An jedem verdammten Sonntag (1999)

Collage der Schmerzen

„Any Given Sunday“ ist weitaus mehr als „nur“ ein Footballepos. In Oliver Stones schwitzigem Überlebenskampf im beliebtesten US-Sport gibt er seine kriegerisch-gesellschaftlichen Topics und seine rebellische Art, Bildsprache, Denkweise keineswegs auf - er verpackt sie nur in einer Metapher aus Blut, Schweiß, Steroiden und Tränen der modernen American Gladiators…

Kriegsgebiet

Niemand hat von Stone Ende der Neunziger einen Footballfilm von der Stange erwartet. Aber „Any Given Sunday“ geht schon ziemlich in die Vollen. Für manche eine Kakophonie. Für andere ein archaischer und instinktiver Geniestreich. Wohin ich tendiere, sollte nach der Wertung klar sein. Ich liebe sein kraftvolle Chaos! Da wummert die (Heimkino-)Leinwand. Die Darstellerriege geht steil. Die Luft flimmert. Der Soundtrack ist vollkommen bonkers und geht von Techno über Metal bis Rap. Stone macht hier echt sein Ding und wer damals nicht erkannt hat, dass der Mann wieder mal keine Gefangenen macht, nur an der Oberfläche in einem neuen Genre, sollte mal zum Augenarzt. „Any Given Sunday“ ist wie eine Orgie, eine Schlacht, eine Party, ein Kunstwerk, eine Eruption, eine Erektion, ein Herzinfarkt und ein Musikvideo - alles in einem! Al Pacinos Performance ist nicht nur wegen seinen motivierenden Kabinenansprachen legendär. Einer seiner Karrierehöhepunkte - und das will was heißen! Aber auch die Nebendarsteller sind hier on fire. Hier vibriert alles, hier steht nichts still, hier gibt’s voll auf die Nüsse. Dazu muss man dem Sport null verbunden sein. „Any Given Sunday“ funktioniert auch so. Stones schwindelerregenden Style sollte man aber abkönnen. Selten war er frenetischer. Fast drei Stunden, die fliegen wie ein Ei aus Leder über den Rasen bei einem spektakulären Touchdown. Exzess und Overkill! Ganz klar amerikakritisch, hart anzusehen, porentief schmerzhaft, klare Parallelen zu Krieg, ungesundem Patriotismus und allgemein unserer Lust an der menschlich-körperlichen sowie seelischen Verrohung bis Zerstörung. Sportszenen werden zu Grabstätten. Football wurde noch nie - vorher wie nachher - kinetischer, knochenzerberstender und brachialer eingefangen. Jamie Foxx auf die Karte gesetzt. Selbst LL Cool J nicht schlecht aussehen lassen. Die Diaz heiß und eiskalt wie nie. „Any Given Sunday“ hatte zu Beginn seiner Zeit einen schweren Stand - mittlerweile muss man ihn Klassiker nennen! 

Stone'd

Fazit: Oliver Stone bläst zum Angriff… Wild! Hypnotisch! Heftig! Ein Film wie ein Wirbelsturm. Einer seiner besten. Wahrscheinlich der intensivste Footballfilm aller Zeiten. Und natürlich über weit mehr als nur den Sport. Der perfekte Test für einen ultraheissen Sommernachmittag.