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Man möchte es schon als ziemlich große Überraschung bezeichnen: Gerade als man angesichts solch stringent durchkalkulierter Publikumsmagneten wie “Pirates of the Caribbean: Fremde Gezeiten” oder “Transformers 3” zur Halbzeit des Kinojahres 2011 dachte, dass das Blockbuster-Kino nur noch aus seelenloser Massenware besteht, kommt nach dem nostalgisch-charmanten “Super 8” nun der nächste Streifen, welcher diese These widerlegt: Rupert Wyatts “Planet der Affen: Prevolution” präsentiert sich als reifes Charakterdrama, dem seine tierische Hauptfigur weitaus wichtiger als Effekthascherei und ausufernde Action ist.

Will Rodman (James Franco) arbeitet als Gen-Forscher an einem revolutionären Mittel gegen Alzheimer. Nach einem fatalen Zwischenfall sollen alle Test-Affen eingeschläfert werden - ein Primaten-Baby wird jedoch verschont und von Will stattdessen heimlich mit nach Hause genommen. Das Affenjunge (Andy Serkis per Performance-Capture-Verfahren), welches Caesar getauft wird, weist eine stark gesteigerte Intelligenz auf und nimmt zunehmend menschliche Züge an. Aufgrund dieser Entwicklung verabreicht Will fortan auch seinem Alzheimer-kranken Vater (John Lithgow) das Heilmittel - ebenfalls mit beeindruckendem Resultat. Die Forschung wird angesichts dieser Ergebnisse wieder aufgenommen. Caesar hinterfragt indes jedoch immer mehr seine einzigartige Stellung zwischen Tier und Mensch…

Mit Tim Burtons durchschnittlichem Remake von 2001 hat das Prequel nur wenig gemeinsam: Die Fixierung auf die Figuren sowie die Nutzung von CGI anstatt klassischer Masken zur Erschaffung eben jener zeugen von einer gänzlich anderen Herangehensweise. Wer nach den mal wieder vollends irreführenden Trailern ein Action-Inferno erwartet, dürfte in hohem Maße enttäuscht werden. Lediglich im Finale darf eine schön anzusehende Action-Sequenz bewundert werden, welche weder zu lang noch zu überbordernd ist. Bis dahin gibt sich der Film jedoch als sensible Charakter-Studie, die die dramatische Beziehung zwischen Caesar und seinem Umfeld in eindringlichen Bildern festhält.

Die Fixierung auf die Gefühlswelt des Menschenaffen gelingt allen voran aufgrund der hervorragenden CGI-Effekte bestens. Caesars Gestik und Mimik wird unglaublich lebhaft dargestellt - ein Blick in die Augen des Primaten spricht Bände. Die einzelnen Etappen der evolutionären Entwicklung bleiben somit stets nachvollziehbar: Freude und Trauer kommen ebenso wie das verzweifelte Gefühl des Verlorenseins, die keimende Wut sowie letztendlich die feste Entschlossenheit bestens zur Geltung. Andy Serkis, welcher durch die Auftritte als Gollum und King Kong bereits genügend Erfahrung mit dem Performance-Capture-Verfahren hatte, lässt die Bewegungsabläufe des Affen wunderbar glaubhaft aussehen. Eben jene Kletterpartien werden von der äußerst dynamischen Kamera großartig in Szene gesetzt - bei aller charakterlicher Tiefe wird auch auf Schauwerte nicht verzichtet.

Da der Film größtenteils den animierten Tieren gehört, haben die menschlichen Figuren natürlich etwas das Nachsehen. Im Falle von James Franco und John Lithgow fällt die Eindimensionalität der Charaktere aufgrund des gekonnten Spiels und der dramaturgischen Einbindung nicht weiter auf. Das Vater-Sohn-Gespann kann im Zusammenspiel untereinander sowie mit Caesar für einige sehr emotionale Momente sorgen. Um einiges beliebiger gestalten sich die Auftritte von Frida Pinto als Wills Freundin sowie Tom Feltons Vorstellung als sadistischer Tierquäler, welche nicht über die Funktion als bloße Stichwortgeber hinauskommen. Als ähnlich unschön erweisen sich einige Ungereimtheiten in der Handlung, welche es sich teils etwas einfach macht.

Dennoch: Es ist dem Film als großer Verdienst anzurechnen, dass man schlussendlich mit einer Horde computergenerierter Affen mitfiebert anstatt der eigenen Spezies Sympathien zukommen zu lassen. Auch wenn die Anklage der menschlichen Makel (seien es Profitgier, Respektlosigkeit oder Intoleranz) zuweilen etwas plakativ daherkommt, resultiert eben jene zusammen mit der tollen Kombination von genialen Effekten und dem stark ausgearbeiteten Hauptcharakter schlussendlich in dieser eigenwilligen Verteilung der Zuschauergunst.

Fazit: Trotz tierischer Hauptfigur stellt “Planet der Affen: Prevolution” ein zutiefst menschliches Charakter-Drama dar, welches das Innenleben der Menschenaffen per exzellenter CGI-Technik auf die Leinwand überträgt. Kleinere Mängel wie blasse Nebencharaktere oder verschmerzbare Logiklöcher werden durch die Tiefe Caesars sowie die von einer dynamischen Kamera eingefangenen Bilder hinreichend kompensiert. Blockbuster-Kino, das im selben Maße Dramatik wie auch State-of-the-Art-Effekte bietet.

8/10

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