Im Schlaraffenland scheint Autor und Regisseur Marcel Walz wahrlich nicht zu leben, denn der sechsundzwanzigjährige Independent-Filmer hat es bereits auf neun Filme gebracht, von denen einige sogar ziemlich unterhaltsam und semi-professionell ausfielen wie etwa „Tortura“ oder „La Petite mort“.
Seine Mischung aus Torture Porn, Home Invasion und einer Prise Urlaubsfeeling kann diesbezüglich nicht allzu sehr überzeugen.
Seit einem Jahr, kurz nachdem ihre Mutter verstarb, vermissen die Schwestern Maria und Danny ihre Schwester Kira. Als diese unerwartet zurückkehrt, ist die Freude nur von kurzer Dauer, denn ein sadistisches Paar überfällt die Familie und macht unmissverständlich klar, dass diverse Foltereinlagen lediglich der eigenen Freude dienen, während sich das eigentliche Ziel irgendwo im Haus befindet…
Als die Handlung mit einem fiesen Lippen-Piercing einsetzt, könnte man fast von einem reinen Folterfilm ohne Rahmenhandlung ausgehen, doch dem ist glücklicherweise nicht so.
Allerdings wird während der Exposition auch viel falsch gemacht, um die eher ungleichen Schwestern vorzustellen, denn einige komplett inhaltslose Szenen sorgen für deutlichen Leerlauf. Darüber täuschen auch nicht die teilweise malerischen Kulissen der spanischen Landschaft, einschließlich der luxuriösen Finca hinweg und auch der kurze, aber gelungene Gastauftritt von Martin Semmelrogge als schmieriger Mechaniker vermag nur für einen Moment zu amüsieren.
Mit Erscheinen des Killerpaares stellt sich leider auch ein darstellerisches Manko ein, denn das gnadenlose Overacting der Dame in Latex bringt nicht den gewünschten Effekt der Bedrohung und die Dialoge kommen arg gekünstelt rüber. Auch ihr Kompagnon, der ebenfalls Gothic-Kleidung bevorzugt, kann den unberechenbaren Aspekt nicht so recht transportieren, etwas nuancierter performt er jedoch. Dadurch bietet die Konstellation allenfalls Terror auf Sparflamme, obgleich die phasenweise recht drastischen Effekte durchweg gelungen sind.
Ob eine Nähnadel durch die Haut gebohrt wird, ein Nagel in die Augenhöhle eindringt oder ein Pfeil durch die Nase eingeführt wird, so bieten die FX annähernd erstklassiges Niveau. Nur sollte sich Walz mal fragen, ob es rein anatomisch wirklich möglich ist, mit einer handelsüblichen Haushaltsschere einen Bauchraum zu öffnen (und dabei auch noch das Shirt darüber zu zerschneiden). Ähnlich positiv ist über den routinierten Score von Michael Donner zu berichten, der sich im Laufe seiner vielen Arbeiten durch ein mannigfaltiges Repertoire auszeichnet.
Schade, dass die arg konstruierte Geschichte trotz kleinem Twist nicht so überzeugend daherkommt, denn es mangelt über weite Teile deutlich an Suspense und auch das arg irrationale Verhalten einiger Beteiligter irritiert ein ums andere Mal. Handwerklich hat sich Walz hingegen erneut ein wenig gesteigert und liefert nur noch selten schwach gefilmte Szenen ab, wobei die Kameraarbeit im Gesamtbild recht durchdacht erscheint.
Am Ende stehen 85 Minuten „Schlaraffenhaus“ als deutlicher Rückschritt gegenüber Walz früheren Werken da, was primär an der unglücklichen Wahl der Darsteller, jedoch auch an der zu routinierten und insgesamt eher überraschungsfreien Geschichte liegt, welche eine zu lange Anlaufzeit benötigt.
Dass Walz zu den fähigen Leuten seiner Zunft gehört, hat er bereits bewiesen, fehlt nur noch ein Drehbuch mit Finesse, ein paar Gewalteinlagen auf ähnlich hohem Niveau und vielleicht Semmelrogge in der Hauptrolle, denn so teuer dürfte der mittlerweile ja nicht mehr sein…
4,5 von 10