Man ist, was man ißt...
Und da sage noch einer, Frauen könnten keine harten und grausigen Filme drehen – hier ist der Gegenbeweis. 1847, während des amerikanisch-mexikanischen Krieges, wird der Captain John Boyd zwar befördert, wegen Feigheit vor dem Feind zugleich versetzt. Er findet sich in einem verschlafenen Fort am Rande eines Pfades durch die Sierra Nevada wieder, und das im Winter. Eigentlich ein ruhiger Job, würde da nicht ein ausgezehrter Fremder auftauchen und eine wilde Geschichte von Kannibalismus und Mord erzählen. Ein kleiner Trupp macht sich auf, zusammen mit dem Fremden den Ort der Untat aufzusuchen, nur um festzustellen, daß der Fremde nicht so schwach ist wie er scheint und seine Geschichte auch nur zum Teil wahr. Der Trupp wird getötet und gegessen, nur Boyd überlebt schwerverletzt. Doch kaum geheilt, muß Boyd feststellen, daß der Fremde wieder im Fort ist, diesmal als kommandierender Offizier, an der Spitze der Nahrungskette. Es ist nun an Boyd, dem Treiben ein Ende zu setzen, auch wenn er dafür selbst große Opfer bringen muß.
Ein indianischer Mythos besagt, wenn man das Fleisch eines Mensche esse, nähme man auch dessen Stärke in sich auf und werde so selbst stärker. Allerdings müsse man dann seinen Hunger künftig mit Menschenfleisch stillen, nur, um dadurch wieder stärker zu werden, unverwundbar irgendwann. Diese Sage ist der bizarre Ausgangspunkt eines bizarren Films, der nicht zu den großen Kassenknüllern zählt, aber durch und durch faszinierend ist. Man bekommt Härte zu sehen, Blut, Gewalt, dies alles aber nie zum Selbstzweck und auch nicht in Zeitlupe und Großeinstellung. Braucht es auch gar nicht, denn die Story ist grausig genug. Wenn man sich an den moralisch tiefgreifenden „Überleben“ erinnert und diesen um seine Moral erleichtert, aber dafür den Vorteil guter Nahrung hinzufügt, dann weiß man, wo man hier gelandet ist.
Frau Bird hat einen guten Film gedreht, der dank seiner Geschichte, aber auch dank seiner Schauspieler ( wahrlich dämonisch: Robert Carlyle ) fesselnde Unterhaltung mit immer wieder neuen kleinen Überraschungen und Gemeinheiten bietet. Spannend von Anfang an, auch gestützt durch einen guten Score von Damon Albarn, wird man auf intelligente Weise gefesselt und mit dem unschönen Thema Kannibalismus konfrontiert. Gut auch, daß der Held kein Supermann ist, sondern eher ein feiger Hund, denn dadurch wird sein Gewissenskonflikt noch wesentlich glaubhafter. Irgendwie ist dieser Film unangenehm, manche Bilder bleiben noch länger im Gedächtnis, und so freut man sich über den gelungenen Streich und damit den Beweis, daß außer Kathryn Bigelow noch andere Damen harte Filme drehen können. Nicht für jedermanns Geschmack ist das hier, aber ganz sicher lohnend – 8/10.