Lucio Fulci, ein Regisseur, der neben Dario Argento, wohl einen hohen Stellenwert im italienischen Horrorgenre hat, bildet mit Nightmare Concert einen seiner letzten Filme und gar dieser soll von ganz besonderer Bedeutung sein. War und ist Dario Argento für seine künstlerischen Giallos / Thriller bekannt, die gekonnt mystische Horrorelemte verbindeten, so zeichnet Lucio Fulcis Filme erst einmal eines aus. Die wirklich fast schon an Perversion grenzende Gewalt. Gore, Splatter, Gedärm ohne Ende. Da sich in diesem Elementen und der Hingabe dazu, schon irgendwo der Charakter eines Regisseurs einfliessen, dass konnte auch Fulci selbst niemals abstreiten. Seine Gewalt zeigt er bewusst und genauso ist es dieses Bewusstsein, dass zeigt, dass diese Gewalt nahezu schon verherrlicht wird, durch einen Regisseur, der nicht zuletzt durch seine misanthropischen Tendenzen, seine Gewalt als logisch und auch als Konsequenz sieht. Und all dies verallgemeinert und weiss NIGHTMARE CONCERT in vollen Zügen wiederzugeben. Nightmare Concert, mag zwar unbestritten irgendwo ein storyarmer Film sein, der unlogisch Splatterszenen zusammensetzt, aber allein dies ist und war auch beabsichtigt, sieht man mal die reine Intention dieses Films.
Lucio Fulci, Regisseur brutaler und morbider Horrorfilme leidet an Wahnvorstellungen. Seine Hingabe zu Gewaltakten in Filmen, mag zwar eine Selbstverständlichkeit sein, als diese sich aber in seiner Realität wiederspiegeln und er zwischen Film und Realität nicht mehr unterscheiden kann, beginnt er wahnsinnig zu werden. Völlig traumatisiert von seiner Arbeit, scheint er jeden Lebensablauf nicht mehr meistern zu können. Das Tartar im Edelrestaurant, das Erklingen der Motorsäge des benachbarten Gärtners beim Baumsägen usw. In allem entdeckt er Greultäten, die sich in irgendeiner Art in seinen Filmen wiederspiegeln könnten. Dinge, die ihn im Laufe seiner Regisseurzeit geprägt haben, eben diese Gewalt, lassen ihn zu einem Monstrum werden, der sich diese Gewalt fest eingeprägt hat. Perversionen, Zerstückelung, alle jene Zerstörung. So beschliesst Fulci einen Psychiater aufzusuchen, der ihm bei seiner Befreiung helfen soll. Nach dem Ansehen seiner kompletten Filme, entdeckt der Psychiater das Problem, ja in der Tat, dass Problem, sehe selbst ich, schaut euch Woodoo, Zombie hing am Glockenseil und The Beyond hintereinander an und ihr würdet auch völlig traumatisiert und blutgeil umherlaufen. Nein, Spass beiseite. Der Psychiater unterzieht Fulci einer Hypnose, was er damit bezweckt, weiss allerdings bloss der Psychiater selbst. Der Psychiater, selbst ein irrer Frauenmörder, mit dem Hang zum Zerstückeln, lässt Fulci glauben, wenn er Wahnvorstellungen hat, er müsste sich die Schuld dafür geben. So kann der Psychiater ungehemmt und gewissenlos morden und Fulci selbst sieht darin sein Vergehen oder eine seiner morbiden Wahnvorstellungen.
Gut dieses Grundgerüst an Story mag simpel sein, die Aneinanderreihung von perversen Splatterszenen steht aber im ordentlichen Kontext zu der Gesamtintention dieses Werks. Denn das allein will man uns ja als Zuschauer zeigen oder glauben lassen wie es nunmal ist und dafür bedarf es nunmal keine grosse Story, zumal sich der Film ohnehin bloss um das eine dreht. Um Gore, und der wird uns zuhauf geboten. Hauptsächlich sind dies zusammengeschnittene Szenen aus "When Alice broke the mirror" oder aber "Sodoma's Ghost", die man uns in Fulcis Traumata vor den Kopf wirft. Als allgemeiner Fan, und das bin ich, schlussendlich kann ich sogar sagen, dass Fulci einer der Regisseure ist, die ich mit jedem Werk interessanter und symphatischer finde so freut man sich darüber alte Szenen hier in anderer Verbindung zu sehen, ohnehin ist es interessant genug, mit welcher Absicht sich diese Szenen einfügen und in welchem Zusammenhang sie stehen. Oftmals, und das verleiht diesem Film sowieso einen ordentlich Charme, spielt Fulci in diesem Film oftmals mit einer gewissen Ironie, dieser Film, irgendwo ein Gesamtkunstwerk über seine Filme, sein vollkommenes Werk, wird eigenhändig von ihm durch den Kakao gezogen. Und das selbst bewusst, spielt er hier mit Metaphern und zieht mit diesem abschliessenden Denkmal ein Resümee über sich, seine Filme und seine Hingabe zu abartigen Gewaltakten. Fulci mag zwar in seiner Endphase wenig Geld gehabt haben, viele seiner letzten Filme sind und waren grösstenteils auch wilde, chaotische und sehr schlechte Käsefilme, hatten aber weiterhin den typischen Stil eines echten Fulcis. Und das merkt man diesem Film ohne weiteres an. Er hat zwar keine echte Atmosphäre, Spannung ist unterdessen auch sehr selten vorhanden, vielmehr ist es die Intention die diesen Film mit all seiner ironisierten und selbstkritischen Darstellung interessant macht. Zweifelsohne ist die Darstellerkunst unter aller Sau, die deutsche Synchronisation ein Fall für die Mülltonne und das Bild mutet oftmals an schlechte Amateurproduktionen, aber in diesem Falle tut das wenig zur Sache. Die Tatsache, das sich Fulci hier selbst spielt mag ein Vorteil sein, seine gesamte Austrahlung, sein typischer schlürfender Gang und seine Grisgrämigkeit in seiner Mimik fügen sich gut in diesen Film ein. Daher sind hier auch die Splatterszenen mehr als konsequent, von superbillig bis sehr gut ist hier alles mal vertreten.
Fazit:
Ein mehr als gelungenes Denkmal von Fulci an sich selbst, mit dem er uns bewusst bzw. unbewusst seine tiefsten inneren Abgründe zeigt und dies mit verschiedenen Stilelementen auch irgendwo parodiert, ironisiert, ein ganzes Filmgenre, seine Filme und ihn als Person durch den Kakao zieht. Für Fulcifans ist Nightmare Concert ein gelungener Abschluss, wer Fulci schon immer zu wirr, konfus, pervers, selbsgerecht, eigenwillig, obszön, billig und seine Filme schon immer als unlogischen Schund abstempelt, wird diesen Film höchstens als peinliche Beleidigung abtun.
PS:
Dieser Film, gehört garantiert nicht in Kinderhände. In seiner kompletten Gewaltinszenierung gehört dieses Werk wohl zu dem abartigsten und perversesten, was man zu Gesichte bekommen kann.
7/10
Fulci is God !