Gänzlich entgegen ihrer sonstigen Machenschaften innerhalb ihres patriotisch reichhaltig durchgewürzten U.S. – Territoriums ließen die beiden Cannon-Chefs Yoram Globus und Menahem Golan es sich Mitte der Achtziger nicht nehmen den seinerzeit schon vorübergehend seit „Poltergeist“ arbeitslosen Horrorregisseur Tobe Hooper („The Texas Chain Saw Massacre“, „Toolbox Murders“) ausnahmsweise mal nach Europa zu schicken, um im Mutterland des Fußballs einen kruden und tatsächlich oft nur schwer nachvollziehbaren Science-Fiction-Horror-Film abzudrehen, der aus der Feder von Dan O'Bannon („Total Recall“, Screamers“) und Don Jakoby („Blue Thunder“, „Vampires“) stammte.
Dass mit O'Bannon zufällig jemand beteiligt war, der zufällig Jahre vorher „Alien“ schrieb, wird dann auch gleich in der Einführungssequenz offensichtlich, denn hier kurvt das britische Spaceshuttle Churchill in Richtung des Halleyschen Kometen, der mal wieder in Richtung Erde fliegt, entdeckt dabei jedoch ein fremdes Raumschiff und steigt auch prompt ein, um im Inneren riesige fledermausähnliche Tiere und drei menschlich ausschauende Körper in Glassärgen vorzufinden und abzutransportieren. Nur erstens läuft es anders und zweitens als man denkt. Denn so tot ihre Fundstücke auch ausschauen mögen, sie sind quicklebendig und freuen sich vampirisch auf Mutter Erde, um sie ins Chaos zu stürzen.
Zu „Lifeforce“ muss man einen Draht haben, sonst könnte die Unterhaltung in Folge schwer fallen. Immerhin schaut es optisch für eine Cannon-Produktion wirklich imposant aus (Man verpflichtete seinerzeit einige aus der „Star Wars“ – Crew und pumpte für die sonstigen Budgetverhältnisse des Studios einiges an Kohle in die Produktion). Die ganzen Modell- und Puppentricks sowie die Lichteffekte sind heute zwar hoffnungslos überholt, aber genau diese Zurschaustellung von antiquiertem Budenzauber macht ihren Charme aus. Wir haben es hier mit einem schon nostalgisch anmutenden Relikt der Achtziger zu tun, das Tobe Hooper angesichts seines wirren Plots auch flott erzählt. Einige Dinge hinterfragt man also besser nicht.
Wirklich Science-Fiction ist auch nur der Auftakt, denn erst mal auf der Erde angekommen, hinterlassen die drei Dornröschen zunächst ein völlig ausgebranntes Spaceshuttle und als sie in der britischen Forschungseinrichtung auch erwachen, jede Menge ausgelutschter Soldaten und Wachmänner, die ihrerseits nun anderen Mitmenschen ihren Lebenssaft wegschlürfen müssen, um nicht zwei Stunden ab Infektion in Staub zu verfallen. Dazu gibt es misslungene Obduktionen, Ausgesaugte, die alsbald selbst an zu sagen anfangen und jede Menge zerberstende Glasfassaden. Daran scheint Hooper hier überhaupt einen Gefallen gefunden zu haben und die Seuche breitet sich in London aus...
Die schauspielerischen Qualitäten der rein britischen und nicht sonderlich auffälligen Riege halten sich dabei leider in Grenzen und eine großzügig portionierte Selbstironie hätte dem Film vermutlich auch nicht geschadet (Wie hätte der Film wohl ausgesehen, wenn Cannons Dauerbrenner Chuck Norris Jagd auf Vampire gemacht hätte?), aber die apokalyptische Stimmung, die bald in London, das dank der sich rasch ausbreitenden Seuche im biblischen Chaos versinkt, vorherrscht, hält dem Film am Leben und weckt Erinnerungen an diverse Zombiemärchen eines gewissen George A. Romero.
