Review

Ein Film, über den so viel Positives zu lesen war, wie lange nicht mehr über einen Hollywood-Streifen (u.a. die für Neuerscheinungen seltene Höchstwertung auf filmstarts.de), auch wenn sich mir, als eher oberflächlichem Kritiken-Leser, die Gründe nicht ganz erschlossen haben - dass es mit "Style" zu tun hat und dass für eine an ein grösseres Publikum gerichtete Produktion noch eine erhebliche Portion Gewalt dazu kommt, so viel hab ich noch verstanden ...

Nun, da ich "Drive" gesehen habe, kann ich die Kritiken nachvollziehen: Ein aussergewöhnlicher Film, den man gesehen haben kann, als Cineast wohl gar gesehen haben muss - und dennoch bin ich nicht 100 %-ig überzeugt.

Die Geschichte wird mit viel Ruhe erzählt, mit viel Stille, Charakter orientiert, es werden Menschen gezeigt, die sich sekundenlang stumm anstarren, alles sehr unaufgeregt und, trotz des Schauplatz' L.A., sehr europäisch (Regisseur Refn, der bereits als neuer Tarantino gehandelt wird, ist ja Däne..)
In Kombination mit dem speziellen Soundtrack - elektronisch und retromässig - ergeben sich hieraus ziemlich attraktive Bilder und eine sicher nicht alltägliche Atmosphäre. Dabei ist natürlich vor allem der Song "Nightcall" von Kavinsky zu nennen, eine krasse Mischung aus aktuellem französischen Elektro-Sound und Italo Disco anno '83, der mir bereits im Trailer aufgefallen ist und im Film zu Beginn stimmig während einer nächtlichen Autofahrt durch die Grossstadt gespielt wird (da werden Erinnerungen wach an "Miami Vice" und "In The Air Tonight"!)
Der lange als Talent gehandelte und nun augenscheinlich immer attraktivere Filmrollen ergatternde Ryan Gosling ist darstellerisch sicher keine schlechte Wahl für den weitgehend stillen Helden, auch wenn er physisch (schlank und spitznasig..) für manche als Action-Star nicht ohne Weiteres durchgehen wird ...
Der Film zieht seine eigenwillige "Arthouse"-Atttitüde allerdings bis zum Schluss konsequent durch, weshalb Zuschauer, die hier einen Action-Streifen/Thriller konventionellen Zuschnitts erwarten, womöglich weniger Freude haben werden. Daran ändern die spärlichen, kurzen Action-Szenen nichts, auch nicht durch deren Gewalt-Exzesse, die in diesem "Independent"-Kontext fast etwas deplatziert wirken.
Hinzu kommt, dass in der ersten Filmhälfte zwischen den Figuren einige spannende Konflikte aufgebaut werden, die dann aber eher enttäuschend und wenig überraschend abgehandelt werden.

Fazit: Kann man, wie erwähnt, sehen und hat im visuell-auditiven Bereich einiges zu bieten, doch der "Fluch der hohen Erwartungen" dürfte hier so manchen treffen ...
Und für einmal kann ich auch Meister Tarantino, mit dessem nerdigen Filmgeschmack ich sicher nicht immer übereinstimme, verstehen, welcher "Drive" auf seiner Bestenliste 2011 nur (aber immerhin) als "nice try" eingestuft hat ...

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