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Oliver Stone ist einer der einflußreichsten Filmschaffenden unserer Zeit. Dieser Status errang er, indem er in seinen Filmen immer heiße Eisen anpackte. Allein dem Vietnam-Krieg widmete er drei Filme. Ansonsten nahm er sich politische Skandale vor (z.B. „Nixon“), übte harsche Medienkritik mit der Brechstange („Natural Born Killers“) und beleuchtete die Finanzwelt („Wall Street“). Nicht immer schaffte er es, ohne erhobenen Zeigefinger zu dirigieren, was manche seiner Filme anstrengend oder gar kaum genießbar machten („Natural Born killers“, der trotz eines Tarantino-Drehbuchs ein wildes Konglomerat aus flacher Medienkritik und vordergründiger Gewalt war). Im Jahre 1999 nahm er sich eine weitere heilige Kuh (zumindest in den USA) vor: American Football. Mit einem wahren Star-Aufgebot, schaute er hinter die Kulissen des fiktiven Teams der Miami Sharks. Erfreulicherweise nahm sich Stone ein wenig zurück, was den erhobenen Zeigefinger angeht. Zwar wird nicht ganz klischeefrei auf Partys gekokst und rumgebumst (in einer Szene auch gleichzeitig), auch weitere Sportklischees bleiben nicht unberührt (korrupte Mannschaftsärzte, geltungssüchtige Funktionärinnen), doch im Vordergrund bei Stones Inszenierung steht augenscheinlich der Sport.

Und gerade diese Szenen sind fulminant gefilmt. Stone serviert wahres Eye-Candy: ganz im Stile von US-Sport-Berichterstattungen gefilmt, wird der Sport hier nicht nur inszeniert, sondern geradezu heroisiert. Unterstützt von einem pumpenden Soundtrack und gespickt mit vielen Zeitlupen gibt es eine spektakuläre Szene nach der anderen zu sehen. Allein die Szenen auf dem Spielfeld nehmen mehr als die Hälfte der mit 150 Minuten nicht gerade knapp bemessenen Laufzeit ein. Und ja, es macht Spaß, den schön fotografierten Bildern zu folgen. Dies liegt zum Teil auch daran, dass sie trotz den obligatorischen Kamerawacklern immer übersichtlich inszeniert wurden, so dass auch dem Sport nicht so versierte ihren Spaß haben können. Zum anderen Teil einfach an den kraftvollen Montagen, die zusammen mit der Musik eine Einheit ergeben, die vor Adrenalin nur so strotzt.

Doch nicht nur der Sport ist der Star des Films, auch die Stars selbst machen sehr viel her. Selten hat man eine so hochkarätige Darstellerriege auf der Leinwand gesehen. Im Vordergrund steht dabei eindeutig Al Pacino, der den alternden Football-Coach D’Amato gibt. Seinem Spiel zu folgen, macht wie fast immer viel Spaß, gibt er seinen Charakter doch gewohnt vielschichtig. Mal kraftstrotzend, nagen doch Selbstzweifel an der Haut des Coachs, hat er doch mit Problemen zu kämpfen, die so gar nicht zu seiner Auffassung von Football gehören. Pacino meistert seine Rolle gewohnt souverän. Er trägt maßgeblichen Anteil daran, dass dem Zuseher, trotz der nicht gerade kurzen Laufzeit des Filmes, nicht langweilig wird. Eine weiterer Lichtblick der Besetzung ist Jamie Foxx, noch vor seinem Oscargewinn. Er spielt zwar auch eine Rolle, die aus dem großen Klischee-Buch für amerikanische Sportfilme stammen könnte (junger Nachwuchsspieler wird ins kalte Wasser geworfen, entwickelt sich überraschenderweise zum Star und hebt danach ab), doch er füllt sie mit genügend Leben, dass ein eigenständiger Charakter daraus wird. Die Chemie zwischen Pacino und Foxx ist intakt und es macht Spaß, den beiden bei ihren Disputen zu folgen. Ein weiterer großer Star, wenn auch nicht ganz so überzeugend, ist die bezaubernde Cameron Diaz als Eigentümerin des Teams. Sie spielt zwar nicht unglaubwürdig oder gar schlecht, doch zwischen den anderen Schauspielschwergewichten bleibt sie leider etwas blaß. Dies kann man von Dennis Quaid nicht behaupten, der ebenfalls eine oft gespielte Rolle aus dem oben erwähnten Buch übernahm (alternder Sportstar kurz vor Karriereende, der sich von dem jungen Nachwuchsspieler bedroht fühlt), diese aber genau wie Foxx glaubwürdig und der Inszenierung absoulut dienlich interpretierte. Gerade das Zusammenspiel zwischen Pacino, Foxx und Quaid sind ein großer Teil des Salzes, das in Stones Suppe brodelt. In „Any given Sunday“ spielen weiterhin die nicht ganz unbekannten Größen James Woods, LL Cool J, Matthew Modine, Lauren Holly und Charlton Heston, die trotz ihres hohen Bekanntheitsgrades „nur“ die Besetzung abrunden. Zu solch einem Ensemble kann man Stone nur gratulieren. Außerdem beweist es doch seinen Stellenwert in Hollywood einmal mehr!

Wer mit American Football nichts anfangen kann, der wird auch mit „Any given Sunday“ wohl nicht warm werden. Wer zwar die Regeln des Spiels nicht genau kennt, aber gerne amerikanische Sportfilme sieht, der kann sicher ein Auge riskieren. Allein die kraftstrotzende und ausführliche Inszenierung der Spielszenen sollte diesen Zuschauern schon Spaß machen. Zudem bekommt man ein Staraufgebot serviert, das seinesgleichen sucht. Leider ist die Story zwar nicht uninteressant, doch nicht ganz klischeefrei und könnte ein paar mehr Höhepunkte vertragen. Die Diskussionen um den Quarterback, einen Verkauf des Teams oder den Geist des Sportes sind zwar allesamt ganz interessant, weil gut gespielt, doch eine übergeordnete Story, die über den Einzelschicksalen thront, hätte dem Film nicht geschadet. Insofern kann man sagen, dass „Any given Sunday“ eine kleine Enttäuschung auf verdammt hohen Niveau ist. Bei den hochkarätigen Mitwirkenden hätte man sich vielleicht noch etwas mehr gewünscht. Was bleibt ist ganz sicher nicht schlecht und auch überaus sehenswert, aber eben auch nicht mehr.

Fazit:

7 / 10

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