Horror-Remakes der Post-2000er zeichneten sich nicht immer durch sonderliche Kreativität aus, doch bei „Fright Night“ von 2011 gelang eine gute Mischung aus Werktreue und Neuausrichtung des Vampirfilms aus den 1980ern.
In Sachen Location geht es raus aus den klassischen Suburbs der amerikanischen Großstädte in einen etwas anderen Vorort: Eine am Reißbrett entworfene Siedlung in der Nähe von Las Vegas, deren Bewohner größtenteils in der Glücksspielmetropole arbeiten und deshalb teilweise zu ungewöhnlichen Tages- und Nachtzeiten schlafen. Ein solches Nest ist natürlich eine ideale Anlaufstelle für den Vampir von heute, in den Zeiten moderner Medien und gesteigerter Skepsis gegenüber dem, was im Nachbarhaus abgehen könnte und genau den Vampir sieht man zu Beginn schon in Action, wenn er eine Familie abschlachtet, womit „Fright Night“ von 2011 gleich mal mehr auf die Tube drückt als sein Vorgänger.
Auch Charley Brewster (Anton Yelchin) ist nicht mehr der Nerd von früher, in mehrfachem Sinne. Denn der 2011er-Charley hat mit seiner Nerd-Vergangenheit und seinem Kumpel ‘Evil‘ Ed Lee (Christopher Mintz-Plasse) abgeschlossen, nachdem er bei Amy (Imogen Poots) landen und damit in höhere Sphären der Highschool-Gesellschaft aufsteigen konnte. So sind es hier nun Ed und der (in der Auftaktszene verstorbene) Jugendfreund Adam, die dem Vampirtreiben in der Nachbarschaft auf die Schliche kamen, nicht Charley selbst. Dieser muss sogar unter der Androhung der Veröffentlichung früherer Nerd-Videos von Ed zur Mithilfe gezwungen werden, womit der Film nicht zum letzten Mal Bezug auf die neue Mediensituation nimmt, die eben die Verlagerung vieler Akzente des Remakes sinnig erscheinen lässt.
Nachdem Ed von dem Vampir, bei dem es sich um den neuen Nachbarn Jerry Dandrige (Colin Farrell) handelt, gekascht wird und Charley Eds Verschwinden bemerkt, schenkt er den Storys seines Kumpels mehr Glauben. Doch Jerry wird wiederum darauf aufmerksam, dass Charley ihn beobachtet…
„Fright Night“ von 2011 ist eine sinnvolle Neuinterpretation, die einerseits dem Original folgt, aber es andrerseits auch modernisiert und genug eigene Wege beschreitet. Gerade in der ersten Hälfte kann der Film seine Stärken ausspielen, das Las-Vegas-Setting und die neuen Kommunikationstechniken gewinnbringend nutzen und mit dem uminterpretierten Vampir punkten: Dieser Jerry Dandridge ist kein eleganter Verführer und Charmeur, sondern ein Playboy und prolliger Aufreißer, der dem Nachbarsjungen schmierige Tipps gibt, alles anbaggert und sich Bier wie Blut als Snack genehmigt, bevor er sich Proll-TV in der Glotze anschaut. Stellenweise involviert das Remake mehr als das Original, gerade wenn Charley bei einer versuchten Rettungsaktion quasi versagt. Denn Jerry trägt hier Züge eines modernen Serienkillers oder Psychopathen, der seine Opfer daheim in Käfigen hält, sich allerdings zum Bluttrinken an ihnen vergeht.
Auch die Distanz zu Charleys ehemaligen Nerd-Kumpels wird als gelungene Charakterentwicklung genutzt: Mehr noch als das Original geht der neue „Fright Night“ auf die Einsamkeit jener Menschen ein, die im hierarchischen Kastensystem der Highschool ganz unten stehen, selbst wenn sie gemeinsam (so wie Charley, Ed und Adam früher in den zusammen gedrehten Videos) eigentlich viel Spaß haben. Dass Charley aus teilweise egoistischen Gründen aus dieser Clique ausgestiegen ist, macht Ed zu einer wesentlich tragischeren Figur als im Original, wo er in erster Linie, der schrille, manchmal etwas nervige Paradiesvogel war. Eine weitere interessante Umdeutung ist die von Peter Vincent (David Tennant): Kein abgehalfterter Moderator, sondern ein angesagter Showmagier mit Vampirfachwissen.
Reduziert wird allerdings jene Spannungsphase, in der kaum jemand Charley glauben mag, wenn er sein Verhalten vor der zunehmend erzürnten Freundin und seiner besorgten Mutter Jane (Toni Colette) rechtfertigen muss. Stattdessen kommt es vergleichsweise schnell zur ersten Konfrontation mit Jerry, die immerhin in einer recht spannenden, schnittlosen Sequenz in und um das Familienauto der Brewsters mündet. Hier hat auch Chris Sarandon, der ursprüngliche Darsteller des Jerry Dandrige einen Cameo – bezeichnenderweise als Jay Dee. So spielt der Film immer wieder gekonnt auf das Original an, stellt Momente nach und deutet sie um, darunter auch hier eine Discoszene.
So weit, so erfreulich, doch in Hälfte zwei legt der Film viele seiner ursprünglichen Tugenden dann ab, holt die Actionkeule raus, krankt aber daran, dass offensichtliche CGI-Effekte und die bestenfalls begrenzt kompetente Actioninszenierung (gerade der hakelige, offensichtlich Wirework-gestützte Kampf mit Ed) recht holprig wirken. Immerhin haben Regisseur Craig Gillespie und die „Buffy“-erfahrene Autorin Marti Noxon die eine oder andere nette Idee (etwa die Vampire in den Wänden), doch je weiter das Remake fortschreitet, desto mehr lässt es nach, gerade im überlangen Showdown.
Der talentierte Anton Yelchin macht sich gut als Charley, da man ihm sowohl das frühere Nerdtum als auch den Wechsel in die Highschool-High-Society abkauft, ebenso das Unwohlsein in jener neuen Rolle. Mit Christopher Mintz-Plasse wählte man jemanden aus, der den unpopulären Geek schon legendär in „Superbad“ verkörperte und danach auf die Rolle festgelegt war (siehe auch „Role Models“ oder „Kick-Ass“), aber da er das nun mal drauf hat, überzeugt er auf ganzer Linie, aber bei Eds tragischer Seite. Imogen Poots und Toni Collette liefern Gutes ab, müssen aber hinter den Herren der Schöpfung zurückstehen, ähnlich wie David Tennant, der nur gelungenen Support abliefert. In einer Nebenrolle ist Dave Franco als Bully zu sehen, doch ähnlich viel Raum wie Yelchin und Mintz-Plasse bekommt nur einer: Colin Farrell, der sein Image als gut aussehender Bad-Boy hier mal gewinnbringend in einer wahrhaft fiesen Rolle unterbringen kann und ein würdiger Ersatz für Chris Sarandon ist.
„Fright Night“ kann nicht zuletzt aufgrund seiner gelungenen Modernisierung des Stoffes und dem tieferen Eintauchen die Figuren, vor allem in der ersten Hälfte, fast das Original heranreichen. Leider lässt Gillespies Film gegen Ende unschön nach, schwächelt mit seiner hakeligen Action und bleibt so trotz gewisser Verbesserungen hinter dem charmanteren Original zurück. 6,5 Punkte.