Der letzte KannibaleEin Low-Budget Fanprojekt von den Machern des Films „Das Geheimnis der Zauberpilze“, den immerhin Troma lizensiert (aber noch nicht veröffentlicht?) hat.Anders als erstgenannter ist dies aber kein Langfilm, sondern es handelt sich hier um einen etwa 15minütigen Kurzfilm auf den Spuren von „Blair Witch Project“ bzw. „Blair Witch Project 2“. Vergleichbar dem ersten Teil handelt es sich um „found footage“, an den zweiten Teil erinnert die Führung auf den „Spuren des Unbekannten“, die der Gruppe zum Verhängnis wird.Kurz zur Story: Nach einer durchzechten (und –kotzten) Nacht mit den Machern des Kultfilms „Das Geheimnis der Zauberpilze“ begibt sich ein junger Filmemacher alleine mit seiner Kamera auf eine „Sightseeing-Tour“, um den „härtesten Snufffilm aller Zeiten“ zu drehen, was ihm auch gelingt, allerdings zu einem recht hohen Preis…Nö, originell ist die Story nicht, das darf man aber auch nicht von einem Film erwarten, der offensichtlich von Fans alter Italostreifen praktisch zum „Nulltarif“ hergestellt wurde. Das merkt man schon am Anfang, als der Film als „Sonderausgabe eines Wlogs“ der Filmemacher eingeführt wird (dankenswerterweise wird auf Rapmusik verzichtet). Hiermit soll Authentizität erzeugt werden, allerdings bleibt die Frage, warum das Material nicht im Besitz der Polizei ist, unbeantwortet (kleinlich, aber gerade „found footage“ lebt von größtmöglicher Scheinauthentizität). Dafür werden hier aber elegant das Thema eingeführt und die Eckpunkte der Mythologie (die Filmemacher als Teil der Handlung, die Wälder von Silschede als Ort des Grauens etabliert. Mittlerweile habe ich erfahren, dass sich der Film nicht nur auf die Zauberpilze bezieht, sondern auf eine ganze Reihe von Kurzfilmen, die im Laufe der Jahre entstanden sind. Damit wird die Mythologie natürlich noch vertieft und verschärft, gleichzeitig wird dem "Neuankömmling" der Einstieg erschwert.
Die Einleitung gewinnt auch dadurch, dass „Master W“ (ich persönlich hätte Realnamen in den Credits übrigens vorgezogen) seine Sache recht gut macht, er wirkt verstört und aufgebracht.Der Filmemacher wirkt leider null professionell, aber warum soll der gute Mann nicht an Selbstüberschätzung leiden? Schon in der zweiten Szene nach der Einleitung kommt auch das strukturelle Element des Filmes zum Tragen, Szenen der „Saufnacht“ (das Material soll aus Peinlichkeitsgründen gelöscht werden, die peinlichsten Szenen bleiben natürlich zufällig erhalten) werden mit den Erlebnissen im Wald zwischen geschnitten. Damit streckt man einerseits die Handlung und enthebt sich der Notwendigkeit, Szenen logisch zu verknüpfen, schafft aber andererseits retardierende Momente in der „eigentlichen“ Handlung, die natürlich offene Fragen und Spannung schaffen. Insgesamt ein durchaus gelungener Kunstkniff.Dummerweise ist die Story an sich aber auch nicht sonderlich ergiebig, weshalb zwei absolut überflüssige Charaktere (ein Soldat, der natürlich seinen Bruder (den "Pfadfinder") rächen will und ein Gothic-Metal-Dark-Whatever-Typ, der sich als „Alchemist“ bezeichnet) eingeführt werden, die leider total überzeichnet sind und zum Film nicht wirklich was beitragen. Sehr schlecht gespielt sind sie auch, aber wie soll man als Laie auch eine Figur fernab von jeder Realität spielen? Dazu kommt eine echt merkwürdige Szene, als der Einsiedler eine Touristengruppe im Wald mit einer Maschinenpistole niedermäht. Warum? Wie kommen die da hin? Macht er so was öfter und wenn ja wie, wenn er hier die Waffe des Soldaten braucht? Immerhin liegt ein halbierter Mann auf dem Boden und wimmert noch ein bisschen, der Splatter hat also eingesetzt. Kurze Zeit später gibt es einen explodierenden Kopf zu bewundern, billig, aber doch lustig.Die Location (offensichtlich ein normaler Wald) wirkt leider vor allem am Anfang der Wanderung viel zu gezähmt und ist mit den Wäldern aus dem Vorbild „Blair Witch Project“ nicht zu vergleichen, leider. Deshalb ist auch die Blair Witch Anspielung mit der verschwundenen Karte eher verschenkt, führt aber endlich zum Auftauchen des Kannibalen. Die Kameraeinstellung (die Kamera liegt am Boden und fängt so den sich nähernden Kannibalen ein) an dieser Stelle nutzt endlich die Möglichkeiten des Formats. Außerdem gibt es Gedärm zu sehen (wieder billig, aber recht effektiv)- gefolgt von einer weiteren Blair Witch Parodie („Warum hab ich eigentlich den Nachtsichtmodus an?“), die genau wie bei Scary Movie total daneben geht. Auch wie bei BWP ist eine Hütte das Ziel, in der das Grauen (naja, der Einsiedler) wartet und die Handlung auf ihr erwartetes und unvermeidliches Ende zustrebt.Wie fällt also mein Fazit aus? Mit einer Reihe von Dingen habe ich so meine Probleme, allerdings sollte man den Film natürlich nicht zu Ernst nehmen. Er ist ein absolut unterhaltsames Fanprodukt, das in den Fressszenen wirklich an die alten Italoreißer („zufällig“ trägt der Filmemacher ein „Cannibal Holocaus“ Shirt)erinnert. Man merkt dem Film die (in meinen Augen manchmal etwas fehlgeleitete) Liebe zum Genre und zum Medium an – und vor allem habe ich schon deutlich unangenehmere Viertelstunden verbracht. Ganz sicher kein Meisterwerk, aber definitiv sehenswert. Ich muss mir demnächst die Pilze ansehen, denn ich bin gespannt, ob der Enthusiasmus auch über eine volle Filmlaufzeit trägt.