Wie der Filmtitel schon besagt, gibt es eine Vielzahl an Personen, die in diesem Agententhriller nach einer 1974 entstandenen Novelle von John Le Carré mitspielen – das es sich dabei um kein harmloses Spiel handelt, wird schon in der ersten Szene in Budapest deutlich, als ein englischer Agent (Mark Strong) niedergeschossen wird – eine Aktion, bei der auch eine junge Mutter ihr Leben verliert. Kurz danach trifft sich eine illustre Runde in London und zieht die Konsequenzen daraus, indem die Abteilung des Geheimdienstchefs Control (John Hurt) aufgelöst wird. Auch George Smiley (Gary Oldman) wird in Pension geschickt.
Im Folgenden tauchen ehemalige Geheimdienstmitarbeiter, aktive Agenten, Vorgesetzte, Behördenmitarbeiter, Politiker, Doppelagenten auf und mittendrin wieder George Smiley, der reaktiviert wurde, um verdeckt ermittelnd den Maulwurf des russischen Geheimdienstes zu entlarven, der unter den vier führenden Mitgliedern des englischen Geheimdienstes vermutet wird. „Dame, König, As, Spion“ spielt während der Hochphase des kalten Krieges und führt zurück in eine Epoche, in der der ständige Kampf um das Wissen der Gegenseite mit Mitteln, die den Charakter eines Parallelkrieges hatten, verborgen vor den Augen der Öffentlichkeit bestritten wurde. Führt Regisseur Tomas Alfredson mit seinem Film zurück in eine jüngere Vergangenheit, die heute als überwunden gilt?
Sein Stil könnte diese Intention bestätigen, denn „Dame, König, As, Spion“ wirkt geradezu altmodisch in seiner Storyentwicklung, die auf Erläuterungen, räumliche Zusammenhänge oder genauere Informationen zu den vielen Beteiligten verzichtet, sondern Szene an Szene aneinanderreiht, aus denen sich nur langsam ein komplexes Bild entwickelt. Damit bleibt der Film immer auf der Höhe des ermittelnden George Smiley, der aus vielen Puzzleteilen versuchen muss, den dafür Verantwortlichen zu finden, der den englischen Geheimdienst ganz offensichtlich an der Nase herumführt und der auch die Aktion in Budapest zum Scheitern brachte. So ruhig Smiley dabei vorgeht, so ruhig ist auch der Film, ganz dessen Understatement verpflichtet. Er kommt ohne Actionszenen aus, ist zwar gesprächsintensiv, aber niemals geschwätzig. Dabei entwickelt er eine erhebliche Spannung, die weniger von einer äußerlichen Bedrohung bestimmt wird, sondern aus dem inneren Konflikt, innerhalb einer Behörde ermitteln zu müssen, die selbst nichts anderes tut.
Es ist weniger das klassische „Who done it?“ und auch nicht der historische Kontext, der sich mit der Zeit als wesentlich heraus kristallisiert, sondern Tomas Alfredson konzentriert sich zunehmend auf die kleinen Begegnungen am Rande – etwa Smileys Besuch bei der ehemaligen Mitarbeitern, die noch von den alten Zeiten schwärmt, als der Krieg nicht nur hinter den Kulissen stattfand – und schafft damit ein generelles Bild von Menschen, die einfach einen Job erledigen. Mit den gleichen Sehnsüchten, Konkurrenzkämpfen, Egoismen und Liebeleien, wie sie an jedem Arbeitsplatz vorkommen – letztlich auch der Auslöser für alle Geschehnisse, denen sich Smiley ausgesetzt sieht. Selbst seine Figur, geprägt vom äußerst reduzierten Spiel Gary Oldmans, bleibt trotz ihrer offensichtlichen Intelligenz von menschlicher Größe, ohne jemals in typische Klischees zu verfallen.
„Dame, König, As, Spion“ ist trotz seines Sujets ein Film vollkommener Zurückhaltung geworden, personifiziert durch seine Hauptperson, konsequent in allen Teilen durchgehalten. Dem Film gelingt neben seiner spannenden Geschichte ein generelles, zeitloses Bild menschlicher Verhaltensweisen, die er von jedem Geruch des Besonderen oder gar eines Agentenklischees befreit. Und er bedarf dafür weder emotionaler Schürung, noch dramatischer Wendungen, sondern nur kleine Zeichen in den Gesichtern seiner Protagonisten, die viel länger in Erinnerung bleiben.(9/10)