Im Vorfeld ging es heiß her: Anfangs wollte Michael Bay „Transformers 3“ nicht in 3D drehen, später ließ er sich breitschlagen, aber nur weil die Effekte angeblich in sein Konzept handwerklichen Perfektionismus hineinpassten.
Die Auftaktsequenz, eine Bebilderung der letzten Tagen der finalen Schlacht zwischen Autobots und Decepticons auf Cybertron, beweist: Ja, handwerklich ist auch „Transformers 3“ wieder cream of the crop, auch was die 3D-Technologie angeht. Wenn die Kamera Raumschiffen bei ihren Flügen durch die verwinkelte Architektur Cybertrons folgt, dann ist der Wow-Effekt beim Zuschauer da, besser dürfte die 3D-Technologie bisher allenfalls bei „Avatar“ und „Tron: Legacy“ verwendet worden sein. Kein Gimmick-3D, keine künstlich in die Kamera gehaltenen Objekte, sondern ein wunderbar dargestellter Eindruck von Raumtiefe.
Ein Autobot-Raumschiff, der Ark, flieht während dieser Szene, wird abgeschossen und kracht in den 1960ern auf den Mond. Die Weltmächte registrieren das und so wird ausgerechnet die Transformer-Technologie zum Grund für den Wettlauf im bemannten Raumflug – der Rest ist Geschichte, nur der Fund des Ark blieb natürlich geheim. Dabei schneidet Bay Spielfilmmaterial mit Dokumentaraufnahmen aus der Zeit zusammen, mischt das Material teilweise mithilfe von Computertechnik und spielt ironisch mit den zahlreichen Verschwörungstheorien im Bezug auf diese Ära – damals wurde ja z.B. behauptet, die Mondlandung sein lediglich auf einem Filmset gestellt gewesen.
Sam Witwicky (Shia LaBeouf) macht von Film zu Film einen Schritt weiter in seiner Entwicklung: Vom Schüler zum Studenten zum College-Absolventen – ohne Job. Seine Freundin Carly (Rosie Huntington-Whiteley) hingegen ist nicht nur ein Männertraum, sondern bringt auch die Brötchen nach Hause – kein wirklich bissiges Feminismus-Statement im Bay-Kosmos, wird die Frau doch weiterhin ähnlich fetischisiert wie die Technik, in einer Szene sogar mit einem Auto gleichgesetzt in der Beschreibung ihrer Formen, aber ein Zeichen der Ironie, mit welcher der Mann sein Blockbuster-Entertainment umsetzt. Natürlich stößt Sam bald auf Anzeichen von Decepticon-Aktivität, die ihn wieder in Kontakt mit den Autobots um Optimus Prime, Bumblebee und Co. treten lassen.
Diese sind mit der NEST-Spezialeinheit gegen menschliche Feinde unterwegs, als sie in Tschernobyl auf ein Teil des Ark stoßen. Von der US-Regierung erfahren sie nun endlich die Wahrheit, worauf sie die Reste der Technologie und ihres ehemaligen Anführers Sentinel Prime auf dem Mond bergen. Allerdings wissen sie nicht, dass sie damit den im Verborgenen agierenden Decepticons auf der Erde in die Hände spielen, welche den Fund des Ark durch die Autobots geplant und vorbereitet haben...
Es erscheint so als habe sich Michael Bay viele der Kritikpunkte an „Transformers 2“ zu Herzen genommen und versucht „Transformers 3“ dahingehend zu verbessern – gelungen ist es ihm nur teilweise. „Transformers 3“ entfernt die nervigen Robotwins und stellt Sams Mutter nicht mehr als überkandidelte Hampelfrau dar, ist aber immer noch alberner als der erste Teil und führt mit einem Kiffer-Laptop-Transformers einen unnötig klamaukigen Sidekick ein. (Ex-)Agent Simmons (John Turturro) ist eine ähnlich amüsante Figur wie in den Vorgängern, Bruce Brazos (John Malkovich), Sams späterer Boss, bleibt mit seinen exzentrischen Auftritten noch jenseits einer Linie, welche die Figur Jerry Wang (Ken Jeong im „Hangover 2“-Modus) leider überschreitet – zum Glück dauert Wangs Auftritt nur rund 3 Minuten.
Ebenfalls zurückgefahren ist das Maß an Patriotismus und Pathos – bei einer der letzten Ansprachen des Films weht eine zerfetzte USA-Flagge im Hintergrund, doch ansonsten werden die Soldaten des Films vor allem als menschliche Gegner der Decepticons, weniger als amerikanische Helden dargestellt. Jedoch bringt sich Bay mit seinem runtergefahrenen Pathos auch um einige der typischen Gänsehaut-Momente für die Fans: Steve Jablonskys Score schmettert wieder majestätisch im Hintergrund, doch packende Motivationsansprachen sind Mangelware, allenfalls Lennox’ (Josh Duhamel) Einschwören der Truppe vorm finalen Gefecht sticht heraus. Hubschrauber in Zeitlupe gibt es nur in einer Szene zu bewundern, keine 360-Grad-Kamerafahrten gibt es gar keine, dafür wieder Gegenlichtaufnahmen, den zwar verminderten, aber immer noch effektiven Einsatz von Zeitlupe in den Kampfszenen und die Bay-typische Videoclipästhetik.
