann, übernachtet er im nahen Tempel, um dort das Schuldenbuch neu zu schreiben. Doch der Tempel ist das Revier der Geister und bald treffen Ling und Lit aufeinander. Die beiden verlieben sich und Lit kann den jungen Mann nicht töten, was jedoch bald zum Krach mit der Chefetage führt…
Was das Hongkong-Kino dem (westlichen) Zuschauer um die Ohren haut, ist eine ganze Menge und es wäre vielleicht nicht verkehrt gewesen die Genrevielfalt des Films einzuschränken. Vor allem der typische Fernosthumor wirkt im Kontext dieses Gruselstoffes etwas deplaziert. Mag dies in Actionfilmen noch als Auflockerung durchgehen, hier wirkt es stellenweise als Atmosphärekiller. Auch die Kampfszenen lassen den Grusel zurücktreten, aber sie sind dennoch sehr gut choreographiert, sofern man sich nicht zu sehr am Einsatz der Drahtseile stört.
Auch wenn der Gruselaspekt oft verloren geht, so funktioniert „A Chinese Ghost Story“ dann als romantisches Märchen, das gegen Ende sogar ein wenig Tragik versprüht. Zwar wirken die Dialoge nicht immer so gefühlvoll (kann auch an der Synchro liegen), aber immerhin vermitteln die Bilder die richtige Atmosphäre. Ähnlich wie beim Märchen ist die Story eher simpel und besitzt nicht allzu viele Wendungen, aber dank des stetigen Erzählflusses entstehen nur kleinere Längen.
Wenn es allerdings um Ausstattung und Bombast geht, dann kann „A Chinese Ghost Story“ den Zuschauer wirklich umhauen, denn optisch ist der Film für HK-Verhältnisse ziemlich opulent. Die fantasievollen Locations sowie schön handgemachte Effekte (z.B. die Zunge des Baumdämons oder die Viecher unter dem Fußboden) verströmen viel Flair und trösten so über die eher schlappe Story hinweg, denn hier hat man wirklich viel Kreativität rein gesteckt.
Die Darstellerleistungen sind für HK-Verhältnisse ganz OK, aber trotzdem kommt hier das typische Overacting von Filmen aus diesem Bereich und dieser Ära öfter zu tragen. So wirkt die Mimik dann doch teilweise arg überzogen, vor allem wenn man normalerweise weniger übertriebene Gesten gewohnt ist.
Optisch wirklich beeindruckend und durchaus flott erzählt, aber letztendlich krankt „A Chinese Ghost Story“ an der Unentschlossenheit, welche die Atmosphäre zerstört. Nett, aber etwas weniger Genrevielfalt wäre hier wahrscheinlich mehr gewesen.