Review

Es ist eine traurige Gewissheit, aber Stephen King fällt einfach nichts Brauchbares mehr ein.
Erst setzte er den „Sturm des Jahrhunderts“ in unendlicher Langweiligkeit und Langgezogenheit in den Sand und jetzt sind es die Geisterhausthriller, die er sich vornimmt.
Und er hat sich eine Menge davon vorgenommen, nur herausgekommen ist leider nur ein schwammiges Mischmasch aus dem Populärsten derer von Spukhaus.

Das Beste an diesem erst drögen und später nur noch ärgerlichen Etwas ist doch tatsächlich die Exposition, die uns noch die Hoffnung lässt, hier könnte etwas Interessantes bei herauskommen. Eine Gruppe medial Begabter wird zusammengerufen, um das Geisterhaus „Rose Red“ zu untersuchen, dass nach Aussage der Initiatorin, der Parapsychologin Joyce Reardon, zwar inzwischen eine „tote Zelle“ ist. Natürlich hat die Gute ganz anderes vor, nämlich durch die Paranormalen das Gemäuer schnellstmöglichst zu neuem Geisterleben erwecken, um den endgültigen Beweis für das Übernatürliche zu erbringen.

Da kommen bunte Leute zusammen, von dem sicheren Nick (Julian Sands endlich mal ironisch gesättigt ernst) über die telekinetisch begabte Autistin Annie bis zu dem Postkognitiven, mutterfixiert-ekligen Emery. Was die an Talenten auffahren, ist schon lecker.
Und das Set-Design in Rose Red verspricht dann auch so einiges, denn das Haus ist echt düster, weitläufig und lässt trotzdem die Fehler vermissen, die de Bont beim Haunting-Remake gemacht hat.

Apropos Haunting: natürlich zitiert der Meister des Grauens hier ausgiebigst die bekanntesten Werke des Spukhausfilms und nicht zuletzt auch sich.
Beispiele?
Annie ist eine Variante von Carrie, „Rose Red“ das neue Overlook-Hotel. Die medial Begabten und die Absicht ihres Auftraggebers sind aus „Bis das Blut gefriert“, das sich erneuernde und von den Besuchern zehrende Haus ist aus „Landhaus der toten Seelen“ unverfroren abgekupfert. Familientragödien gibt’s natürlich auch, aber das muss als Unterbau so sein.

Achja, Unterbau: der ist reichlich vorhanden, denn die Geschichte hat so ihre spannenden Seiten. Ein Haus, dass von sich aus zu wachsen scheint, ein zu Tode gestürzter Erbauer, eine afrikanische Dienerin, eine wie besessen weiterbauende Witwe, verschwundene Leute zuhauf, das macht Appetit!

Um so schlimmer, dass mit der Ankunft aller in Rose Red sich die Spannung in Luft auflöst.
Baxley erweist sich trotz Top-Kulisse als biederer Handwerker, der aus Kings Schnellschussskript nichts zu machen vermag.
Denn von nun an regiert das Unerklärliche. Und zwar im Drehbuch.

Dr. Reardon interessiert sich von nun an nur für ihre Messgeräte, die restlichen Besucher scheinen sich selbst überlassen zu werden und wandern durch die Gegend, bis sie Opfer des Hauses werden. Und das Haus macht natürlich ordentlich einen hin.
Wo allerdings Mystery und Grauen gefordert werden, setzt das Skript hier auf billigsten Kintopp alter Schule. Ein aufklärerischer Student wird aus dem Wintergarten fortgerissen, nachdem ihm die Afrikanerin als Geist erschienen ist.
Die nächste Blondine geht geistlos des Nachts im Parkteich baden (für immer), den nächsten rafft der Infarkt durch Terror dahin.
Und zwischendurch kriegen wir reichlich Geister zusehen, und zwar von der abgenützten Sorte der TV-Unterhaltung (siehe Geschichten aus der Gruft), die alle wie lebende, ausgemergelte Tote aussehen. Und die gibt’s reichlich und immer wieder, bis sie nur noch nerven.

Während der Bodycount also langsam vor sich hin steigt, sinkt die Logikschwäche immer weiter: obwohl ständig Leute verschwunden sind, marschieren hier fleißig immer wieder diverse Leute alleine los, lassen sich trennen oder bleiben zurück, selbst als die böse Katze aus dem Sack ist. Mit den Fähigkeiten der Mitglieder wird so gut wie nichts gemacht, die kommen kaum zur Geltung. Nicht mal ein missgünstiger Prof-Kollege und Emerys monströse Mama richten da etwas aus, sondern ziehen die Handlung bloß in die Länge.
Einfallslos reiht sich so eine angstvolle Verfolgungsjagd durch die Räume an die nächste, alle labern sich um Kopf und Kragen, scheinen trotz diverser Tote aber die Ruhe weg zu haben.

Was dabei aber besonders nervt: niemand scheint sich dafür zu interessieren, das Geheimnis um Rose Red mal zu lösen, nicht mal der Autor. Zwar wird einiges angedeutet, dass im Geisterreich weiter an dem Haus gebaut wird, aber weder kann der Geist irgendwie bekämpft, noch besiegt werden. Es gibt keine Aufklärung und keine Erlösung.

Stattdessen gibt es blöde Szenen zuhauf: da fällt der Strom aus, im Kühlschrank brennt aber weiter Licht. Da lässt man eine Durchgeknallte gefesselt in geistergefüllten Räumen zurück, weil sich ihre Anwesenheit schlecht auf die anderen ausgewirkt hätte. Da wird Julian Sands Ewigkeit als Vernunftszentrum und Sympath aufgebaut und verschwindet dann erklärungslos in einer lächerlichen Szene ins Reich der Toten, obwohl er problemlos in dasselbe Zimmer hätte springen können, in das er gerade noch eine Kollegin gestoßen hat.
Da werden zwei im Turm von der Leiche der Tochter der Besitzerin angegriffen und selbige verpufft mit Licht und Geschrei – ohne Erklärung weshalb oder warum.
Da greifen die Leichengeister diverse Leute an und bringen einige gleich um, andere nicht – wie sie das machen, wird auch nie gezeigt.
Da verwandelt sich Dr. Reardon so mir nichts, dir nichts flugs in eine besessene Furie, die natürlich am Ende ihr Fett wegbekommt, ohne das uns das was bringen würde usw.

Es wirkt, als habe King einfach den Faden verloren, was er denn überhaupt mit der ganzen Exposition machen will. Alles läuft ins Leere zugunsten verschiedenster Geistereffekte, die durch die Bank schlampig gemacht sind. Die Geschichte findet weder ein brauchbares Ende, noch eine Auflösung, stattdessen ärgert man sich zunehmend über nervtötendes Gerede und lahmarschige Charaktere. Das hat das Genre nicht verdient und der Zuschauer auch nicht.
Ein ungruseliges Ärgernis, das hinter den Buchvorlagenverfilmungen (Stand, Shining) meilenweit zurückbleibt. (3/10)

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