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Ich habe mich lange gesträubt, mir John Carptenters Verfilmung des Stephen-King-Romans „Christine“ anzusehen, zu albern habe ich mir eine Geschichte um ein mordendes Auto vorgestellt. Aber Pustekuchen, ich wurde positiv überrascht! In Unkenntnis der Buchvorlage kann ich keine direkten Vergleiche zum Roman ziehen, aber anscheinend wurden, wie bei einer King-Verfilmung quasi unabdingbar, der psychologische Aspekt, die tiefen Einblicke in die Gefühlswelt der Protagonisten stark zurückgefahren und die Charaktere abstrahiert. Carpenter ist es dennoch gelungen, die Phantasie des Zuschauers anzuregen, indem vieles unausgesprochen bleibt und vom eigenen Logik- und Psychologieverständnis des Zuschauers zusammengesetzt und interpretiert werden will. Dadurch wirkt beispielsweise die Hauptfigur dieses Horror-Actioners, Arnie Cunningham, mitnichten flach und eindimensional. Sie muss sich vielmehr in einem oberflächlichen, gewalttätigen Umfeld behaupten, auf das diese Attribute eher zutreffen – woran er zu zerbrechen droht, bis ihm sein Aufeinandertreffen mit der schrottreifen „Christine“ zu neuem Lebensmut und einem radikalen Imagewechsel verhilft. Die Identifikation mit den wenigen sympathischen Charakteren fällt zumindest denjenigen leicht, die Außenseiterrollen wie die Arnies nachvollziehen können. Die größte Stärke des Films sind aber Carpenters Bilder und Effekte, die über eine geniale Ästhetik verfügen und sich dem Zuschauer förmlich ins Hirn brennen. Begleitet von einem stets stilsicheren, herrlichen Soundtrack voller im jeweils richtigen Kontext angewandter Rock’n’Roll-Klassiker entwickelt sich eine Atmosphäre, die einen sich sowohl nostalgisch verklärt wohlfühlen als auch im nächsten Moment staunen und erschrecken lässt. Letztendlich scheint es sich bei „Christine“ um eine Geschichte zu handeln, die einen ganz alltäglichen Horror beschreibt: Den, dass böse Kräfte die Labilität verunsicherter, gedemütigter Außenseiter für ihre Zwecke ausnutzen, indem Sie ihnen vorgaukeln, gut für sie zu sein. Gelungen!

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