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Früher war alles besser - auch wenn der Spruch größtenteils nur klischeehafte Phrasendrescherei darstellt, kann man ihm doch manchmal einen gewissen Wahrheitsgehalt nicht absprechen. Während uns George Lucas Ende der 70’er in den Weltraum entführte (“Star Wars”), Robert Zemeckis in den 80’ern Zeitreisen unternahm (“Zurück in die Zukunft”) und Steven Spielberg in den 90’ern prähistorische Wesen zum Leben erweckte (“Jurassic Park”), ist heute hingegen nur noch selten diese gewisse Magie im Kino zu spüren - was angesichts der Tatsache, dass man mittlerweile fast alles schon mal gesehen hat, auch irgendwie Sinn ergibt. Dennoch ist das keine Ausrede für die Seelenlosigkeit vieler aktueller Blockbuster. J.J. Abrams präsentiert mit “Super 8” nun einen Streifen, der den Geist längst vergangener Tage atmet und eine Hommage an das klassische Filme-Machen an sich darstellt.

Ende der 70’er in der amerikanischen Kleinstadt Lillian: Der jugendliche Joe (Joel Courtney) will zusammen mit seinem Kumpel Charles (Riley Griffiths) und einigen weiteren Freunden einen Zombie-Streifen für das baldige Film-Festival drehen. Als eines Abends eine dramatische Abschiedssequenz ansteht, stößt  Joe’s heimlicher Schwarm Alice (Elle Fanning) zum Team dazu. Als Drehort soll ein alter Bahnhof samt vorbeirauschendem Zug dienen. Gerade als eben jener die Film-Crew passiert, fährt jedoch ein Pick Up auf die Gleise und lässt den tonnenschweren Koloss entgleisen. Die schockierten Kinder schwören sich, keinem von ihrem Ausflug zu erzählen und einfach ihr alltägliches Leben weiterzuführen. Aufgrund einer Häufung von äußerst seltsamen Ereignissen und der verstärkten Präsens des Militärs ist dies jedoch alles andere als einfach - scheinbar hat der Zug eine höchst brisante Fracht transportiert…

Abrams ließ verlauten, dass er seinen Streifen als Hommage an die früheren Werke von Spielberg (welcher hier als Produzent fungiert) ansieht. Doch auch ohne Kenntnis von dessen Klassikern wie “E.T.” oder “Unheimliche Begegnung der dritten Art” ist man bei “Super 8” nicht verloren - so bleibt nach wie vor eine nostalgische Reise in die Zeit, als das große Kino noch in den Kinderschuhen steckte und sich ambitionierte Filmemacher daran machten, neue und innovative Ideen umzusetzen. Der Streifen beschwört eben jene Magie der Vergangenheit herauf, indem er sie einerseits anpreist und anderseits auch selbst versprüht. Neben dem inhaltlich zentralen Aspekt des Filmdrehs (ein Highlight wartet während den Credits!) dürfen natürlich auch kleine Details wie bspw. der in Joes Zimmer hängende TIE-Fighter nicht fehlen. Passend zu dieser Verbeugung vor den alten Klassikern wird auch ein wichtiger Aspekt nicht vernachlässigt, welcher die Filme von damals so besonders machte: Die Charaktere und die menschliche Note.

Während sich moderne Großproduktionen vorzugsweise durch ihre effektvolle Technik (im schlechten Fall, siehe “Transformers 3”) oder ihre raffinierten und ausgeklügelten Drehbücher (im guten Fall, siehe “Inception“) definieren, stehen bei Abrams Mystery-Film ganz klar die Figuren im Vordergrund. Die jugendlichen Charaktere verleihen dem Spektakel eine überaus menschliche Note, wie man sie heutzutage nur selten zu sehen bekommt. Dies ist natürlich allen voran ein Verdienst der charmanten Kinderdarsteller: Dass Joel Courtney ein Kino-Debütant ist, würde man anhand seines lebendigen Spiels zu keiner Zeit vermuten. Sogar noch einen Tick besser ist Elle Fanning; im Gegensatz zu ihrer größeren Schwester Dakota, welche im ähnlichem Alter eher durch gesteigertes Nerv-Potenzial auffiel (siehe “Krieg der Welten”), liefert sie eine äußerst gelungene und allen voran reife Darstellung ab.

Die restlichen Jungschauspieler erhalten zwar augrund der geringeren Screentime ein weniger starkes Profil, können aber dennoch überzeugen. Als kleines Highlight dürfen hierbei die spritzigen Dialoge zwischen den Jugendlichen angesehen werden; die witzigen Schlagabtausche versprühen einen Humor, der keineswegs so infantil wirkt, wie man es angesichts des Alters des Casts vielleicht erwarten würde. Doch wo soviel Licht ist, muss auch etwas Schatten sein: Im Gegensatz zu der Jugendclique wirken die erwachsenen Charaktere weitaus weniger lebendig; hier werden leider die Hollywood-typischen eindimensionalen Klischees bedient. Da deren Rollen jedoch nur als Stichwortgeber dienen, ist dieser Malus zu verschmerzen.

Bei aller Liebe für die Figuren: Auch auf Schauwerte wird nicht verzichtet. Gleich zu Beginn wird demonstriert, wozu Kinos auf technischer Ebene heutzutage im Stande sind: Der Zugcrash wirkt allen voran durch die äußerst wuchtige Sounduntermalung dermaßen intensiv, dass man regelrecht in seinen Sitz gepresst wird. Abrams übertreibt es mit dem Effektgewitter jedoch nicht, sondern hält sich im Mittelteil angenehm zurück. Ganz langsam baut er hier das Mysterium auf, ohne zu viel zu zeigen oder zu verraten. Erst zum Ende hin regiert dann wieder kurz der Bombast, ohne jedoch an die anfängliche Intensität anknüpfen zu können. Generell gilt: Der Showdown kommt etwas mau daher. Zu überhastet lösen sich alle Probleme in Wohlgefallen auf, wodurch so einige Motive nicht gründlich genug hinterfragt werden. Den Gesamteindruck schmälert dies jedoch nur geringfügig - zumal man von Abrams seit “Lost” ja eh fehlende Antworten gewohnt ist ;-)

Fazit: J.J. Abrams Hommage versprüht die Magie der alten Schule. Seine sich ruhig entfaltende Mystery-Geschichte kann neben wohl dosierten Schauwerten allen voran mit einer zutiefst menschlichen Note überzeugen. Die Riege überaus gut aufspielender Jungdarsteller kaschiert kleinere Mängel und präsentiert eine liebevolle Verbeugung vor der Faszination des Films. Blockbuster-Kino mit Seele, wie es heutzutage rar geworden ist.

8/10

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