Regisseur Pedro Almodovar würde ich schon fast als Urgestein des europäischen bzw. spanischen Films bezeichnen aber seine filmische Adaption des gleichnamigen Romans von Thierry Jonquet spaltet mich zum einen in Begeisterung wegen der hochwertigen und gut besetzten Verfilmung, zum anderen in vornehme Zurückhaltung weil er nicht vollends vermochte mich zu fesseln und durch die Überlänge auch etwas schleppend daherkam. Zusammengefasst kann ich den Film trotzdem für Almodovar Freunde und Fans und für offene Gemüter jenseits aller Genregrenzen empfehlen.
Die Story (OHNE SPOILER!) hier nur ganz kurz um jeglicher Vorbeeinflussung entgegen zu wirken. Der führende Arzt und Wissenschaftlicher Dr. Ledgard (Antonio Banderas) hält die junge Vera (Elena Anaya) in seinem Haus gefangen und benutzt sie als Versuchskaninchen für seine Experimente mit künstlicher Haut...... an dieser Stelle entscheiden schon sicher eine Reihe von Sehern sich auf diesen Film nicht einzulassen. Aber er stellt einen unglaublich selbstbewussten Genre-Mix aus Science-Fiction, Drama, Thriller und Horror dar, der mit passender stets prätentiöser Musik, mal Klassik, mal sphärischer Elektronik untermalt ist.
Das nicht zu fassend platte und nachhaltige Product Placement von BMW will ich auch mal verzeihen.....in gefühlt 15 Szenen fährt Antonio mit einem blinkeweissem gepimpten BMW 6er Coupe in das Bild...auch andere Beteiligte haben zufällig Fahrzeuge der Oberklasse dieses Herstellers....Das Buch kennend ist es für mich auch nicht entscheidend, daß Almodovar sich nicht an den Roman gehalten hat und davon in einigen wichtigen Teilen sogar abgewichen ist und einen wahnwitzigen Twist eingebaut hat der so nicht im Buch vorkam. Er hat sich damit von der Vorlage gelöst auch wenn das für Buch-Puristen nicht positiv zu bewerten ist was ich verstehe.
DIE HAUT IN DER ICH WOHNE ist ein angenehm skuriller und hochwertig verfilmter Augenschmaus der eine gute Abwechslung zum Hollywood Einheitsbrei darstellt, allerdings auch eine gewisse Offenheit gegenüber einer solch kruden Story beim Seher einfordert. Hier und da wirkt der Film auch überkonstruiert und vorhersehbar und ich kann verstehen, daß der Film die Seher-Gemeinde spalten wird. Von "langweiliger perverser kranker Kram" bis hin zu Lobeshymnen auf "perfektes und geniales Kino" wird alles zu hören sein.
Fakt ist, daß der Film eine sehr gute Präsentation des bekannten und ihm so eigenen old-school Voyerismus von Almodovar darstellt. Viele seiner Filme sind auch stets eine Reise in die Abgründe von Verlangen und Erotik zum einen, aber auch Gewalt und Tod zum anderen. So ist es auch mit dem vorliegenden Film. Es ist provozierender absurder Body-Horror und schon eher ein Film für Arthouse-Kino affine Zuschauer als für eine breite Masse oder auch Horror-Fans. Letztere könnte insbesondere die bewußte distanzierte Sterilität des Films irritieren.
Antonio Banderas macht seine Sache hervorragend und das gilt auch für alle anderen Rollen. Natürlich sollte man sich auf die schräge Story einlassen können und nicht so sehr logisch treiben lassen sonst wird man dem Film ablehnend gegenüber stehen. Das ist auch verständlich. Einiges ist nicht nachvollziehbar, das Verhalten der Protagonisten allemal nicht, vieles ist nicht logisch und mit normalem Menschenverstand zu erklären. Davon lebt aber die Story, sie verführt uns in eine Welt, in der die Emotionen, Sehnsüchte und egomanischen Phantasien die Herrschaft über die handelnden Personen haben....und das darf im Film doch erlaubt sein.....
7/10 Hautfetzen....äh....Punkten