Review

Der Affe im Menschen, oder doch der Mensch im Affen?


"Rise of the Planet of the Apes" ist ein sehr guter Mainstream-Film, man könnte ihn vielleicht sogar fehlerlos nennen, oder eben "perfekt" - was wiederum sein Problem wäre: anders als das Tim-Burton-Remake von 2001, das eher ein technisches Update gewesen ist, versucht der Film über kontemporäre Krankheitsbekämpfung (Alzheimer) dem Stoff inhaltlich etwas Neues hinzuzufügen oder abzugewinnen - je nachdem wie man seine ursprüngliche Errungenschaft (das heißt eher der von dem allem zugrunde liegenden Roman von Pierre Boule aus dem Jahr 1963) betrachtet.
Als Jugendlicher hatte ich die alten Filme sehr gemocht, mich aber in zunehmender Weise (und Alter) davon komplett entfernt - den in ihnen beständig zugrunde liegenden Sozialdarwinismus friedliebender Schimpansen und aggressiver Gorillas fand ich immer fragwürdiger. "Prevolution", wie das Prequel im deutschen Untertitel heißt, lässt diese Ideologie dankenswerter Weise erstmal völlig hinter sich - ob absichtlich oder nicht - und widmet sich ganz der Aufbringung seines Helden Caesar (Andy Serkis, "Enslaved"). Die Welt mit der dieser - zunächst als Versuchstier - konfrontiert wird, scheint nicht auf ihn und seine induzierte "Intelligenz", die sich im späteren Wechselspiel mit anderen Primaten vor allem als Anders-Sein äußert, vorbereitet zu sein. Die Heilung des kranken Vaters (Routinier John Lithgow) durch das vermeintliche "Medikament" des Wissenschafter-"Vaters" von Caesar (überzeugend, James Franco) nimmt der Film dankenswerter Weise schnell wieder zurück: Kapitalismuskritik steht dabei auch im Zentrum, wenn der Wissenschafter erst dann eine Unterstützung durch seinen Arbeitgeber spontan wieder zurück erhält als er eine Intelligenzsteigerung durch die Behandlung in Aussicht stellt, nicht nur eine Krankheitsheilung. Der neue kulturpessimistische Schlüsselmoment in der Darstellung einer gesellschaftlichen Situation, bevor schließlich auf die revolutionären Antriebe der letzten alten Filme (aus den Siebzigern - dort wo am Ende John Huston als Oberaffe auftrat - vor allem aber Teil 4) zurückgegriffen wird: auf einen belehrenden Vortrag als Concluso wird glücklicher Weise verzichtet, einem gnädigen Gott sei Dank, und das Publikum kann sich (vorerst) selbst ausmalen wie es mit den Affen und ihren Mitteln auf dieser Welt so weitergeht.
Auf alle Fälle geht der neue Film erfrischend progressiv mit den Themen Krankheit und Leben, Freiheit und Gefangenschaft um - seine mit Abstand größte Stärke.

Leider war es das fast auch schon, denn wenn es um "Intelligenz" geht verstrickt sich der Streifen in althergebrachte Ideen darüber: umso bedenklicher, wenn deutsche Intellektuelle diesen Film aufgrund seiner altmodischen Moralisierungen und zielgerichteten Erzählung als "intelligenten Blockbuster" und besonders noch "kritisch" apostrophieren wollten, als Ausnahme in einem angeblich weniger intelligenten Sumpf aus instinktorientierteren, postmodernen Werken wie "Transformers" oder "Sucker Punch". "Intelligenter" gerade wegen des Umgangs mit "Intelligenz" im Film? Halt. Diesem alten anthropozentrischen Rassismus, wonach der Wert einer Sache, eines Wesens, danach bemessen wird wie kompatibel, "funktionierend", es zu gängigen Vorstellungen ist - hier etwa wie verständig ein Tier mit menschlicher Kommunikation, Sprache, umgeht?
Dabei will ich dem Film seine Vorstellung von "Intelligenz" eigentlich gar nicht zum Vorwurf machen: trotz aller, in diesem Sinne, eben "nur" einseitigen Modernität ist er doch relativ selbstreflexiv und wohl auch für ein vermeintlich unwissendes Massenpublikum bestimmt das diesbezüglich erst "aufgeklärt" werden soll. Besonders demokratisch finde ich das zwar (immer noch) nicht, aber es bleibt für etwaig Anderes in einer Fortsetzung auch noch Raum: viele Fährten für eine weitere "Evolution" wurden darüber jedenfalls schon gelegt. Andererseits habe ich mir das auch bei "Jurassic Park III" gedacht...

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