Manche Filmperlen liegen im Regal und warten viel zu lange auf eine Sichtung. So erging es mir auch mit THE HUNTER. Der Inhalt des Films war mir von außen betrachtet nicht ganz klar, aber Willem Dafoe wollte ich nicht verpassen. Zum Glück. Und THE HUNTER beweißt mal wieder eindeutig, dass nur mit einer gelungenen Geschichte und einem guten Schauspieler einen ganzen Film nicht nur stemmen, sondern auch zu einem herausragenden Erlebnis machen kann. Hier braucht es keine Actionkaskaden, CGI-Rekorde, Liebesgeschichten, ausgefeilte Dialoge, Erotik, abgehobene Optik oder witzige Sympathieträger.
Allein Dafoe schmeißt den Laden allein durch seine starke Präsenz, seinen markanten Gesichtszügen und seiner Wandelbarkeit durch nur wenige Details und er liefert eine herausragende und preisverdächtige Leistung ab. Dabei ist selbst die Handlung oder der Umfang der Geschichte sehr überschaubar. Martin David (Willem Dafoe) wird von einem im Hintergrund agierenden Konzern als Söldner angeworben, den letzten tasmanischen Tiger zur Erlangung von Genmaterial zu erlegen. Eine Jagd auf das Phantom beginnt und verläuft natürlich alles andere als nach Plan….Im Mittelpunkt stehen vor allem anfangs die überragenden Landschaftsaufnahmen Tasmaniens die sprachlos machen, hier stimmt diese viel gebrauchte Vokabel wirklich.
Diese könnten locker als Hintergrund des nächsten Teils des HOBBIT dienen. THE HUNTER hätte sicherlich einige Actionelemente vertragen können, aber es ist die perfekte Dramaturgie, die sogar darauf großzügig verzichten kann. Die Kameraarbeit agiert souverän und geradezu entspannend old-school mit ihren ruhigen Fahrten und solide ausgeführten Schwenks ohne jedes Experiment, es gibt nahe Einstellungen ohne Übertreibungen und manches erinnert wie Aufnahmen aus einer Dokumentation über Tasmanien. Durch diese Arbeit an den Bildern und dem unprätentiösen Spiel Dafoe's, entsteht ein langsamer, aber stetiger hypnotischer bis mystischer Sog, der die Stimmung des Films vermittelt, ohne sie dem Zuschauer aufzuzwängen.
Das permanent stoische in Dafoe's Ausdruck mag anfangs befremden, aber es weicht nach hinten hin auf und nimmt emotionale und gar empathische Züge an. Dabei bleibt er stets rätselhaft wie auch sein Verhältnis zu der Familie, bei der er unter kommt und den dortigen Kindern. Ich würde THE HUNTER als Naturdrama bezeichnen und wer als Zuschauer alle paar Minuten Action braucht um bei der Stange zu bleiben, sollte sich woanders umtun. Wer aber sich einlässt auf diese mystische Reise zu den zwei letzten Exemplaren einer Art, der wird mit THE HUNTER mehr als belohnt. Man sollte sich vorher vielleicht nur über den Unterschied von "tasmanischen Tiger" (ausgestorben, der wird gesucht) und "tasmanischen Teufel" (noch existierend und im Film nur als Ablenkungsmanöver erwähnt) informieren.
8/10 Punkten