Auch wenn Sci-Fi-Actioner grundsätzlich nicht zu den logischsten Film-Genres gehören, darf man sich beim unausweichlichen Happy-End doch Folgendes fragen: Warum warten die allen Anschein nach seit langem hochentwickelten Aliens mit ihrer Invasion immer solange, bis uns der technologische Fortschritt solch schlagkräftige Militärmittel wie Panzer und Kampfjets bescherte? Ein Feldzug gegen Verteidiger mit ungenauen Musketen oder verstaubten Revolvern wäre doch ungleich einfacher und würde womöglich nicht in einer desaströsen Niederlage enden, wie sie bspw. die außerirdischen Aggressoren in “Independence Day” oder “World Invasion: Battle L.A.” kassieren mussten. Jon Favreaus Comic-Verfilmung “Cowboys & Aliens” greift diese Idee auf und verlegt den Krieg der Welten in die Zeit des Wilden Westens.
Inmitten der Wüste erwacht ein verwirrter Cowboy (Daniel Craig) ohne jegliche Erinnerungen. Lediglich eine merkwürdige Verletzung sowie ein seltsames Metallarmband geben kryptische Hinweise darauf, was mit ihm passiert sein könnte. Nachdem er sich in der nächsten Stadt verarzten lassen hat, stellt sich heraus, dass der Umherirrende Jake heißt und ein gesuchter Verbrecher ist. Gerade als er nach seiner Festnahme abtransportiert werden soll, wird die Siedlung von außerirdischen Flugmaschinen angegriffen. Die Bewohner müssen hilflos mit ansehen, wie einige von ihnen verschleppt werden - darunter auch der Sohn vom reichen Woodrow Dolarhyde (Harrison Ford). Erst als sich auf einmal Jakes Armband aktiviert, können die Angreifer mithilfe eben jener Apparatur in die Flucht geschlagen werden. Zusammen mit der mysteriösen Ella (Olivia Wilde) beginnt die Suche nach den Gefangenen…
Favreau erschuf mit den beiden “Iron Man” Teilen zwei sehr gute Comic-Verfilmungen, die allen voran mit ihrem schelmischen Witz überzeugen konnten. Wer sich von “Cowboys & Aliens” einen ähnlichen Humor erwartet, wird sich stark wundern: Auch wenn das herrlich erfrischende Setting eine perfekte Vorlage für ironischen Klamauk liefert, wird stattdessen eine überaus ernste Richtung eingeschlagen - ohne jeglichen Lacher bestreitet man ein überraschend seriöses Action-Abenteuer. Die Chance, aus diesen Bedingungen eine gekonnte Dramaturgie zu entwickeln, wird leider nicht genügend genutzt. Während die meisten Nebencharaktere zwar angemessen eingeschüchtert und mitgenommen wirken, ist die zentrale Figur des Jake zu übermächtig und motivationslos.
An diesem Punkt kranken leider auch teilweise die Action-Sequenzen. Da lediglich Jakes Armband eine probate Waffe gegen die Invasoren darstellt, bekommt man nur spärlich den namensgebenden Kampf zwischen Cowboys und Aliens zu sehen. Erst im angenehm ausführlichen, aber keineswegs zu langen Finale wird Jake vom Rest der Gruppe getrennt, wodurch ein ansehnliches Gefecht entsteht - hier kann das Aufeinanderprallen von alten Revolvern sowie Pfeil und Bogen auf außerirdische Kampfkraft endlich seinen Reiz entfalten. Die Auseinandersetzungen sind sauber inszeniert, können bezüglich der Effekte und des Bombasts aber nichts außerordentlich Spektakuläres bieten.
Wenn es gerade nicht kracht, kann man sich an den für Western typischen hübschen Landschaftspanoramen erfreuen, die von einem anständigen Soundtrack untermalt werden - auch wenn man keine neuen Klassiker im Stile eines Morricone erwarten darf. An der Darstellerfront sticht allen voran Harrison Ford positiv heraus, welcher eine tolle Vorstellung als schroffes Raubein mit warmherziger Seite ablegt. Daniel Craig kann seinen Charakter drehbuchbedingt nicht mit allzu viel Leben füllen und beschränkt sich daher auf größtmögliche Coolness, während Olivia Wilde mit ihrem passend-unnatürlichem Spiel einen Story-Twist schon sehr zeitig erahnen lässt - ob das gewollt war, ist fraglich. Der Rest der Nebendarsteller bewegt sich auf vernünftigem Niveau.
Fazit: Das Potenzial des wunderbar originellen Settings wird leider nicht ausgereizt - lediglich im Finale kommt das versprochene Aufeinandertreffen der Extreme wirklich zur Geltung. Der überraschend ernste Sci-Fi-Western krankt zwar an einer holprigen Dramaturgie, weiß dafür jedoch mit einem charmant aufspielenden Harrison Ford sowie den klassischen Westerntugenden, sprich schönen Landschaftsaufnahmen und atmosphärischer Musik, zu gefallen. Da die Aliens abgesehen vom Showdown keinen echten Mehrwert bringen, wäre ein reinblütiger Wild-West-Film womöglich qualitativ wertvoller gewesen.
5/10