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Im späten 15. Jahrhundert ist der junge Graf Edward de Vere (Rhys Ifans) ein Geliebter von Königin Elizabeth I., später wird er in einen Umsturzversuch verwickelt. Vor allem aber leidet er darunter als Adliger seine Dichtkunst geheim halten zu müssen. Als Autor seiner Werke gibt sich ein gewisser William Shakespeare aus...

1984 präsentiert der junge Regisseur Roland Emmerich mit "Das Arche Noah Prinzip" an der Hochschule für Fernsehen und Film in München einen phänomenalen Abschlussfilm, spätestens mit "Moon 44" (1990) hat er das Ticket nach Hollywood gelöst, wo er zum gefeierten Blockbuster-Regisseur avanciert, der nicht nur den widerlichen US-patriotischen "Independence Day" (1996), sondern auch starkes Popcornkino, wie "Godzilla" (1998) oder "The Day After Tomorrow" (2004) inszeniert. Für "Anonymus" kehrt der Regie-Star nach Deutschland zurück und versucht sich an einem Historiendrama aus viktorianischer Zeit. Dabei schimmert zwischen den Intrigen des Adels immer wieder ein Stückchen Emmerich-Gigantismus durch, allein die computerannimierten Hintergründe verleihen den Studiobauten in Potsdam Babelsberg, wo der Film komplett entstanden ist, ein ganz neues, ungeahntes Ausssehen. Letztlich geht es aber 120 min. lang um Ränkespiele in längst vergangener Zeit, die für den Zuschauer nicht immer leicht zu durchschauen sind, allein schon, weil der Film (inkl. Pro- und Epilog von einer Theaterbühne in der Jetztzeit) auf sage und schreibe 4 Zeitebenen spielt. Für diesen gewagten Drehbuchkniff können weder der Regisseur, noch die guten Schauspieler etwas, vor allem der Waliser Rhys Ifans ("Mr.Nice" 2010) als verkannter Poet und die Grande Dame des britischen Films Vanessa Redgrave ("Maria Stuart - Königin von Schottland" 1971, "Wiedersehen in Howards End" 1992) als gealterte Königin liefern eine starke Performance ab.

"Anonymus" gewinnt beim deutschen Filmpreis 2012 sechs Auszeichnungen, spielt aber weltweit nur die Hälfte seiner Produktionskosten von 30 Millionen US-Dollar ein. Vielleicht überansprucht die vollgepackte Handlung und die sprunghafte Erzählweise das Gros von Roland Emmerichs Publikum, alle anderen dürfen aber getrost einen Blick riskieren. (7,5/10)

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