Am heutigen Abend habe ich mir nun in aller Ruhe das Prequel zu John Carpenter's "The Thing" angesehen und möchte nun ebenfalls ein paar Worte dazu verlieren.
Mit dem Aufwärmen alter Klassiker und Filmreihen aus den 80ern ist es ja derzeit immer wieder so eine zwiespältige Sache: oft genug verlässt man etwas enttäuscht das Kino ob des Sakrilegs an dem von früher geliebten Films und nur selten erfährt man einen annähernd vergleichbares Filmerlebnis mit manchen Aha-Momenten wie damals.
Waren Filme wie "A Nightmare on Elm Street" oder "The Fog" eher der ersteren Sorte zuzuordnen in meinen Augen, so war ich von "Predators" schon mehr angetan. Dies lag bei diesem Film z.B. an einzelnen Einstellungen oder der Filmmusik.
Bei "The Thing" ging es mir ähnlich wie bei allen anderen Prequels oder Sequels solcher "Klassiker". Man fragt sich, ob der neue Film möglicherweise die gleiche Stimmung und Spannung aufkommen lässt, wie sich der Einsatz von CGI heutzutage auswirkt, usw.
Hier stellte sich ganz einfach auch die Frage, wie der Übergang zu Carpenters Film geschaffen wird ohne durch Logikfehler alles gleich zunichte zu machen.
Kurz zum Inhalt des Films:
Die Besatzung einer norwegischen Antarktisstation entdeckt im Eis ein unbekanntes Flugobjekt und ein dazugehöriges Wesen, welches nicht so ganz tot zu sein scheint. Während draußen ein Sturm aufzieht, entwickelt sich eine tödliche Situation auf der Station. Das sollte zum Inhalt wohl genügen.
Nun, ohne hier groß zu Spoilern kann man sagen, dass eine Geschichte erzählt wird, der es gelingt, einen recht gut gelungenen Übergang zu Carpenters Werk zu schaffen ohne große Logik- oder Anschlussfehler zu produzieren.
Da werden immer wieder kleine Szenen eingebaut, die stark an Carpenters Film erinnern - sei es eine Verbrennung von Alienüberresten ausserhalb der Station, die Erklärungen von der Axt in der Wand oder des Mannes, der sich die Pulsadern aufgeschnitten hat, vor dem Funkgerät sitzend. Auch der Look der Station und der Ausrüstung ist jetzt nicht der heutigen sondern der damaligen Zeit entsprechend. Das Einzige was ich vermisst habe, war die Einstellung aus dem Film von der Freilegung des UFOs durch die Norweger, den sich in Carpenters Film die Besatzung der amerikanischen Station anschaut.
Ein wenig kam zwar allerdings schon der Eindruck auf eine leichte Kopie des Storyverlaufs des Carpenter-Films zu erleben - bis auf den letzten Akt, aber ähnlich wie bei "Predators", welcher ja auch in einigen Teilen den ersten Film kopierte, fühlte ich mich dabei besser als wenn es jetzt eine völlig abgedrehte und unlogische Geschichte geworden wäre. Carpenters Film gab ja größtenteils einen groben Storyverlauf vor und der wurde jetzt nicht ad absurdum geführt.
Vielleicht hätte der Film in manchen Momenten, z.B. wenn das die Kreatur angreift, ein wenig subtiler sein können. Es geht im Vergleich zum Carpenter-Streifen öfters direkt gegen den es bedrohenden Menschen vor und weniger von innen heraus. Carpenters Schockmomente waren da doch quantitativ ein wenig geringer, dafür etwas intensiver gestreut.
Die teils bedrückende Stimmung und die Atmoshäre einer Station in der Antarktis, während draußen ein Sturm tobt und ein Alien sein Unwesen treibt, werden recht gut eingefangen und erreichen fast Carpenters Film. Soundeffekte, Einstellungen und vor allem die Musik von Marco Beltrami tun ihr Übriges.
