"Anguish" heißt übersetzt Pein, Qual, Angst, oder auch Schmerz, diese Elemente bekommt auch der Zuschauer zu spüren, wenn er sich zu intensiv auf die Hypnoseszenen konzentriert. "Im Augenblick der Angst" vom Spanier Bigas Luna (Die tätowierte Leiche, Macho) ist eine einmalige Angelegenheit, jedoch hat sich der Gute auch reichlich bei Lamberto Bavas "Dance of the Demons" bedient, sogar das Kino als Schausplatz stimmt überein. Auf jeden Fall räumte Lunas Film den goldenen Raben beim Brussels International Fantastic Film Festival ab.
Patty (Talia Paul) und ihre Freundin Linda (Clara Pastor) sehen sich den Horrorfilm "The Mommy" im Kino an. Dort wird der Chirurg John Pressman (Michael Lerner) von seiner Mutter Alice (Zelda Rubinstein) per Hypnose ferngesteuert. In einem Kino ermordet John die Leute während der Vorstellung und entnimmt ihnen die Augen. Schließlich verrammelt er die Türen und Panik bricht aus. Patty hat schon die ganze Zeit über ein seltsames Gefühl und plötzlich scheint der Film Wirklichkeit zu werden. Denn ein Wahnsinniger (Àngel Jové) macht das Kino dicht und richtet ein Massaker an. Linda kann entkommen und Hilfe holen, doch Patty befindet sich immer noch in der Gewalt des Psychopaten.
Hypnose ist auf jeden Fall eine Sache, der man Glauben schenken sollte. Die Hypnotherapie wurde wissenschaftlich als wirksam erachtet, Luna scheint dies am Publikum testen zu wollen. Denn immer wenn Alice ihren Sohn John hypnotisiert, drehen sich auf dem Bildschirm viele Kreise, ein Licht wandert von links nach recht und umgekehrt. Wenn man sich wirklich darauf konzentriert, könnte das durchaus funktionieren. Gerade diese Szenen sind visuel sehr kreativ gestaltet, doch die Film im Film Variante hat auch einige Schönheitsfehler. Obendrein ist der Beginn ein wenig langatmig geworden, wenn wir John und Alice zuschauen müssen, wie sie mehrere Minuten versuchen eine entkommene Taube in ihrer Wohnung zu fangen. Aber nach gut fünfzehn Minuten geht "Im Augenblick der Angst" ans Werk, denn John tötet seine Opfer nicht nur, sondern schneidet ihnen die Augen raus. Als kleines Problem kristallisiert sich die Hauptfigur Patty heraus. Mit ihrem ständigen Geplapper während der Vorstellung und ihren Panikattacken vermag sie schnell zu nerven. Über den Killer in der Realität erfährt man nichts, ausser, dass er im Kino bekannt ist und den Film schon oft gesehen hat. So wurde er wahrscheinlich durch den Film beeinflusst.
Das Ganze spielt sich nun auf drei Ebenen ab. Im Film mordet John im Kino, während auf der Leinwand "The Lost World" läuft. Derweil beginnt der Killer in der Realität das Kino zu verammeln und jegliche Störfaktoren einfach über den Haufen zu schießen. Nur Linda kann entwischen und Hilfe organisieren, komischerweise sind die Türen zum Kino dann nicht mehr verschlossen. Trotz einiger Patzer funktioniert die Verschmelzung der verschiedenen Ebenen sehr gut, man kommt besonders gegen Ende wirklich durcheinander, was Fiktion und Realität betrifft. Desweiteren wird hier extrem viel gemordet. John entnimmt seinen Opfern mit Hilfe spezieller Werkzeuge die er bei sich trägt die Augen, während der wahnsinnige vom Film beeinflusste Killer für jede Menge blutige Einschüsse sorgt. Richtig graphisch geht Luna zwar nur selten vor, aber die Erschießung zahlreicher Zivilisten ist schon sehr skrupellos. Doch vor dem gelungenen Finale hat "Im Augenblick der Angst" immer wieder kleine Durchhänger, richtige Spannungspitzen sind äußerst selten. Die Flucht von Linda ist da zum Beispiel ein Höhepunkt. Als Darsteller ragen besonders Zelda Rubinstein (Wishcraft, Poltergeist) und Michael Lerner (Godzilla, Maniac Cop 2), während Àngel Jové (Boom Boom, Lulu - Die Geschichte einer Frau) als Killer sehr blass agiert. Auch die ständig wimmernde Talia Paul bleibt austauschbar.
"Im Augenblick der Angst" ist mal eine Sichtung wert, Luna beweist hier durchaus Innovation, jedoch vermiesen ein paar Patzer das Gesamtbild. Desweiteren hat man doch einige Durchhänger zu verbuchen, richtig spannend wird es zu selten. Dennoch funktioniert die Verschmelzung von Fiktion und Realität durchaus.