Romantic Comedy ist immer so eine Sache. Die meisten Exemplare dieser Gattung sind kitschig und entbehren jeder Form von Realismus – doch einige wenige können dennoch beim Zuschauer punkten, wie z.B. „Weil es dich gibt“ oder eben „Schlaflos in Seattle“.
Natürlich braucht man auch hier zwei Partner, welche man nachher als das neue Traumpaar bejubeln kann. Als männlicher Part muss hier der Architekt Sam Baldwin (Tom Hanks) herhalten, der nach dem Tod seiner Frau mit Sohnemann Jonah (Ross Malinger) nach Seattle zieht. Der Sprössling ist jedoch gar nicht davon begeistert, dass Daddy Frust schiebt und ruft deshalb bei einer Radiopsychologin an, die Sam bittet, von seiner Frau zu erzählen. Hanks mit seinen Komödienwurzeln passt da auch wunderbar in die Rolle des schlurfigen Witwers mit den lockeren Sprüchen.
Ebenjene Sendung hört auch die Journalistin Annie Reed (Meg Ryan) im Radio und ist gerührt von Sams Erzählungen. Sie selbst ist bereits verlobt mit Walter (Bill Pullman), einem grundsoliden Typen. Natürlich heißt grundsolide im Bereich Romantic Comedy kreuzlangweilig, weshalb der Zukünftige ein solcher Waschlappen ist (zig Allergien usw.) und die Beziehung der beiden als reine Routinesache dargestellt wird. Dem männlichen Publikum tut Walter zwar leid, denn jeder weiß, dass die arme Sau seine Verlobte ohne eigenes Verschulden verlieren wird, aber derartige Filme richten sich ja meist eher an die holde Weiblichkeit.
Annie will ein Interview mit Sam machen, denn auf die Radiosendung hin melden sich Unmengen ergriffener Frauen, die den sympathischen Witwer unter ihre Fittiche nehmen. Die Weichen Richtung Happy End sind gestellt, doch es folgen diverse Irrungen und Wirrungen, damit die ganze Chose auf Spielfilmlänge kommt.
Um es gleich vorwegzunehmen: „Schlaflos in Seattle“ bietet nichts Neues, denn man weiß wie der Film ausgehen wird – wie bei eigentlich allen Romanzen, die so über Leinwand und Bildschirm flimmern. Die Kunst bei dieser Art von Film ist einfach die, das Ganze so unterhaltsam zu verpacken, dass sich der Zuschauer trotz aller realitätsfernen Märchenhaftigkeit und der totalen Vorhersehbarkeit nicht langweilt.
Da ist Humor ein allseits beliebtes Mittel zum Erreichen von Kurzweiligkeit und auch „Schlaflos in Seattle“ punktet auf dem Sektor. Vor allem Sams schnoddrige Sprüche, meist im Disput mit Sohnemann, reizen immer wieder zum Lachen und machen auch den Löwenanteil der Witze aus. Lediglich ein wenig Satire auf Geschlechterklischees (Stichwort: Heulen bei Filmen) ergänzt das Ganze, doch im Bereich Humor verlässt sich der Film fast voll auf Hanks – und gewinnt.
Doch auf der anderen Seite ist „Schlaflos in Seattle“ zwar kitschig, doch das auf äußerst angenehme Weise. Wenn dann sämtliche Nebenbuhler ohne nennenswerten Widerstand ausgeschieden sind (Walter verzichtet sogar aus Edelmut; als ob es da in der Realität oft gäbe) und sich das Paar in die Arme fällt, dann seufzt man kurz glücklich, ehe man dann in den eigenen, weniger märchenhaften Alltag zurückkehrt. Die rührendste Szene des Films ist jedoch sicherlich die, in der Sam der Radiomoderatorin von seiner Frau erzählt – hier ist „Schlaflos in Seattle“ sogar zwischenzeitig ganz großes Gefühlskino.
Zudem erweist sich die Wahl der Hauptdarsteller als echter Glücksgriff. Meg Ryan schafft den Spagat zwischen patent und schmachtend ziemlich gut, doch Tom Hanks als Identifikationsfigur deluxe ist noch ein End besser. Rosie O’Donnell leistet Solides als Comedic Sidekick, die wenigen Auftritte von Rob Reiner sind mal wieder köstlich und auch Bill Pullman sowie Hanks-Ehefrau Rita Wilson bieten keinen Grund zur Klage.
„Schlaflos in Seattle“ mag ja vorhersehbare Romantic Comedy sein, aber ein gelungenes Exemplar dieser Sorte, dank witziger Sprüche und der richtigen Portion Gefühl, wenngleich bisweilen etwas kitschig.