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Mash-Ups sind oft wirklich Geschmackssache. Für die einen ist alles besser mit Ninjas für die anderen mit Zombies. Hier sollen es nun Aliens im Wilden Westen sein. Auch wenn man sich im Bonusmaterial über die Einzigartigkeit der Idee auslässt, so gab es durchaus vorher versuche, die beiden Elemente zu verschmelzen. Ich denke da an das indirekte Vorbild Alien Outlaw oder Alien Desperados. Auch in Galaxina gab es eine Westernepisode im Science-Fiction Gewand. Überhaupt finden sich in Weltraumgefilden sehr häufig Querverweise zu Revolverhelden. In Cowboys & Aliens geht man die Sache definierter an. Es wird eine reine Westernkulisse gewählt, 1873, also etwa 8 Jahre nach dem Bürgerkrieg und noch drei Jahre vor Little Big Horn.
Die Erfahrung sollte die Filmfans vorsichtig vor eine Ausgangssituation wie dieser gemacht haben. Zwar gab es schon ganz gelungene Zombie- und Vampirfilme, die sich am Stil der Americana versuchten, aber genauso diente das Westerngenre schon zu oft als Kulisse für ein halbherzig nachgeschobenes Prequel, weil der eigentlich Stoff ausgereizt war. Der ein oder andere mag sich noch schmerzhaft an Tremors 4 – Wie alles begann oder Ginger Snaps III: Der Anfang erinnern.

Inwiefern man Cowboys & Aliens außerdem als Comicverfilmung ansehen darf, ist streitbar. Die Idee wurde von Scott Mitchell Rosenberg bereits 1997 an Universal und Dreamworks verkauft. Nachdem das Projekt von Steve Oedekerk umgesetzt werden sollte, aber bereits 1998 wieder verworfen wurde, gingen die Rechte wieder an Rosenberg zurück, der auch bei Columbia Pictures kein Glück hatte, weshalb schließlich 2006 eine Cowboys & Aliens Graphic Novel publiziert wurde. Jedoch genügt ein kurzer Blick auf die Synopsis, um klare Unterschiede der jeweiligen Handlung zu erkennen.
Jon Favreau, der regieführende Happy Hogan, für den ein oder anderen nicht nur aus seinen beiden erfolgreichen Iron Man Verfilmungen, sondern als Schauspieler auch aus grandiosen Geheimtips wie Very Bad Things ein bekanntes Gesicht, wollte für den neuen Anlauf von Cowboys & Aliens bei Universal / Dreamworks Robert Downey Jr. mitbringen. Daß der nicht konnte, war eine der glücklichen Fügungen, wurde als Ersatzmann doch Daniel Craig besetzt, der nicht nur aufgrund seiner Ähnlichkeit mit Steve McQueen eine wesentlich bessere Figur im Cowboy-Dress macht, als im britischen Zwirn. Fans von Eva Green beklagen möglicherweise, daß seine Partnerin aus Casino Royale seinem Wunsch, auch an Cowboys & Aliens teilzunehmen nicht nachgekommen ist. Schaut man sich Olivia Wilde in der in Frage kommenden Rolle jedoch an, kann man sich kaum vorstellen, daß die flotte Eva typmässig in das Spektakel gepasst hätte.

An Namedropping kommt Cowboys & Aliens genauso wenig zu kurz wie an Effekten, wobei sich Bombast mit eigentlich recht simpel umgesetzten, aber wirkungsvollen Tricks mischt. Die Story kommt nicht weit über ein übliches Invasionsszenario hinaus. Die Westernhälfte ist so dicht aufgebaut, daß man es nahezu als störend empfindet, sobald die Eindringlinge in das staubige Szenario vorstoßen. Umso mehr schlägt man sich als Zuschauer auf die Seite der Menschen, welche ihr bisheriges Dasein verteidigen wollen. Die Cinema beklagte die wenig komödiantische Ausrichtung:

"Fazit: Explosiver und kurzweiliger Genremix mit schlagkräftiger Starpower, dem etwas mehr Humor allerdings nicht geschadet hätte."

Auch hier muß man jedoch ganz klar von einem subjektiven Eindruck sprechen, der an die persönliche Erwartungshaltung gegenüber Cowboys & Aliens geknüpft ist. Jon Favreaus Umsetzung wirkt schon recht ernst, wenn er Daniel Craig von der Amnesie befallen, aber handgreiflich flink vor dem Örtchen Absolution in Arizona aussetzt. Ganz automatisch macht dessen mangelndes Erinnerungsvermögen ihn zum namenlosen Westmann. Woher sein exzentrischer Armschmuck stammt, weiß er genauso wenig, wie er seine Kampfkünste erklären kann. Ein Fahndungsposter versetzt ihn genauso schnell in die Gefängniskutsche, wie die Aliens unerwartet über die Siedlung herfallen und scheinbar wahllos Menschen aus der Masse greifen, die sie im Flug an Board ziehen. Craigs Figur entdeckt derweil die Vorzüge seiner Laserwaffe, die sich hinter der Manschette verbirgt.

