Review

Paris ist schön, und glaubt man Woody Allens Darstellung in "Midnight in Paris", dann ist Paris ausschließlich schön und das in einem Ausmaß, dass es schon fast weh tut. Zugegeben: die Bilder, die Allen einfängt, zeigen eine zauberhafte Stadt, in die man am liebsten gleich einmal reisen möchte. Alles ist in ein magisches Licht getaucht und schimmert in goldenem Glanz vor sich hin. Das ändert sich im Laufe des Films auch nicht, sodass der Eindruck einer auf Hochglanz polierten, keimfreien und unwirklichen Welt entsteht. Das ist sicher Absicht, passt zum Konzept des Streifens und mag dem ein oder anderen gefallen, mich hat es irgendwann nur noch genervt - genauso wie der Rest des Films.
In der ganzen Geschichte findet sich aus meiner Sicht eigentlich kein sympathischer Zeitgenosse: weder der von Owen Wilson verkörperte Gil Pender, ein Schriftsteller, der seine Seele bisher an Hollywood verkauft hat, indem er belang- und harmlose Drehbücher schreibt, eigenlich aber nach Höherem strebt, noch seine Verlobte Inez (Rachel McAdams) oder eine der vielen anderen Figuren schafft es, dem Zuschauer irgendwie ans Herz zu wachsen. Und das liegt aus meiner Sicht daran, dass sie alle mit bemerkenswert negativen Eigenschaften (mal mehr, mal weniger beabsichtigt) ausgestattet werden. Was Allen da bei der Zeichnung seiner Charaktere macht, ist oft nur als ziemlich platt einzustufen. Nehmen wir etwa Inez und ihre Eltern: sie werden dem Zuschauer (alle Vorurteile bestätigend und noch übertreffend) als letztlich ungebildete, megakonservative, steinreiche und ungehobelte Amerikaner vorgeführt, die mal eben 20.000 Euro für ein paar "ach so schöne europäische Antikmöbel" hinlegen, beim abendlichen Empfang auf irgendeinem Event über den Dächern von Paris aber bedauern, dass kein kalifornischer Wein gereicht wird. Daneben steht dann als Kontrast der zukünftige Gatte, der sich über jedes angebrachte Maß in Selbst- wie Fremdkritik übt und damit immer wieder klarmacht, wie verabscheuenswürdig er die Welt seiner Verlobten und ihrer Eltern findet. Als Zuschauer weiß man dann wenigstens sofort, was man von diesem Pack zu halten hat...
Gil, der in seiner Zeit so unglücklich ist und die Goldenen Zwanziger idealisiert, erhält dann im weiteren Verlauf der Handlung die Möglichkeit, in diese Zeit einzutauchen (weil in Paris eben alles möglich ist!) und begegnet auf seinen mitternächtlichen Touren all den bekannten Größen der 20er Jahre, so etwa Hemingway, Fitzgerald, Picasso und Gertrude Stein (um nur einige zu nennen). Umgeben von diesen Künstlern kann er endlich den Weg der Erkenntnis einschlagen... alle weiteren Details spare ich mir. Am Ende wird er erleuchtet das Richtige tun - sich von seiner oberflächlichen Verlobten trennen, durchs goldene Paris wandeln und mit einer Seelenverwandten einer glorreichen Zukunft entgegenwandeln.

Mir ist bewusst, dass mein Urteil sehr hart ausfällt, aber so sehr ich mir durchaus vorstellen kann, dass einen dieser Film irgendwie begeistert und mit seiner Atmosphäre gefangennimmt und man ihn für originell hält - mich hat das ganze Gehabe irgendwann nur noch genervt. Vieles wirkt so unheimlich arrogant und richtet sich aus meiner Sicht an eine eingeschworene Gemeinschaft aus Bildungsbürgern, die sich gern in ihrer eigenen Genialität und Sensibilität sonnen und dabei zu wichtig nehmen. Das ist einfach nicht nach meinem Geschmack.

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