Den nächsten Verbesserungsversuch startet „Transformers 3“ dann im Drehbuchbereich, versucht den Film mit mehr Background zu füllen, was sowohl Vor- als auch Nachteile hat. Die Einbindung von Zeitgeschichte und aktuellen Ereignissen involviert den Zuschauer mehr, die Enthüllung, dass es menschliche Verschwörer und eine weitere Verräterfigur gibt, sorgt für einige Überraschungen, doch all das täuscht über eine Tatsache nicht hinweg: Im Grunde ist der Plot nur eine gepimpte Variante der Geschichte von Teil 1 und 2, wieder jagen Decepticons und Autobots einem Alien-Artefakt nach, wieder sind die Menschen in der Mitte und wieder wird dabei Einiges in Schutt und Asche gelegt.
Womit wir beim wichtigsten Kriterium eines „Transformers“-Films angelangt wären: Die Action. Nach dem schnieken Auftakt und einer solala-Actionsequenz in Tschernobyl ist lange Zeit Pause angesagt, erst mit nach der Hälfte des Films beginnt dann jene finale Schlachte, welche die Trailer versprachen. Und hier gibt es famose Szenen wie den Absprung von Lennox’ Einheit mit Flightsuits, einen durch Horden von Decepticons flügenden Optimus Prime oder den Kampf einer menschlichen Einheit gegen Shockwave, der einen Wolkenkratzer zum Einsturz bringt, wobei sich Bay klar einer WTC-Symbolik bedient – ein einzelner Decepticon ist das Äquivalent der terroristischen Bedrohung durch eine ganze Terrororganisation. Leider verweigert sich Bay dem Exzess der Vorgänger, baut mal mehr, mal weniger nötige Kampfpausen ein, die das Finale etwas unschön und teilweise unnötig in die Länge ziehen, zumal der Film stärker auf CGI setzt, trotz eines nicht unerheblichen Einsatzes handgemachter Action. Doch gigantische benzingesteuerte Explosionen vom Kaliber der Vorgänger gibt es leider nicht mehr.
Auch Sams Entwicklung, eines der Herzstücke des ersten „Transformers“, und die Freundschaft zu Bumblebee bleiben leider kaum entwickelt – da mag Sam Bumblebee zwar wie einen alten Freund, der sich kaum noch meldet, beim Wiedersehen anreden, doch es sind diese Züge Sams, die der Film vernachlässigt. Stattdessen setzt der Film vor allem auf Sams Wahrnehmung seines Selbstwerts: Die Arbeitslosigkeit nagt an seinem Selbstbewusstsein, die von seinen Eltern und ihm selbst gestellten Erwartungen belasten ihn und wenn der Chef der Freundin, Dylan (Patrick Dempsey), dann noch ein erfolgreicher Posterboy ist, dann leistet sich „Transformers 3“ inmitten des galaktischen Spektakels eine durchaus amüsante und gar nicht mal so unrealistische Reflektion männlicher Selbsteinschätzung, die eben nur nicht ganz das Potential der Coming-of-Age-Geschichte hatte, die „Transformers“ 2007 mit seinem Weltenrettungsplot verband.
Charmebolzen Shia LaBeouf sorgt weiterhin für die nötigen Sympathiewerte und verkörpert die Mischung aus Held und Boy next Door wieder mit Elan und Glaubwürdigkeit, Josh Duhamel und Tyrese Gibson supporten solide, kommen aber wenige zum Zuge als in den Vorgängern. Die Coen-Regulars John Turturro und Frances McDormand liefern ordentliches ab, ein echter Gewinn ist Alan Tudyk als wirklich witziger Comedic Sidekick, ebenso wie Patrick Dempsey. Rosie Huntington-Whiteley hingegen ist tatsächlich ne Nummer schwächer als Megan Fox, vom Schauspielerischen her tun sich die beiden nicht viel, aber Megan Fox hat tatsächlich mehr Ausstrahlung. Den Charakter des Sentinel Prime spricht im Original Leonard Nimoy, was „Transformers 3“ für einen netten Insiderjoke nutzt. *SPOILER* Wenn die Minitransformers anfangs „Star Trek“ im Fernsehen schauen und erklären, dass seine die Folge, in der Spock durchdreht, dann nehmen sie einen Twist des Films bereits ironisch vorweg. *SPOILER ENDE*
„Transformers 3“ macht vor allem für Michael Bay Fans wieder Laune, präsentiert inszenatorisch tadellose Action mit einigem Drive, Anspielungen auf Zeitgeschichte und heruntergefahrenem Klamaukanteil. Dafür lässt die Action auf sich warten und ist bei weitem nicht so exzessiv eingesetzt wie in den Vorgängern, auch die Menge an typischen Michael Bay Momenten wurde heruntergefahren – daher ist „Transformers 3“ trotz einiger Detailverbesserungen gegenüber dem zweiten Teil leider nicht ganz so unterhaltsam wie seine Vorgänger, auch wenn er laue Lüftchen wie „Battle: Los Angeles“ immer noch easy in die Tasche steckt.