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„Durch Schmerzen und Mitleidlosigkeit haben wir ihn gelehrt, uns alle zu hassen! Wir haben ihn uns zum Feind gemacht!“ (Abrams und Spielberg über mich als Zuschauer)

Mit dem US-amerikanischen Spielfilm „Super 8“ aus dem Jahre 2011 drehte Regisseur J.J. Abrams („Star Trek“) einen Science-Fiction-Thriller „für die ganze Familie“, den er mit Komödien-, „Coming of age“- und Drama-Aspekten vermengte und der zugleich Charakteristika einer Hommage an vergangene Filmtage aufweist. An der Produktion beteiligt war u.a. Steven Spielberg.

Das Jahr 1979 in der US-amerikanischen Kleinstadt Lillian, Ohio: Eine Gruppe vor- bzw. frisch pubertierender Heranwachsender möchte mit einer Super-8-Kamera einen Zombie-Film nach Art George A. Romeros drehen. Als sie eines Nachts Aufnahmen am Bahnhof zusammen mit ihrer gleichaltrigen Bekannten Alice (Elle Fanning, „Der seltsame Fall des Benjamin Button“) drehen, werden sie Zeuge, wie ihr Biologielehrer Dr. Woodward (Glynn Turman, „Burlesque“) mit seinem Pickup absichtlich ein Unglück provoziert und unter Einsatz seines Lebens den Zug entgleisen lässt. Er rät den Kindern, Stillschweigen zu bewahren und Joe (Joel Courtney, „The Between“), einer der Jungs der „Filmcrew“, nimmt einen geheimnisvollen Metallwürfel vom Unglücksort mit, von denen Tausende verstreut liegen. Die Nachwuchsfilmer müssen drei Tage auf die Entwicklung ihres Films warten, während denen Seltsames in der Kleinstadt vor sich geht: Die Hunde scheinen aus der Stadt zu fliehen und elektronische Bauteile verschwinden spurlos, später auch Menschen. Der Zug gehörte dem Militär, welches das Gebiet abriegelt und die Einwohner evakuiert. Auf dem entwickelten Film machen die Jungs die Entdeckung, dass eine unheimliche Kreatur aus dem Zug entwich. Und zu allem Überfluss ist auch noch Alice nicht mehr auffindbar, zu der Joe zarte Gefühle entwickelt halt – zum Missfallen seines Vaters (Kyle Chandler, „Argo“), dem Deputy der Stadt, der Alice’ Vater (Ron Eldard, „Sleepers“) für den Unfalltod seiner Ehefrau und Mutter Joes verantwortlich wähnt...

Was in schön reproduzierter End-’70er-Atmosphäre als Hommage an frühjugendliche Horrorfilmbegeisterung und den Beginn der Filmleidenschaft Heranwachsender vielversprechend startet und mit augenzwinkernder Ironie zu begeistern weiß, flacht bereits nach dem computergenerierten Zugunglück ab in einen nach mit allen Zutaten der „Mainstream-Formel“ aufgeblasenen „Blockbuster“, der unbedingt auf Nummer sicher gehen möchte und jegliche eigene Identität aufgibt. Zwar erinnert die Kleinstadt-Szenerie in ihren besten Momenten an von Stephen King heraufbeschworenes suburbanes Grauen und versteht es, auch mit der Ausarbeitung ihrer einzelnen Charaktere zumindest partiell über den reinen Ansatz hinaus zu punkten, doch ist „Super 8“ für eine Komödie zu ernst und rührselig geraten und für einen Film, der ernstgenommen werden will, zu witzig und zu oberflächlich-locker. Mal nimmt der Film sich und seine Charaktere ernst, mal ganz und gar nicht. (Achtung, ab jetzt folgen Spoiler! Wer sich den Film noch immer ansehen möchte, sollte an dieser Stelle das Lesen einstellen.) Da wurde sich kräftig bei Vorbildern von Familien-Science-Fiction à la „E.T.“ – ein Außerirdischer möchte nach Hause – über Kinder-Abenteuerfilme der 1980er – die Kinder sind’s, die sich gegen die ignorante Erwachsenenwelt behaupten und ein gutes Ende herbeiführen – bis hin zu King’schen Jugendtraumata der Marke „Es“ – zusammenhalten müssende Außenseiter, Familientragödien, unterirdisch lebende Kreatur, die betäubte menschliche Körper in einer Art Vorratskammer aufbewahrt – bedient und alles zu einer kitschigen, spielbergesk auf Familienunterhaltung getrimmten Suppe verrührt, die das Thema der eigentlich gar nicht so bösen, auf der Erde gestrandeten, doch vom US-Militär misshandelten außerirdischen Kreatur ausbeutet und letztlich nur unzureichend bedient.

