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"Heimelige Wiederbegegnung der Dritten Art"

Wer versetzt sich nicht hin und wieder gern in seine Kindheit zurück und schwelgt in nostalgischen Erinnerungen? Regisseur J.J. Abrams hat sich diesen Traum gleich in mehrfacher Hinsicht erfüllen dürfen. Der passionierte Filmfreak begann bereits als Grundschüler seine ersten Super-8-Streifen zu drehen, konsumierte nebenbei Unmengen von Horrorfilmen und war  darüber hinaus vom Science-Fiction-Kino Steven Spielbergs begeistert.
Anno 2011 dreht er nun einen von Spielberg höchstpersönlich produzierten Big-Budget Alienfilm für die ganze Familie, der in den späten 1970er Jahren spielt und von einer Gruppe junger Teenager handelt, die beim Dreh ihres Super-8-Horror-Homevideos eine außergewöhnliche Entdeckung machen. Das erinnert nicht nur in Thematik und Setting an Spielbergs Superhit E.T., auch der Inszenierungsstil ist unverkennbar dem der frühen 1980er Jahre nachempfunden. Mehr Retro geht praktisch nicht mehr.

Abrams größte "Retro-Leistung" bei Super 8 ist zweifellos, dass es ihm gelungen ist den besonderen Charme der die Blockbuster der 1980er Jahre auszeichnete in die heutige Zeit hinüber zu retten und einem damit umso schmerzlicher bewusst zu machen, dass dieser der ganzen Flut moderner - nicht nur Bayscher und Bruckheimerscher - Äquivalente gänzlich abgeht. Super 8 ist nicht nur ein Film für die ganze Familie, sondern vor allem auch ein Film über Familie, Freundschaft, Kindheitsträume und das Erwachen der ersten Liebe.

Im Zentrum steht der schüchterne und introvertierte Joe (Joel Courtney), der erst kürzlich seine Mutter bei einem tödlichen Unfall in der örtlichen Stahlfabrik verloren hat und sich nun mit seinem ebenfalls traumatisierten Vater arrangieren muss, der sich bisher nur wenig um ihn gekümmert hat. Sein bester Freund ist der pummelige Charles (Riley Griffiths), mit dem er die Liebe zu Horrorfilmen teilt. Gemeinsam mit ein paar anderen Jungs und der von Joe wie Charles gleichermaßen umschwärmten Alice (Elle Fanning) schleichen sie sich regelmäßig nachts aus dem Haus, um einen eigenen Super 8-Zombiefilm zu drehen. Dabei werden sie Zeuge einer spektakulären Zugentgleisung, die das Leben in ihrer Kleinstadt gänzlich auf den Kopf stellt.
Nur wenige Minuten nach dem Unglück wimmelt es von Militär, das alles abriegelt. Als tags darauf plötzlich Menschen verschwinden und elektrische Geräte verrückt spielen, macht sich allgemeine Panikstimmung breit. Während sich das Militär völlig bedeckt hält, beginnen Joe und seine Freunde als Einzige zu ahnen was vor sich geht, den ihre Kamera lief während des Zugunglücks weiter ...

Was wie eine wenig originelle Mischung aus den phantastischen Welten der beiden "Magic Stevens" (King und Spielberg) klingt, funktioniert auf der großen Leinwand lange Zeit prächtig. Abrams Liebe zu seinen filmischen Vorbildern ist in jeder Szene spürbar und lässt den Film trotz deutlicher Anleihen bei E.T., Jurassic Park, Krieg der Welten und seiner eigenen Monster-Pseudo-Doku Cloverfield weder wie einen billigen Abklatsch, noch wie ein uninspiriert zusammen geklaubtes Potpourri aussehen.
Vor allem in den zwischenmenschlichen Momenten gelingt Abrams eine zu Herzen gehende Mischung aus Melancholie, Witz, jugendlichem Übermut und kindlicher Abenteuerlust, die nie aufgesetzt oder kitschig wirkt. Einen großen Anteil daran haben die trotz diverser Spleens ihrer Figuren völlig natürlich aufspielenden Kinderdarsteller und die stimmigen Dialoge. Da stört es auch nicht weiter, dass die eigentliche Handlung nicht sonderlich originell ausgefallen ist und in diesem Genre so oder ganz ähnlich schon häufig  zum Einsatz kam.

Ist Super 8 also gar die Renaissance der noch Träume und Gefühle zulassenden Blockbuster der 1980er Jahre wie Zurück in die Zukunft oder die ersten beiden Star Wars-Sequels? Leider nicht ganz. Letztlich gehen Abrams in den Action- und Effektsequenzen am Ende dann doch wieder die CGI-Gäule durch, die das zarte Pflänzchen des zuvor so mühsam entwickelten Charmes brutal niedertrampeln.
Schon die Zugentgleisung erweckt den Eindruck eines ebenso überflüssigen wie selbstverliebten Versuchs hyperaktiver Computerfreaks, die entsprechende Szene aus Auf der Flucht mal so richtig in den Schatten zu stellen. Das ging jedenfalls ordentlich in die Hose und wirkt in dem bis dahin stimmungsvollen Film wie ein Sylvesterböller an Heiligabend. Ähnlich verhält es sich mit der Visualisierung des Außerirdischen, die Spielbergs Gegenstücke aus seinem Frühwerk wie Schmusekätzchen aussehen lässt. Auch hier schaden die Effekte dem Film und vertragen sich nicht mit dessem sanft-ruhigen Ton und wohlig-gruseliger Atmosphäre.

Zum modernen Klassiker - wie vielerorts behauptet - reicht es daher nicht. Trotzdem muss man Abrams dankbar sein, dass er die im Blockbusterkino so lange sträflich vernachlässigte Magie zumindest wieder zum Leben erweckt hat. Natürlich greift die häufig bemühte Weisheit „Früher war alles besser" zu kurz und ist nicht selten schlichtweg falsch, zumal Nostalgie und Verklärung immer gern Hand in Hand gehen.
Vielleicht weckt Abrams Super 8 bei der heutigen Jugend ja aber dennoch die Neugier auf das elterliche Kino. Und vielleicht müssen sich dann transformierende Roboter einem kulleräugigen Schrumpel-Männchen geschlagen geben. Retro hin oder her.

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