Ein Familienmörder taucht unter dem Namen Jerry Blake in einer neuen Stadt unter und heiratet bald eine Witwe. Als Stieftochter Stephanie ihren neuen Vater bei einem unheimlichen Tobsuchtsanfall im Keller erwischt, kommt ihr der grausige Verdacht, daß er etwas mit den ein Jahr alten, nie geklärten Morden zu tun hat. Jerry bringt daraufhin den neugierigen und lästigen Psychologen seiner Tochter zur Strecke, der ihm zu nahe gekommen ist. Es dauert nicht mehr lange, und der Geisteskranke beginnt bereits, sich in einem anderen Kaff eine neue Identität aufzubauen...
Harter Psychothriller von Joseph Ruben (“Der Feind in meinem Bett”). “Spur in den Tod 2” (ein vollkommen irreführender deutscher Titel) zeichnet sich durch einen herausragenden, beispielhaften Spannungsaufbau aus. Ruben versteht es perfekt, den Nervenkitzel immer weiter zu steigern bis zu dem blutigen und hochspannenden, wenn auch recht konventionellen und wenig Neues bietenden Finale, das nicht sehr leicht zu verdauen ist und dem Film immerhin eine FSK-18-Freigabe (meines Erachtens etwas zu hoch gesteckt) beschert. Geschickt baut der Regisseur noch eine kleine Nebenhandlung ein, in der sich der Bruder einer Ermordeten auf die detektivische Suche nach dem davongekommenen Täter macht und ihm Schritt für Schritt näher kommt. Dadurch wird der Zuschauer auf eine falsche Fährte gelockt und geht automatisch davon aus, daß diese Nebenperson zum Schluß noch eine bedeutende Rolle spielen wird. Doch dieser Irrglaube führt zu einer kleinen Überraschung, so daß man sich hinterher fragt, wozu der Bruder überhaupt in die Gesamtgeschichte eingeführt wurde. In meinen Augen eine wirklich gelungene Finte - vielleicht aber auch bloß ein Mittel, um dem Film eine längere Spielfilmlänge zu verschaffen.
Was ebenfalls zu gefallen weiß, ist die präzise Charakterstudie des vermeintlich liebenswerten Vaters mit der finsteren Vergangenheit. Der Betrachter kann sich dadurch in die kranke Psyche der Hauptfigur hineinversetzen und kann dadurch wenigstens seine grausame Handlungsweise nachvollziehen. Jerry Blake ist harmoniebedürftig und akzeptiert keinerlei Risse in der heilen Familienwelt. Sobald das Glück gefährdet wird (z.B. durch den Freund seiner Tochter Stephanie), sieht er rot, und seine psychopathische Ader kommt zum Vorschein. Einmal sieht man ihn glücklich vor einem Haus stehen, in das eine kleine, absolut glückliche Familie geht, und ein kleines Mädchen winkt ihm zu. Er winkt lächelnd zurück. Ein Beleg dafür, daß Ruben einer genauen Charakterisierung nicht aus dem Weg geht und nicht bloß an der Oberfläche kratzt. Schauspieler Terry O’Quinn, der Jerry verkörpert, verleiht dem Hauptdarsteller zudem eine immense Glaubwürdigkeit. Er spielt einfach grandios und vollauf überzeugend - bisweilen kann man sogar Angst vor ihm bekommen -, weshalb er in einer Fortsetzung minderer Qualität ein zweites Mal mitwirken durfte. Selbst Jill Schoelen, die ein Jahr später in der Horrortrash-Perle “Todesparty 2” so verdammt miserabel spielte, daß es schon wieder eine pure Freude war, verkörpert die Rolle der Stephanie annehmbar, auch wenn sie nicht über die gesamte Distanz überzeugen kann (manchmal weiß man nicht so recht, gerade am Ende, ob sie grinst oder den Tränen nahe ist) und nicht mehr als 16-jährige durchgeht. Leider ist die mißtrauische Stephanie, die in der Vergangenheit ihres Stiefvaters stöbert und Beunruhigendes ahnt, doch zu klischeebeladen geraten.
Die Musik geht ebenfalls über den Genredurchschnitt hinaus und paßt besonders zum schaurigen, nervenfetzenden Showdown. Genauso überzeugend ist die Kameraführung: Wenn Stephanie nach Hause kommt - nichts Böses ahnend - und Jerry mit seinem irren Blick leise zu sich sagt: “Du bist ein böses Mädchen!”, fährt die Kamera dicht an dessen Gesicht heran und überträgt eindrucksvoll auf den Zuschauer, was im Kopf des angeblichen Biedermanns vorgehen mag. Sie vermittelt auch eine düstere, zum Teil sogar albtraumhafte Atmosphäre.
Dennoch sieht man bei “Stepfather” (Alternativtitel) teilweise ein wenig Humor hervorblitzen, wenn etwa Stephanie in der Erwartung einer neuen Psychiaterin (nach dem Tod ihres Vorgängers) die Tür öffnet und dort eine stocksteife knöcherne Frau auf dem Stuhl sitzen sieht - also das krasse Gegenteil des burschikosen, freundlichen Psychiaters.
Fazit: Höllisch spannender Psychothriller, der seinen Nervenkitzel einem famosen Spannungsaufbau und der Präsenz eines hervorragenden Hauptdarstellers verdankt. Das krönende Finale fällt zwar recht blutig aus und ist sanften Mägen nicht sehr zu empfehlen, allerdings ideal für jemanden geeignet, der sich so richtig unterhalten lassen möchte.