HOMEVIDEO (HOMEVIDEO, Deutschland 2011, Regie: Kilian Riedhof)
Für den 15-jährigen Jakob ist die Welt kompliziert. Seine Eltern reiten sich in eine handfeste Ehekrise, in der Schule läuft es nicht sonderlich gut, seine Freunde mutieren mehr und mehr zu Arschlöchern und eine Freundin zu bekommen ist offenbar auch nicht gerade einfach. Erdrückend wird die Situation, als seine gestresste Mutter eben diesen Freunden Jakobs Kamera ausleiht, auf welcher sich ein in jugendlichem Leichtsinn gefilmtes Masturbationsvideo befindet…
HOMEVIDEO erzählt in klassischer Dramaturgie (tatsächlich lehrbuchreif!!!) eine brisante, aktuelle und hochrealistische Geschichte von Leichtsinn, Ausweglosigkeit, Pubertät und Mobbing in all seinen widerlichen Fassetten. Dem Jungen, hervorragend gespielt von Jonas Nay, wird auf derart heftige Art der Boden unter den Füßen weggerissen, dass man am liebsten in den Fernseher springen möchte um dieser himmelschreienden Ungerechtigkeit Einhalt zu gebieten. Der Zuschauer wird im Angesicht der Hilflosigkeit und Ausweglosigkeit der Situation zum Leiden gezwungen, was lange nachwirkt und belastend schwer im Magen liegt.
Etwas flach bleiben hierbei die Mechanismen innerhalb der Schule und die ebenfalls hilflosen Lehrer. Zusätzlich belastet die Vorwegnahme des unangenehmen Finales in der ersten Einstellung, wodurch das Spannungs- und Hoffnungspotenzial erheblich leidet. Zuletzt sei angekreidet, dass die lesbische Beziehung der Mutter etwas zu viel des Guten ist, mildert sie doch die Härte des plötzlichen Verlassens der Familie stark ab!
Insgesamt ist HOMEVIDEO jedoch ein einfaches und dennoch heftig unangenehmes Filmwerk, dessen Funktionalität für Debatten im Ethikunterricht (o.ä.) von den Machern sicherlich im Auge behalten wurde, dessen erdrückende Wirkung aber auch jedem Betrachter einen fiesen Wackerstein in die Magengrube legt. 8/10