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Eine Wiederentdeckung von „Curse Of The Crimson Altar“ dürfte heute in aller Regel durch das Mitwirken der Horror-Ikonen Boris Karloff und Christopher Lee zustande kommen. Die Produktion selbst verströmt auf den ersten Blick wenig Reiz: Das damals wie heute altbackene Motiv des Altars bzw. der Opferung, eingebunden in den damals modernen, heute aber längst ausgeblichenen Stil der Swingin' Sixties, mit denen das Studio Tigon British nicht nur einen scharfen Kontrast zu der angestrebten viktorianischen Kulisse nach dem Vorbild Hammers zog, sondern zugleich sämtliche Spuren H.P. Lovecrafts verwischte, der eine Kurzgeschichte mit ähnlichem Inhalt, aber völlig anderen Schwerpunkten schrieb.

Geblieben ist ein Karloff, der im Rollstuhl und im riesigen Ohrensessel eines großen, alten Anwesens kurz vor seinem Tod anmutet wie eine konzentrierte Schrumpfversion seines mächtigen Schattens von einstmals – was in seinem Fall aber auch bedeutet, dass er trotz seiner hilflosen Kümmererscheinung in ebenso konzentrierter Zusammenstellung mit erhobenem Finger alles kommentiert, was ihm vor die müden Augen kommt. Dass der altgediente Schauspieler jeden Dialog im Drehbuch kritisch beäugte, sieht man auch seiner Rolle an. Wie ein zynischer, kopfschüttelnder Kommentator wirkt sie, wie ein Schiedsrichter passiv das Spiel leitend, das knautschige Gesicht stets zu einer Maske des Aufmüpfigen oder des Trotzes verziehend; müde, aber mit durchaus wachsamen Augen. Lee indes, der gerade wegen Karloff mit an Bord war, erscheint in der Nähe seines Freundes ungewohnt mild, was die alternativen Überlegungen der deutschen Titelschmiede („Die Hexe des Grafen Dracula“) umso unpassender macht; von Dracula könnte dieser zuvorkommende Landlord trotz schurkischer Anlage kaum weiter entfernt sein.

Ganz und gar körperlos tritt die eigentliche Bedrohung auf, die einem konventionellen Horrorfilm eigentlich stets als bindendes Element dient. Eine kreischende, rennende Frau im Wald entpuppt sich als Teil eines Spiels, die in scharlachroten Lettern versprochenen Opferungen finden in bildverzerrenden Traumsequenzen statt, die mit der Optik eines LSD-Trips umgesetzt werden. Menschen mit Tierköpfen werden vermeintlich willkürlich mit Menschen in Fetischkleidung vermischt, in durchdringende Beleuchtung getaucht und von einem direkten Handlungskontext befreit. Handfeste, nackte Angst findet nicht statt, eher eine diffuse Ahnung davon. Ausladend bis ins Ausbeuterische zeigt Vernon Sewell lieber eine Drogenparty, um das zeitgenössische Publikum abzuholen. Ausgelassenheit, permanente Kleidungsknappheit und auch ein, zwei Messerspitzen Nacktheit werden als Portal in die okkulten Träume der Hauptfigur genutzt, die es ihrerseits auch faustdick hinter den Ohren hat und seit Lovecraft den Sprung vom Mathematikstudenten zum Frauenhelden geschafft hat. Barbara Steele indes, die mit Mario Bavas „La Maschera Del Demonio“ zum Star wurde, hat als Schauspielerin in diesem Kontext keine Gelegenheit, sich zu beweisen, weil sie dem Film vielmehr als optisches Gimmick und lebendig gewordenes Requisit dient – mit Ganzkörper-Bodypainting und gehörnter Krone untermauert sie die Ambitionen dieses Films, hauptsächlich über optische Reize Akzente zu setzen. So bieten sich der Kamera im „Grim's Dyke House“ nahe London immerhin unerwartet Räume für durchaus ambitionierte Bildkompositionen und ein ebenso inspiriertes Spiel mit Farben, das zwar nicht die Höhen eines Bava erreicht, einer Produktion mittlerer Klasse aber ebenso sehr schmeichelt wie die erstaunlich prominente Besetzung.

Im Drehbuch dagegen herrscht so etwas wie gepflegte Langeweile vor. So wie Mark Eden sich scheinbar endlos durch das große Anwesen bewegt, ähnelt sein Fortschreiten im Plot dem Pingpongspiel in einer Seifenblase, die er nur gelegentlich für kleine LSD-Exkurse verlassen darf. Das fatalistische Ende mag gar nicht so recht zu der labyrinthischen Ellipse dieser Handlung passen, gleichwohl seine Plötzlichkeit und seine Radikalität passenderweise wie das letzte Mittel erscheinen, die träge Handlung zu einem endgültigen Ende zu bringen.

Es ist dann auch eher die grimmige Atmosphäre, die Alpträume zu unterdrücken scheint und damit für einen gewissen Nachhall sorgt. Dass die Bedrohung im Film so diffus bleibt, mag sie innerhalb der Laufzeit schwach erscheinen lassen, verleiht ihr im Abklang aber doch einen gewissen Effekt: Wenn das lachende blaue Gesicht als Überblende den ganzen Bildschirm füllt und von höhnischem Lachen begleitet wird, bleibt vages Grauen zurück. Es ist nachvollziehbar, weshalb „Curse Of The Crimson Altar“ kein Klassiker geworden ist, zumal er wegen seiner modernisierten Elemente schlecht gealtert ist. Der Cast und einige handwerkliche Aspekte allerdings erzählen immer noch interessante Geschichten und bieten interessante Einsichten in den britischen Horrorfilm der 60er Jahre.

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