Review

Arglistige Täuschung des angestrebten Publikums kann man den Machern dieses Films bestimmt nicht vorwerfen. Man bekommt exakt das geboten, was der Titel verspricht: Cowboys und Aliens. So gesehen weiß man hier ganz genau worauf man sich einlässt und dürfte damit eigentlich auch nicht enttäuscht werden. Tja, soweit die Theorie. Schon während der ersten Hälfte wünscht man sich wiederholt der Film hätte einfach nur „Cowboys" geheißen, ein Wunsch der sich bis zum Abspann zu einem regelrechten Verlangen gesteigert hat.

Irgend etwas muss hier schief gelaufen sein, dabei klingt ein Crossover aus Western und Science Fiction zunächst einmal recht vielversprechend. Klar, der erste konsequente Blockbuster-Versuch in diese Richtung ging ordentlich in die Hose. Das alberne und völlig überdrehte Will Smith-Vehikel Wild, Wild, West ist eine Verschwendung von Geld, Zeit und Talent, wie sie in diesem Ausmaß selbst Hollywood nur höchst selten passiert. Andererseits sind zahlreiche Science-Klassiker gespickt mit Westernmotiven wie Pioniergeist (Star Trek), schießfreudigem Draufgängertum (Han Solo in Star Wars) oder einsamem Heldenmut (Outland). Also nicht die schlechtesten Vorraussetzungen für einen erneuten Fusionsversuch. Zumal auch die Besetzung der Hauptrollen bereits im Vorfeld ordentlich Staub aufwirbelte.

Den aktuellen Bond-Darsteller und den letzten großen Abenteurerhelden der jüngeren Filmgeschichte aufeinander los zu lassen, ist ein Besetzungscoup der in umgekehrter Form ja bereist schon einmal prächtig funktioniert hat (Indiana Jones und der letzte Kreuzzug). Und tatsächlich ist das Zusammenspiel des kernig-kantigen Daniel Craig und des mürrisch-grantelnden Harrison Ford die große Stärke des Films. Vor allem Craig wirkt wie eine Reinkarnation des Mannes ohne Namen, dreckig, wortkarg, souverän und cool wie ein Saloon-großer Gefrierschrank. (Da ärgert man sich jetzt schon, dass Quentin Tarantino für seine Italo-Western-Hommage den Crossover-Versager Will Smith gecastet hat.) Aber auch Harrison Ford wirkt wie in den Sattel gegossen und gibt einen herrlich übellaunigen Rinder-Baron.

Dass die Western-Atmosphäre so stimmig geraten ist, liegt auch an der ausgezeichneten Arbeit von Matthew Libatique. Der Hauskameramann von Darren Aronofsky zaubert aus der rauen Felslandschaft New Mexicos sowohl motivisch wie auch lichttechnisch beindruckende Bilder, die das Herz eines jeden Western-Fans höher schlagen lassen. Gelungen ist auch die Exposition in der Craig als namenloser Fremder in das von Rindertycoon Dollarhyde beherrschte Westernkaff Absolution kommt und die festgefahrenen Strukturen mit einer einzigen Aktion gehörig ins Wanken bringt. Für eine Handvoll lässt hier kräftig grüßen. Doch bevor die (Vom Zuschauer) erhoffte Konfrontation mit Dollarhyde eskalieren kann greifen erstmals die Aliens an.

Bereits hier zeigt sich das Grundproblem dieses Handlungsstrangs. Einzig Craigs Charakter Jake kann den Invasoren Einhalt gebieten, da er über ein ominöses Armband verfügt, das gleichzeitig als Laserkanone taugt und selbst Jet-große Flugmaschinen vom Himmel holen kann. Alle anderen sind gegen die Außerirdischen Eindringlinge machtlos und werden entweder verschleppt oder getötet. Damit bleiben sowohl Spannung wie auch Überraschungsmomente Mangelware, denn obwohl sich so unterschiedliche Gruppierungen wie Banditen, Städter und sogar ein Trupp Apachen gegen die Aliens zusammen schließen, ist Jake deren einziger ernst zu nehmender Gegner.

Das wiegt umso schwerer, da das Skript nach der knackigen Einleitung auf der Stelle tritt und außer der Befreiung der Entführten keinerlei weitere Motive zu bieten hat. Wie so häufig wenn ein halbes Dutzend Drehbuchautoren an einem Skript werkelt, ist das Endergebnis entsprechend unausgegoren und zerfahren. So viel Einfallslosigkeit und Ideenarmut wie in diesem Fall ist aber dennoch überraschend. Lediglich Jakes nebulöse Vergangenheit und die Herkunft des geheimnisvollen Armbandes sorgen für etwas Mystery-Stimmung. Für einen hochbudgetierten 120-minütigen Genre-Clash ist das eher dürftig.

Erstaunlich auch das Regisseur Favreau ausgerechnet in seinem angestammte Terrain schwächelt. Weder die Special Effect-Sequenzen noch die zahlreichen Kampfszenen zwischen Mensch und Aliens wirken sonderlich beeindruckend oder gar innovativ. Das wäre so ähnlich vor einer Dekade auch ohne weiteres machbar gewesen. Darüber hinaus nervt wieder einmal das altbackene Creature-Design. Irgendwie muss jedes Mal der betagte Klassiker „Alien" herhalten, wenn es um gefährliche, extraterristische Spezies geht.

Am Ende ist man ausnahmsweise eimal enttäuscht, dass Trailer und Titel keine Mogelpackung waren. Cowboys & Aliens hätte ein richtiger Leckerbissen werden können, hätte man nur auf die letztlich faden Science-Fiction-Elemente verzichtet. Aber vielleicht sind Craig und Ford ja auf den staubigen Geschmack gekommen und heuern gemeinsam bei einem lupenreinen Western an. Ob der Titel dann irreführend oder nichtsagend ist, soll uns nicht weiter stören, so lange nur keine außerirdischen Viecher die schöne Wild-West-Atmosphäre stören.

(5,5/10 Punkten)

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