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Ein irrer Film, der sich keinem Genre richtig zuordnen lässt!
Banker Paul Lavond (Lionel Barrymore) sass 17 Jahre unschuldig im Gefängnis, weil drei seiner ehemaligen Compagnons ihm einen Raubmord angehängt hatten. Seine Frau überlebte die Schmach nicht und seine geliebte Tochter Lorraine (Maureen O'Sullivan) wandte sich von ihm ab. Doch nun ist Lavond dem Gefängnis entflohen und sinnt auf Rache.
Lavonds Ausbruchsgenosse, der verrückte Wissenschaftler Marcel (Henry B. Walthall) will mit einer neuen Erfindung die Versorgungsprobleme der Welt lösen. Er hat eine Methode entdeckt, Lebewesen auf einen Bruchteil ihrer Grösse zu verkleinern.
Als Marcel stirbt, übernimmt Lavond dessen Erfindung, um an seinen Compagnons Rache zu üben...

Der zweitletzte Film von "Dracula"-Regisseur Tod Brownig ist eine überraschungsreiche, absolut unkonventionelle Krimi-Märchen-Travestie-Komödie, garniert mit Elementen des Horrorfilms. Die Besetzung ist auf den Punkt perfekt - ohne die differenzierte Exzentrik Lionel Barrymores, Henry B. Walthalls und Rafaela Ottianos hätte das Ganze niemals funktioniert. Lucy Beaumont und Maureen O'Sullivan als Lavonds Mutter und Tochter sind zudem eine perfekte Ergänzung auf der Seite der "normalen" Charaktere.
Und Regisseur Tod Browning bringt genau die richtige Mischung aus Verspieltheit und Ernst in die Inszenierung, in genau der Dosis, die The Devil-Doll in die Sphären des Kultfilms erhebt.

Ein Glücksfall also - die richtigen Leute zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Um seine Opfer und die Polizei zu täuschen, läuft Lavond in Paris ständig in der Verkleidung einer gütigen alten Spielzeugmacherin herum. Auf diese Weise kann er seinen Widersachern die "Puppen" - verkleinerte Menschen - andrehen, die den Auftrag haben, sie zu paralysieren. Die Sequenzen, in denen die "Puppen" durch nächtliche Zimmer (wunderschön gefertigte Kulissen mit überdimensional vergrösserten Möbel) schleichen, sind noch heute eindrücklich anzusehen und verströmen einen ganz eigenen Charme.

Wie Barrymore den Rächer spielt, ist ein Ereignis für sich. Er ist eine gequälte, von Rachegefühlen zerfressene Seele, gleichzeitig bleibt er zutiefst menschlich und trotz aller fragwürdigen Selbstjustiz sympathisch. Ein Widerspruch, den gerade der offenbar geänderte versöhnliche Schluss nicht auflöst. Barrymores fliegender schauspielerischer Wandel vom Rächer zur harmlosen alte Frau ist zudem schlicht sensationell. Wer den gütigen Grossvater aus Frank Capras "You Can't Take it with You" (dt.: Lebenskünstler) und den verbitterten Mr. Potter aus "It's A Wonderful Life" (dt.: Ist das Leben nicht schön?) nochmal ganz anders sehen will, sollte nach diesem Film Ausschau halten.

Ob er je im deutschsprachigen Raum zu sehen war, ist nicht zu eruieren, obwohl offiziell ein deutscher Titel vorhanden ist.
Auf DVD ist "The Devil-Doll" in der 6-Filme-Box "Hollywood Legends of Horror Collection" der Warner Archive Collection aus den USA erhältlich.

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