Zugegeben – wenn man die fremdartige Spezies dann irgendwann auch endlich einmal zu Gesicht bekommt, sieht sie nicht schlecht aus, und auch die Idee mit den mysteriösen Würfeln, aus denen sich die extraterrestrische Lebensform per Telekinese ihr Raumschiff zusammensetzt, ist nicht schlecht; vielleicht weiß ich aber auch nur nicht, woher diese Idee wiederum ausgeliehen wurde. Doch der weg zum ultrakitschigen Ende enttäuscht mit der vorhersehbaren Gewissheit, dass keiner der „Guten“ das Zeitliche segnen wird und ist gespickt mit Logiklöchern. Natürlich wissen die Kinder sofort, wo sie Dr. Woodwards Aufzeichnungen suchen sollen, geht die Bevölkerung unfassbar gleichgültig mit der Evakuierung um und lässt sich die Stadt selbst, als sie zum wahrhaftigen Kriegsgebiet wird, wie während eines Spaziergangs durchstreifen – stellen sich Amis so Krieg vor? Spätestens hierdurch wird der mit etwas Wohlwollen erkennbare militärkritische Unterton ad absurdum geführt. Und während all dem klingelt der auf Dramatik komponierte Bombast-Score in den Ohren.

Die größte Stärke von „Super 8“ ist die titelgebende Filmtechnik, denn wann immer diese zum Einsatz kommt und sich die Rotzlöffel um ihr Filmprojekt kümmern, geht einem das Herz auf. Da werden Horrorklischees aufs Korn genommen, Seitenhiebe auf Amateurfilmer verteilt, da wird der Spaß am Medium Film, am Experimentieren mit Einstellungen und Perspektiven und am Herummantschen mit Spezialeffekten spürbar und man fühlt sich an ambitionierte Projekte – ob nun im Zusammenhang mit Film oder ganz etwas anderem – seiner eigenen Kindheit/Jugend erinnert. Ja, da empfindet man manchmal gar das King’sche erst Zweckgemeinschafts-, dann Verschworenheitsgefühl Jugendlicher, die nicht bei den Großen und Coolen mitspielen dürfen und deshalb ihr eigenes Ding auf- und durchziehen müssen – und schließlich über sich hinauswachsen. Insofern lohnt es sich tatsächlich, bis zum Abspann auszuharren, denn dort wird das auf wunderbare Weise Zombie-Filme karikierende, fertige Werk der Nachwuchs-Romeros komplett gezeigt. Und gerade diese Jungdarsteller sind es auch, die Abrams überambitionierten und aufdringlich kommerziellen Film retten, denn sie versehen ihn mit dem Zauber jener schicksalhaften Jahre im Leben eines Menschen, sind reif genug, ihre Emotionalität differenziert einzusetzen und lassen es auch zwischenmenschlich knistern. Fazit: Die Jungmimen empfehlen sich für weitere Filme, Abrams, Spielberg & Co. sollten besser abtreten – oder sich um vernünftigere Drehbücher bemühen.

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