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Löbliche Ausnahme der diesjährigen kantonesischen Filmproduktion, die nicht nur zahlenmäßig weiter am Sinken, sondern auch qualitativ momentan nichts mehr an regionalen Werken, sondern nur noch Zuarbeiten für Chinesisches Kino am Bieten ist. Hier wird sich nicht nur auf die Lokalität, sondern auch die einstigen Stärken und dies mit Überzeugung und Gewissheit beschränkt, was dem eher klein gehaltenen, minimalistisch und gleichzeitig trotz reich an Erfahrung wirkenden Thrillerdrama mit die entscheidende Note am Beigeben ist:

Von seinem Bodyguard Yiu Kei-chor [ Richie Ren ] des Nachts an einen düsteren Tatort gerufen, kann der Business Tycoon nur noch den Tod seiner kurz zuvor entführten Tochter Daisy Wong Sin-ka [ Janice Man ] feststellen, was ihm im Affekt auch zur Erschlagung des von Yiu ebenfalls gestellten angeblichen Täters provoziert. Doch dieser ist nur einer der Nebenmänner von Pang [ Lam Lei ], der zusammen mit einem Barkeeper [ Jun Kung ] das Kidnapping vorgenommen und auch die bisher gescheiterten Lösegeldübergaben von 50 Mio HKD geplant hat. In seiner Wut und Verzweiflung heuert Wong unwissend von seiner Zweiten Ehefrau [ Maggie Cheung Hoh-yee ] und der allgegenwärtigen Assistentin Amy [ Candy Lo ] seinen Leibwächter zusätzlich zum Auffinden der Kriminellen und ihrer Beseitigung an; st über die strikt vollzogenen Auswirkungen aber bald selber erschrocken. Zudem erweist sich Pang als harter Gegner.

Erzählt in verschiedenen Rückblenden, die bis in die einst blühende und strahlend rosige Zukunft andeutende Kindheit des späteren Opfers zurückreichen, werden einzelne Puzzleteile der Geschichte in quasi kriminalistischer Form aufgedeckt. Ein Gimmick, das zuweilen unsicher in Bezug auf die Frage des Nutzens daran, nicht in der eigentlichen Behandlung und Anordnung ist. Dadurch, dass man die Handlung schon mit dem Tod beginnend nach vorn in das nun Folgende und zurück in die Ursachen und Aufklärung aufrollt, äußert sich das Skript und die Regie von Law wing-cheong mehr als Drama denn als Thriller, lässt die handwerklich soliden Momente von Entführung, Verhandlung und anschließende Geldübergabe nicht als oberflächliche Erzeugung von Spannung in Aktion, sondern vielmehr als erste Zeichnung der Hauptfiguren, als vorbereitende bzw. schon mitten im Gang befindliche Charakterisierung der noch folgenden Extremsituation von Schuld und Sühne sein.

Von Law, der sich vom Assistant Director mit Umweg auch über Editor und Executive Director in der Milkyway Image (HK) Ltd. Riege empor gearbeitet hat, mit ruhiger Hand und scheinbar einfachen Mitteln inszeniert, ergibt sich nach ersten unpassenden Minuten ein Gefühl vorstell- und miterlebbarer Natürlichkeit. Simplizität und Trockenheit in Bild und Dialog, dafür die moralische Schwere im Gewissen, die Last des Schmerzes und auch die Jagd nach Vergeltung, die inneren Frieden bringen soll, wo es keinen mehr gibt, zeichnen die Schwerpunkte der Komposition und auch der Absorption aus. Denn das Ereignis hätte in mehr mögliche Formen und Richtungen führen und auch so betrachtet werden können, geben die Alternativtitel Retribution und Abduction die weiteren Möglichkeiten der Veränderungen im Verhältnis und entsprechend andere Affektmodisierungen zu dem hiesigen Punished aus. Trotz mehrerer Szenen von Ermittlung und Beschattung, Verfolgung und Schusswechsel, die allesamt mit eigenem Vermögen, ideale Flächigkeit des Bildes oder auch mit schärfentiefen Hintergründen in den so fesselnd veranschaulichten Ablauf montiert sind, geht es vielmehr um den inneren Abgrund und die Aussagen über Gewalt und Schrecken und mögliche Vermeidung beider, die getreu des buddhistischen Ahimsa im Sinne der Gewaltlosigkeit umso deutlicher agitieren.

Dabei gilt die mit USD 3 Millionen ausgestattete, angenehm unauffällig gestaltete Produktion unter Vorherrschaft von Johnnie To [ dessen eigener Life Without Principle a.k.a. Death of a Hostage einst die Ausgangsidee hergab ] als eigens gefährliches, da heutzutage unkommerzielles und zusätzlich die chinesische Zensur herausforderndes Objekt. Nicht nur, dass die Frage der Vergeltung in Form von Selbstjustiz keine öffentliche diskutierbare, sondern von vornherein negierte Angelegenheit ist, auch weist die Bestandsaufnahme keinerlei eindeutig zuordbare Sympathien oder zumindest ein Einander-Zuwenden der innerhalb mehr als brüchigen Familien hier auf. Sowohl Wong als auch Yao haben Blut an den Händen, Wongs Kinder und Zweite Frau sind entweder zu offensiv oder passiv, seine Beziehung und Erziehung vollkommen versagt, das Heim eine ausgesuchte Hässlichkeit voll ständigem Streit, Unterdrückung, Missgunst und selbst optisch eine zusammenhangslose Tätlichkeit aus weißem Marmor, sterilem Mobiliar und artifiziell verschandelten Gemälden. Zudem ist auch der Nebenplot über die von Wong in Aufsicht und T.K. Chiu [ Charlie Cho ] in Ausführung geplante rücksichtslose Übernahme eines nahegelegenen Dorfes gegen den erbitterten Widerstand der Bewohner in seiner politischen und sozialen Brisanz für des Mutterland, bei dem die Bodenreform und staatliche Ausbeutung der Landbevölkerung im großen Stil betrieben wird, ein äußerst ungern gesehenes, hier trotzdem wie Alles Andere in Konsequenz angenommenes Thema.

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