Zu dem Score muss man sagen, dass Beltrami öfters auf den Morricone-Score des 1981er Films zurückgreift und Elemente oder gar längere Passagen einbaut, was schon hin und wieder für eine richtig gutes Feeling und ein Grinsen im Gesicht sorgt. Leider kann er nicht immer ganz dieses Niveau halten, ohne aber völlig in einen modernen und hektischen Action-Score zu verfallen und vergessen zu werden.
Was mich zu einem weiteren sehr angenehmen Punkt bringt:
ein hektischer Score wäre in einem Großteil der Szenen auch völlig unangebracht, da es der Regisseur van Heijningen, augenscheinlich ein Fan des Carpenter-Movies, meist schafft, ruhige Momente wie den Blick durch die Gänge der Station oder Außenaufnahmen einzufangen. Auch verliert man in den Actionszenen nicht den Überblick durch eine Wackelkamera, sondern oft genug wird immer wieder schön lange draufgehalten.
So kommen auch die richtig gute Maske und die oft vorkommenden, handgemachten Ekeleffekte in Obduktionsszenen oder Alienmetamorphosen zur Geltung - vor allem wenn die Puppeteers zu Gange sind.
Ansonsten kommen natürlich auch heutige CGI-Effekte vor, die recht gut gemacht sind und glücklicherweise meist auch nicht überwiegen - vom Schlusskampf vielleicht mal abgesehen. Aber selbst das ist verschmerzbar und nicht allzustörend.
Nun auch ein Wort zu den Darstellern. Abgesehen von Mary Winstead sieht man eher unbekannte Gesichter, die aber allesamt ihre Rolle glaubwürdig herüber bringen. Dazu trägt auch die Verwendung von Untertiteln für die norwegische Sprache bei. Und man muss auch sagen, dass die Rolle Winsteads als Frau in einem Männerfilm nicht unpassend war und glücklicherweise von jeglichem romantischen Geplänkel abgesehen wurde.
Als dann der Abspann mit Teilen aus Morricones "Humanity Part 2" und die Jagd auf den Hund begann, welches den direkten Anschluss zu Carpenter darstellt, kam ich zu dem Schluss, dass ich als großer Fan des Carpenter-Films mit diesem Prequel größtenteils sehr zufrieden war.
Auch muss man sich manchmal bei all der Kritik und den Rufen einer Zerstörung oder Verunglimpfung des "Original-Klassikers" die Frage stellen, warum das "Original" zum "Klassiker" für einen wurde und man eine Fortsetzung oder Prequel von vorneherein ablehnt.
Genau das habe ich mich auch hier oder bei "Predators" (der als Sequel im Vergleich zum "The Thing"-Prequel hier eindeutig etwas schwächer abschneidet) gefragt. Carpenters Film habe ich mir immer wieder im Verlauf der letzten 20 Jahre angesehen und da baut man schon (durch die Macht der "Seh-Gewohnheit") ein in den Film-Olymp hebendes Verhältnis zu dem Werk auf. Da erscheint nach 30 Jahren ein Prequel schon wie ein Sakrileg, da man schon gleich meint, nichts könne so gut sein wie das Original. Doch manchmal sollte man auch diesen Filmen eine Chance geben. Vielleicht hat man ja auch mal Glück und der neue Film kann gut an den Klassiker anschließen und wer weiß, ob dieser Film in 30 Jahren nicht auch als sehr gutes und wegweisendes Werk angsehen wird. John Carpenters Film war auch nicht von Anfang an der Klassiker, der er heute ist.
Ich habe den Kinogang auf keinen Fall bereut und kann einen Blick selbst für die Carpenter-Hardcore-Fans, zu denen ich mich auch zähle, nur empfehlen.
Zusammenfassend bleibt nur zu sagen, dass "The Thing 2011" ein sehr angenehm ruhig gehaltener, atmosphärischer und stimmungsvoller Alienhorror-Film geworden ist, der nur kleinere Schwächen, wie die manchmal zu direkten Alienattacken oder der fast ein wenig zu ähnliche Storyverlauf, aufweist.
Alles in allem sind das 8 von 10 Punkten.