Das Austricksen des Vampir-Trios, das sich schamlos seine Opfer greift und munter die Körper wechselt, fällt dann leider unter Schwachsinn, weil der einzige Überlebende der Churchill so etwas wie übersinnlichen Sex mit der weiblichen Anführerin der Vampire hatte und nun aus völlig meschuggen Gründen (Sie hat irgendwie ihre Energie dabei in ihn übertragen...) Visionen von ihr hat und in die Menschen hineinblicken kann (?). Das ist, während das Militär London abriegelt und schon mal den Atombombenabwurf vorbereitet, auch die einzige Möglichkeit den durstigen Lutschern habhaft zu werden. Aber da werden ja noch, wie auch immer, Energiezentren im Inneren eines jeden Vampirs entdeckt! Ja... Ne...
Das Vampir-Raumschiff mit dem mordsmäßigen Energieschnorchel trifft irgendwann auch ein, halb London steht in Flammen und das heldenhafte Duo versucht in der Stadt zu retten, was noch zu retten ist. Tobe Hooper beziehungsweise der sie ins rechte Licht rückende „007“ – Kameramann Alan Hume geizt in diesen Situationen weder mit körperlichen Reizen von Mathilda May, die oft und ausgiebig nackt durch das Bild rennen darf, sondern wirft auch mit nicht näher erläuterten Effekten um sich, die an „Poltergeist“ erinnern und fackelt nebenbei noch genüsslich Teile Londons ab.
Die Untergangsstimmung ist dabei jedenfalls ideal und weil so gut wie alles in einer einzigen Nacht spielt, punktet die Dunkelheit noch einmal obendrauf. Matschig gestaltete, oder staubtrocken verwelkende Opfer stapeln sich dabei bis zum Schluss, wenn das heldenhafte Duo feststellen muss, dass die Seuche scheinbar alles und jeden ergriffen hat und selbst unser Captain Picard alias Patrick Steward, später in seiner Karriere in Bezug auf außerirdisches Leben bekanntlich eher der Diplomat, nach seinem ersten Filmkuss auszubluten anfängt und Flüssigkeitsmanifestationen nach sich zieht.
Der offene Schluss lässt den Zuschauer dann verständnislos zurück, weil er leider gar nichts erklärt oder vielleicht gleich den Übergang für eine mögliche Fortsetzung (Globus und Golan hatten bekanntlich, wie sich später herausstellen sollte, nicht immer den besten Riecher, was ihre Finanzen anging) mitliefert.
Nichtsdestotrotz muss man „Lifeforce“ als reines Spaßobjekt betrachten, das sich seinem zusammengewürfelten Szenario, das mit Science-Fiction beginnt, dann später in Horror und apokalyptische Endzeitstimmung umschwenkt, um die wiederum mit einer Agentenstory mit übersinnlichen Motiven zu koppeln, nie schämt. Ganz im Gegenteil: Die Kulissen, ob Raumschiff oder das abfackelnde London, schauen, für damalige Verhältnisse, up to date aus, nur die Dialoge brabbeln ab und an mal am Ziel vorbei, wenn sie geistig sinnvoller sein wollen, als es dem Film gut tut und man eifrig bemüht am Dracula-Mythos kratzt.
Fazit:
Für mich bleibt „Lifeforce“ ein unübliches Cannon-Überbleibsel der Achtziger mit dicken Nostalgiebonus, das mit seiner Kurzweiligkeit, seiner tendenziell apokalyptischen Grundstimmung, den sorgfältigen und liebevollen Effekten einen reichlich wirr zusammengeschusterten Plot zum Leben erweckt und dabei sogar die leider nur durchschnittlichen Leistungen der Darsteller weitestgehend vergessen macht. Wer mal exotische Ware mit massig Sauereien und vertrocknenden Monstern aus dem Hause Cannon erleben will, der bekommt mit diesem Science-Fiction-Vampir-Hokuspokus die volle Dröhnung.