So hatte noch niemand Cheng gesehen, diesen eisernen Kämpfer mit den knochenharten Fäusten. Doch zu tief war Cheng vom Tode seines Lehrers Ho betroffen, der Begründer der Selbstverteidigungskünste und mehr noch, Chengs väterlichem Freund. Aber er sinnt auf Rache. Cheng vermutet, das die Angehörigen der rivalisierenden japanischen Schulvereinigung seinen Lehrer auf dem Gewissen haben. Indes bringt ihm ein erster auf eigene Faust durchgeführter Rachefeldzug keine Beweise für seine Verdächtigung. Dagegen fordert der Lehrmeister der japanischen Verteidigungsschule, das man ihm Cheng zur Bestrafung für seinen Rachekampf ausliefert. Während seiner Flucht vor den ständigen Bedrohungen und Nachstellungen findet Cheng handfeste Beweise für seinen Verdacht, sein Lehrer Ho ist tatsächlich von den Japanern ermordet worden.
Nur ein Jahr nach dem Erfolg mit "Die Todesfaust des Cheng Li" legte Regisseur Wei Lo mit "Todesgrüße aus Shanghai" einen mehr als sehenswerten Nachfolger nach. Am erstaunlichsten erscheint dabei die Tatsache, das hier wirklich ein enormes Steigerungspotential zu erkennen ist, denn wenn der ein Jahr zuvor erschienene Film noch gewisse Schwächen erkennen lies, wurde dieses Mal eine Geschichte erzählt die sich auch rein inhaltlich absolut sehen lassen kann. Zwar handelt es sich im Prinzip um eine eher simple Rache Story, doch die Umsetzung weiß von der ersten bis zur letzten Minute durchgehend zu gefallen. Zuerst einmal ist nichts mehr vom manchmal gewöhnungsbedürftigen asiatischen Humor zu verspüren, denn die Abläufe präsentieren sich über die gesamte Laufzeit sehr ernst und beinhalten dabei sogar phasenweise eine nicht abzusprechende Tiefe, was dem Gesamtbild äußerst gut zu Gesicht steht. So reduziert sich die Geschichte keinesfalls auf die vorhandenen Kampfeinlagen, von denen es wieder genügend zu sehen gibt. Lo verleiht dem Treiben auch einen gewissen Anspruch, indem er das zur damaligen Zeit herrschende Verhältnis zwischen Japanern und Chinesen, wobei sich Letztere im eigenen Land fast schon wie Tiere behandeln lassen müssen. Die japanischen "Gäste" fallen dabei insbesondere durch eine Arroganz auf, die auch des Öfteren in unzähligen Kriegsfilmen zum Vorschein kommt. Wie auch dort hinterlässt dieser Aspekt der Erzählung einen recht faden Beigeschmack und sorgt gleichzeitig auch dafür, das die Sympathien des Zuschauers von Beginn an klar auf der Seite der Chinesen liegen. Besonders hart liegt dabei eine Passage im Magen, in der am Eingang eines Parks in Shanghai ein Schild angebracht ist auf dem steht, das Hunde und Chinesen keinen Zutritt haben und die dadurch entstehende Entwertung des heimischen Volkes ist schier unvorstellbar.
Trotz der vorhandenen inhaltlichen Tiefe legt man das Hauptaugenmerk aber dennoch auf die Kampfszenen, in denen Bruce Lee einmal mehr eine sehr eindrucksvolle Kostprobe seines Könnens zum Besten gibt. Die Choreografien sind allesamt absolut erstklassig und in vorliegendem Fall sind auch die Gegner ein wenig besser ausgewählt, als es noch bei "Die Todesfaust des Cheng Li" der Fall war. Zwar sind die Gegner auch hier der Kampfsport Legende deutlich unterlegen, doch Wei Lo hat anscheinend ein wenig aus vorherigen Fehlern gelernt und die Fights zumindest stellenweise ein bisschen ausgeglichener in Szene gesetzt. Meiner persönlichen Meinung nach handelt es sich hier nicht nur um den besten Bruce Lee Film überhaupt, die unsterbliche Ikone hat in diesem Szenario auch seine beste darstellerische Leistung an den Tag gelegt. Während Lee in seinen anderen Werken zumeist hauptsächlich durch seine überragenden Martial Arts Fähigkeiten besticht, kommt in der Rolle des Cheng auch eine gewisse schauspielerische Klasse zum Vorschein. Er interpretiert die Figur jederzeit absolut glaubhaft und authentisch und auch seine dargebrachte Mimik bringt die Emotionen von Hass, Trauer und unbändiger Wut äußerst gut zur Geltung. In dieser Beziehung ist eine enorme Steigerung zu erkennen, waren diese Dinge doch im Vorgänger so gut wie überhaupt nicht vorhanden. Das wertet "Todesgrüße aus Shanghai" noch einmal zusätzlich auf, so das in der Gesamtbetrachtung ein weitaus stimmigerer Eindruck entsteht, als es noch bei "Die Todesfaust des Cheng Li" der Fall war.
Das liegt größtenteils auch an der reifer erzählten Story, in der Ungereimtheiten oder unlogisches Verhalten der Akteure überhaupt kein Thema sind. So erscheint das Ganze dann auch in filmischer Hinsicht wie ein kleiner Quantensprung, der ehrlich gesagt in dieser Form nicht unbedingt zu erwarten war. Das gewonnene Gesamtbild ist viel stimmiger und wird durch den am Ende eingefügten Schuss Tragik nahezu perfekt abgerundet. Es gibt sicherlich genügend Leute die das eventuell etwas anders sehen, doch bei diesem Film fällt es mir auch ein wenig schwer vollkommen objektiv zu bleiben, da es sich um meinen ganz persönlichen Favoriten handelt. Dennoch ist der Reifeprozess in der Inszenierung auch aus objektiver Sichtweise keinesfalls zu übersehen und was nur ein Jahr zuvor noch ein wenig in den Kinderschuhen zu stecken schien, ist kurze Zeit später richtiggehend erwachsen geworden.
Im Endeffekt kann ich in vorliegendem Fall nur ein uneingeschränkt überzeugendes Zeugnis ausstellen und möchte sogar noch einen Schritt weiter gehen, indem ich "Todesgrüße aus Shanghai" als einen der besten Martial Arts Filme aller Zeiten einordne. Dies geschieht selbstverständlich aus einer rein subjektiven Betrachtungsweise, aber auch objektiv erscheint diese Kategorisierung ehrlich gesagt nicht allzu weit hergeholt. Wie dem auch sei, es handelt sich auf jeden Fall um ein ganz und gar überzeugendes Werk, das im Laufe der Jahre immer noch genau so faszinierend daher kommt wie bei der damaligen Erstsichtung. Eine tolle und sehr gut erzählte Geschichte, gutes Schauspiel, eine gewisse inhaltliche Tiefe und selbstverständlich die auch heute noch überragend wirkenden Kampfszenen machen diesen Film zu einem echten Erlebnis, das man sich immer wieder mit wachsender Begeisterung anschaut und dabei niemals die Lust verliert.
Fazit:
Für mich ist "Todesgrüße aus Shanghai" das absolute Meisterwerk von Bruce Lee, gegen das auch ein von vielen Leuten geliebter "Der Mann mit der Todeskralle" nicht heranreichen kann. Das mag aber jeder für sich selbst beurteilen, doch eine überragende Klasse kann und darf man diesem grandiosen Film auf keinen Fall absprechen.
10/10