Bereits Mitte der 1960er versuchte man Doc Savage, den Helden unzähliger Pulp-Romane aus den 1930ern und 1940ern auf die Leinwand zu bekommen, doch das mit Chuck Connors in der Hauptrolle geplante Projekte scheiterte. 1975 kam der Mann aus Bronze dann tatsächlich auf die Leinwand, produziert von „Die Zeitmaschine“-Regisseur George Pal, während Michael Anderson auf dem Regiestuhl saß.
Clark Savage Jr. Alias Doc Savage (Ron Ely) wird via Off-Kommentar vorgestellt, ebenso wie seine Helferlein, die natürlich alle zu den besten ihres Faches gehören: Anwalt Theodore Marley ‘Ham‘ Brooks (Darrell Zwerling), Chemiker Andrew Blodgett ‘Monk‘ Mayfair (Michael Miller), Bauingenieur John ‘Renny‘ Renwick (William Lucking), Archäologe William Harper ‘Johnny‘ Littlejohn (Eldon Quick) und Elektroingenieur Thomas J. ’Long Tom‘ Roberts (Paul Gleason) – die Fabulous Five. Natürlich ist auch Doc ein multitalentiertes Genie, mit Festung der Einsamkeit in einem Iglu, einem Hauptquartier in New York und eigenem Fuhrpark – tief gestapelt wird hier nicht.
Doc bekommt die Nachricht, dass sein Vater verstorben ist. Als ihn schon kurz nach dieser Mitteilung ein indianischer Killer in seinem Hauptquartier ermorden will und man versucht an Dokumente seines Vaters aus dem Safe zu kommen, ist klar: Da steckt mehr hinter der Sache. Also suchen Doc und seine Fab Five nach den Tätern…
Dass „Doc Savage“ im Jahr 1936 spielt, ist nicht nur der Vorlage und Lokalkolorit geschuldet, es sagt auch etwas über die Ausrichtung des Films aus. Inmitten von dreckigen New-Hollywood-Bestandsaufnahmen, zynischen Spätwestern und ersten modernen Blockbustern wie „Der weiße Hai“ ist „Doc Savage“ ein Außenseiter, vollkommen pulpiges, stellenweise äußerst naives Retro-Entertainment, in dem Abenteuer erlebt werden und man Bösewichte nur im Notfall umbringt, diese aber lieber ins Doc-Savage-eigene Sanatorium bringt, wo Bosheit durch Akkupunktur heilbar ist. Doc Savage ist unfehlbar, wird von den jungen Frauen bei seinem täglichen zweistündigen Workout angehimmelt und er und die seinen haben stets die richtigen Gimmicks dabei, vom kugelsicheren Hemd bis hin zum Strahlen verschießenden Feuerzeug. Sogar für ein niedliches Sidekick-Tier ist noch Platz, wenn Monk sein putziges Ferkel Habeas Corpus dabeihat, das natürlich im richtigen Moment fesseln lösen muss.
Gebrochene Helden sucht man hier ebenso wie ernste Gefahr: Savage und seine Mannen meistern jedes Hindernis souverän, ihr Scheitern steht nie in Frage und sie sind ihren Gegenspielern immer einen Schritt voraus, haben immer den richtigen Plan. Noch dazu sind die Fab Five kaum nötig, da Doc so brillant ist, dass ihre Spezialkenntnisse selten bis nie gefragt sind. Aber sonst wär es ja einsam für den Doc, er hätte kaum jemanden, dem er den Hintern retten muss, und für Frotzeleien zwischen Monk und Ham muss ja auch gesorgt sein, damit es ein paar harmlose Gags gibt.
So ist auch die Story wenig komplex, wenn die Helden den Hinweisen nachgehen, Geheimnisse aufdecken, die so offensichtlich sind, dass man sich fragt, warum diese noch kein anderer entdeckt hat (z.B. eine geheime Passage, die nur von einer Schlingpflanze verdeckt wird). Auch der Bösewicht, Captain Seas (Paul Wexler) tut nur wenig um sein Schurkentum zu verstecken, das sowieso recht banal um einen Goldfund kreist. Manche Szene wird zudem eingestreut, obwohl sie kaum Funktion hat, etwa der Besuch eines Leichenbeschauers, der zwar Michael Berryman einen Gastauftritt verschafft, aber sonst keine Bewandtnis für den Film besitzt.
Insofern wäre es ein Leichtes „Doc Savage“ einfach niederzumachen, was die Kritik bei Erscheinen größtenteils auch tat. Aber aus mancher Schwäche kann Michael Andersons Film eine Stärke machen: Gerade der naive Charme hat etwas für sich, denn „Doc Savage“ ist mit vollem Herz Pulp, steht zu seinen Wurzeln. Dazu passt auch die knallbunte Aufmachung, die einer Vielzahl von Sets, Kostümen und Requisiten so richtig reinklotzt, allein dadurch schon Schauwerte bietet. Ebensolche leisten auch die Actionszenen, die sich eher am klassischen Swashbuckler- und Abenteuerkino orientieren, aber meist recht gelungen inszeniert daherkommen. Noch dazu leistet sich der Film hin und wieder eine ironische Note, etwa wenn beim finalen Faustkampf zwischen Doc und Seas immer gleich die Kampfstile eingeblendet werden, mit denen man sich gleich auf die Moppe haut.
Außerdem merkt man „Doc Savage“ seine Fabulierlust an. Da gibt es gute Ureinwohner und böse Verräter des Stammes, die Blasrohren Auftragsmorde begehen. Da gibt es Fliegerschurken in der Tradition des Roten Baron, da gibt es indianische Magie, die putzig eingemalte Zauberschlangen auf Opfer hetzt. Da gibt es eine Figur, ein Erwachsener, die sich in einer Riesenkrippe selbst in den Schlaf wiegt. Da gibt es lauter Gadgets, von denen Q manchmal noch etwas lernen könnte.
Ron Ely spielt den unfehlbaren Helden dann auch mit einem campy Nussknackergrinsen, das gut zum Stil des Films passt, auch wenn er sicherlich kein herausragender Darsteller ist. Auch die Stichwortgeber Fab Five sind kaum mehr als solider Support, bei dem einzig und allein Paul Gleason Akzente setzt. Punkten kann weiterhin Paul Wexler als schurkischer Kapitän, der einen herrlichen Bilderbuchbösewicht abgibt. In einer größeren Rolle als potentielles Love Interest ist Pamela Hensley zu sehen, auch wenn sie kaum zu tun bekommt: Wenn ein Film so in seinen Helden verliebt ist und der Held so in sich, da ist für die Liebe einer Frau kaum noch Platz.
Wenn Doc am Ende des Films mit seiner Nobelkarosse an einem Kino vorbeischraddelt, in dem gerade „Captain Blood“ läuft, dann versteckt der Film seine offensichtlichen Vorbilder kaum: „Doc Savage“ ist naives, pulpiges Abenteuerkino im Stile vergangener Dekaden, ein Gegenentwurf zu Andersons darauf folgendem Dystopie-Hit „Logan’s Run“. Hier ist alles harmlos, der Held über alle Maßen positiv und fähig gezeichnet und am guten Ausgang gibt es nie Zweifel, aber dafür gibt es ein fest der farbenfrohen Ausstattung, jugendfrei Abenteueraction und Fabulierlust en masse – das macht trotz aller Schwächen Spaß.