Review


Auftakt der Ausstrahlungen im Jahre 2011, der vorletzte Fall für Inspector Barnaby [ John Nettles ], welcher sich in seinem zwar weiterhin äußerlich beschaulichen, aber immer noch gar nicht so friedlichen englischen Dörfchen Midsomer nunmehr gar mit dem Fortschritt selber abkümmern muss. Der kurz zuvor stattgefundene Jahreswechsel als zumindest proklamierter Einstieg in die Neue Zeit, in der es zum Willen Einiger Abtrünniger zur Aufwärtsbewegung, ja zum Aufschwung und dafür und damit verbunden auch der Veränderung dieser doch eher veraltet erscheinenden, wie im Schlaf gehaltenen Gegend kommen soll:

Eigentlich zu einem "Open House and Garden Day" zur Besichtigung des hochmodernen Schnickschnack-Hauses bei Norman Swanscombe [ Peter Egan ] eingeladen, wird Inspector Barnaby Zeuge einer heftigen Auseinandersetzung zwischen dem schwerreichen Mogul und der "Midsomer Conservation Society", angeführt von Maureen Stubbs [ Joan Blackham ] und Angela Lawrence [ Dorothy Atkinson ], die das Dorf von derlei neumodischen "Geschwüren" freihalten will und sich deswegen auch dem geplanten "Pelfe Chase Development", einer zeitgenössischen Bebauungsanlage entgegenstellt. Als Maureen noch am selben Abend mit einem abgebrochenen Flaschenhals auf Swanscombes Gründstück ermordet wird, gerät dieser selbst, sein Architekt Clifford Bunting [ Alistair Petrie ], der Häuslebauer Geoff Rogers [ Hugo Speer ], der Landratsvorsitze und Befürworte von "Pelfe Chase", James Otley [ Dominic Mafham ], die Planungsbeamtin Liz Gerrard [ Amanda Drew ] und die Landverkäuferin Fiona Conway [ Linda Marlowe ] unter Verdacht.

Eine wirkliche Revolution steht dabei natürlich nicht an, wirft man zwar mit dem Blick auf und auch in Swanscombes schwerbepackten, wenig einladenden Haus einige modern erscheinende Accessoires in den Kader des Geschehens, und wird einer der dort installierten technischen Details auch einem mehr oder minder armen Mitbürger zum tödlichen Verhängnis; gestaltet sich die Aussicht der drumherum gezogenen Glasfassade und adäquat dazu auch die sonstige Handlung aber weiterhin als quasi Trautes Heim, als Phänomen des geistigen Schlaraffenlandes. So zeigt auch gerade der Swanscombsche Ausguck diesmal wie zur Beruhigung der anfangs vom Neubau erschreckten Sehnerven einzig die Fernsicht auf das umliegende sattgrüne Land der mittel-süd-englischen Provinz, erschaut man zwar abseits dessen auch hier und da noch mal Umspielungen von Flora und Fauna, aber erahnt nur von der Stätte der Modernität selber und so als Gegensatz das wahrhaftig ermutigend-blühende Gefilde. Es bleibt zumindest hier nicht bloß bei der Hoffnung, sondern noch der vollen Gewissheit, diesen Platz inniger Zuneigung vielleicht nicht gleich in Zukunft, aber zumindest im Jetzt weiterhin unverändert, weiterhin kaum dramatisiert, viel romantisiert und völlig unspektakulär und entsprechend komfortabel vorzufinden.

So wird auch hier [schon durch den Dreh in der Grafschaft Buckinghamshire] viel Wert auf einer Aura der "Landlust" gleich gelegt, durch bezaubernde Schrebergärtchen mit verhuschten Einfahrten und angenehm  verdunkelten Garagen flaniert, als willkommene Abkürzung in das eigene Heim- oder Fernweh, ein Gang wie in die denkmalgeschützte Kindheit, zu unbeschwerten Phasen des Alltags zurück. Als wohltuende Schmeichelei für das mittlerweile hektische Gemüt, dass diesen Ausflug nach Feierabend umso mehr genießen kann, umso beständiger und behutsamer zugleich die Erzählung um eigentlich gar nicht so feierliche Geheimnisse innerhalb der Backsteingemäuer beobachtet wird.

Denn wiedermals stehen in dieser nun bereits über 80 Episoden umfassenden TV-Musealisierung die Lügen und Intrigen im Vordergrund, die Ehebrüche und sonstige außerplanlichen Aktivitäten, die die letztlich auf Drei moderat angeschwollenen Morde als weiteres moralverletzendes oder kriminelles Verhalten verfolgen. Vandalismus, Sabotage und Einbrüche in gleich rauen Mengen wurde bereits vor dem Eintreffen von Barnaby und Zuschauer veranstaltet; das Auflösen der Verwicklungen darf man angesichts dieser schon bestehenden Tatsachen dann in aller Ausführlichkeit, nicht unbedingt in der logischen Reihenfolge, aber in der sentimentalen Erinnerung mit weichgeschnittenen Zügen begleiten. Hobbykriminalisten und andere Ratefüchse hätten sich die Person, die am Lautesten auffiel und letztlich auch das meiste Licht ins Dunkel brachte, sicherlich nicht bis zuletzt zur Befragung aufgehoben; selbst dann, wenn auch jetzt wieder die Zahl der mit Motiv ausgestatteten Figur ein halbes Dutzend Verdächtiger und deren unterschiedlichstes Netzwerk umfasst.

Ein Wirrwarr der Verhältnisse tritt dabei nur anfangs ein, wird die Eröffnung der Geschichte und die dort noch äußert knappe Vorstellung doch im Runden und prall Vollen Kreis gefeiert, während sich der gewohnt behagliche Fortgang im gelähmten Kollektivbewusstsein und die ebenso gewohnt weitgehend uninteressante, da gar nicht im Mittelpunkt, sondern eher im Hintergrund stehende, und so gleichzeitig verzögerte und erwartete Aufklärung mit und durch Einzelbefragungen im harmlosen Dialog erschöpft. Zelebrierte Entschleunigung in einer kontinuierlichen Welt mit noch unbestimmten Fakten, niemals mit Abnutzungs- aber auch mit Ermüdungserscheinungen. Barnaby selber, abgespannt und mit silberfädrigen Haar, kurz vor seinem Ausstand und Abtritt an den noch ominösen Cousin, und sein schläfrig wirkender, inzwischen dritter Assistent DS Ben Jones [ Jason Hughes ] sowieso, sind in dieser country living Idylle, in der Sehnsüchte generiert und für 90min auch erfüllt werden, auch im erstaunlich luftleeren Raum wahrhaftiger Zerstreuung. Außer in der trauten Zweisamkeit und dort mit direkter Rede wird sich um die Anwesenheit der Polizisten, selbst bei Streitigkeiten bis hin zu offen ausgesprochenen Drohungen niemals um den Gesetzeshüter in den eigenen Reihen gekümmert, hat er sich in dieser vorbildlich gepflegten Anlage schon verselbständigt, gehört zur Dekoration, stilvoll und gemütlich zugleich.

Details
Ähnliche Filme