Auch in Cowboys & Aliens sind die außerirdischen Angreifer gefälliger Anlaß einer kritischen Situation, die dynamisch auf die Menschheit wirkt. Infrastrukturell kaum auf Informationen über eine globale Invasion ausgelegt, wird die Attacke nur im näheren Umfeld ins Bewußtsein gerückt, was in den noch wilden Zeiten des Westens jedoch ausreichend Bewegung für einen Spielfilm verursacht. Cowboys & Aliens soll eben nicht die humoreske Seite von wenig freundlichen Besuchern aus dem All ausspielen, wie es Tim Burtons Mars Attacks! zum Beispiel gegenüber Roland Emmerichs eher in seinem liebevoll ernsten Ansatz unfreiwillig komischen Independence Day vermochte.
Die Aliens, widerlich lebensbedrohliche Wesen, sind nur die Scouts einer parasitären Spezies, welche auf die Ausbeutung des Planeten Erde aus ist. Abermals ist es der Impuls von Außen, der völlig gegensätzliche Charaktäre in der Not zusammenrücken läßt. Zeitgenössisch angepasst müssen so die Redlichen mit den Ganoven Hand in Hand arbeiten, wie auch die Weißen mit den Indianern, wenn es um ein Überleben der menschlichen Art geht.

Verzeilich ist, daß man ein paar der Ereignisse in Cowboys & Aliens dabei esotherisch beugt. Grandios jedoch ist vor allem Harrison Ford, den man durch seine erfolgreichen Rollen als Han Solo im Krieg der Sterne oder als Indiana Jones immer verhältnismässig jung in Erinnerung hat. Hier darf er als knurriger alter Knochen, der schon früh die brutalen Seiten des Lebens kennenlernen mußte, die Gültigkeit seiner unmenschlichen Maßstäbe erproben. Weil wir mit ihm schon so zahlreiche Abenteuer erlebt haben, fällt es umso leichter in ihm den Veteranen zu erkennen.
Mit Keith Carradine als Sheriff und Sam Rockwell in wenig westmännischer Rolle wurden weitere Facetten groß besetzt. Gerade noch vor dem Kitschalarm angelegt fehlen im Ensemble auch nicht ein kleiner Junge und ein Hund. Cowboys & Aliens ist auch nicht als Kinderfilm angelegt. Das amerikanische PG-13 war vermutlich eine Punktlandung vor einem gnädigen Kommitee. Daß der Film in Deutschland sogar ab 12 Jahren zugänglich sein soll, wirkt vor dem Hintergrund der weltweit durchaus in Richtung 15er Freigabe tendierenden Ratings sehr moderat.

Für erwachsene Freunde des phantastischen Films ist dies sicher genauso angenehm, wie die Kommentare der jüngeren Zuschauer über einen “Gummilook” der Außerirdischen, der von anderen als “oldschool” beschrieben wird und im Resultat vor allem plastischer als übliche Computerviecher wirkt. Insofern ist es wohlmöglich schwer, abgesehen von berechtigten Einwänden bezüglich der Dramaturgie (vornehmlich im Mittelteil), Cowboys & Aliens gegenüber einer Verklärung als Guilty Pleasure zu verteidigen. Vielleicht spielt die englische Originalsprache auch eine Rolle, die auch Grundlage für diesen Text war?
Vermutlich ist es ganz gut, daß so ein Film polarisiert, wie auch Universal, die den Markt strikt in DVD (nur Kinofassung) und Blu-ray (nur Extended Version) unterteilen. Ich jedenfalls zähle mich zu der Fraktion, die vorhandene Stärken begeistert aufnimmt und über die Impulse durchaus erfreut ist. Genau genommen war ich im Vergleich zu Jon Favreaus Iron Man Filmen sogar hellauf begeistert und möchte nicht nur Genre-Enthusiasten, sofern noch nicht geschehen, eine objektive Begegnung mit Cowboys & Aliens ans Herz legen, ist dieses Elaborat doch im Bereich des Westernmixes, aber auch des aktuellen Kinogeschehens wirklich bemerkenswert.

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