Der Augenblick und die Vergänglichkeit
"Chungking Express", der ursprünglich mit "Fallen Angels" als ein Film geplant war, erzählt zwei wundervolle Episoden aus dem Großstadtleben Hongkongs, die weniger durch ihre Geschichten, als durch ihre Philosophie und Atmosphäre glänzen. In beiden Teilen geht es um junge Polizisten, deren Freundinnen mit ihnen Schluss gemacht haben. Sie ertränken sich beide zunächst in Kummer, kommen aber schließlich darüber weg und verlieben sich neu. Im ersten Teil ist es eine Drogenschmugglerin, die bis zum Hals in Problemen steckt und völlig erschöpft in eine kleine Kneipe geht, wo zufällig auch der Verlassene sitzt. Er macht sich an sie ran und es entsteht eine kurze Freundschaft. Im zweiten Teil verliebt sich der von einer Stewardess verlassene Straßenpolizist in eine junge Frau, die in seiner Stamm-Imbissbude arbeitet. Ganz zaghaft und schüchtern kommen sich die beiden näher, spielen mit ihrer Scham und genießen einfach die Momente des Zusammenseins.
Voll Poesie gelingt hier Wong Kar-Wai ein wirklich schöner, gemütlicher Film über die Macht des Augenblicks, über Liebe und Vergänglichkeit. Mit einer locker-gelassener Kamera, keinesfalls hektisch-übertrieben (wie man es von vielen Großstadtszenarien kennt) wird eine bunte, vielfältige Neon-Welt der Fröhlichkeit, der Menschlichkeit, aber auch der Melancholie mitten in Hongkong gemalt. Auch die musikalische Gestaltung sei hier erwähnt, da sie auf der einen Seite immer passend die Stimmung trägt, aber sich andererseits permanent wiederholt (die wenigen Lieder laufen wirklich pausenlos und werden doch nicht eintönig).
Die Charaktere sind alle frisch und modern, passend, authentisch und einzigartig gezeichnet; in ihren Dialogen, Monologen und Handlungen stechen sie heraus durch ihre Spontanität, ihre Lebenslust und Aufgeschlossenheit. Obwohl sie alle nicht dass "höchste" Leben genießen und eher ziellos ihren Weg in beruflicher und sozialer Hinsicht gehen, würde man wirklich gerne mit ihnen tauschen wollen. Dann sie haben alle, auch die Nebenrollen, etwas gemeinsam: Sie genießen das Leben in den schönsten Augenblicken, sie geben sich ihm hin und sind neugierig auf ihre Zukunft, egal was sie bringt. Nichts hält ewig an, die guten Zeiten nicht, wie auch die schlechten. Warum ständig an Vergangenes denken, wenn man nicht von der Zukunft träumen kann? Der Sinn des Lebens ist doch vor allem das Auskosten des Jetzt, das Ausleben der wundervollen Momente, oder das Hinleben auf neue Augenblicke des Glücks, wobei Schönheit, Gefühl, Liebe, Glück und letztlich auch Leben bedeutungslos wären, wenn es die Vergänglichkeit nicht gäbe.
Ein wenig naiv zwar, aber warum auch nicht? 10/10.