Jay und Gal sind alte Kumpels aus Armee-Zeiten, die sich hin und wieder als Auftragsmörder verdingen. Doch seit einem Auftrag in Kiew, der gehörig schief lief, ist Jay nur noch ein Hänger, der der Arbeit aus dem Weg geht. Getrieben von seiner zänkischen Frau Shal nimmt Jay zusammen mit Gal aber doch noch einen letzten Auftrag an. Als bereits das erste Kill-List-Opfer, ein Priester, nett Dankeschön zur empfangenen Kugel sagt und das zweite, ein Bibliothekar, der irgendetwas mit Kinderpornos zu tun hat, Jay zu kennen scheint, nimmt das Unheil seinen Lauf: Jay rastet immer mehr aus und verschafft seinen bislang gut versteckten Psychosen Luft. Doch was hat das alles mit Gals neuer Freundin Fiona zu tun, die die beiden immer mal wieder beobachtet und die merkwürdige Zeichen in Spiegel ritzt?
Kennt jemand eigentlich noch den Original-„Wicker Man“ von 1973, jenen schrägen alten britischen Okkultthriller, bei dem man sich auch über fast die gesamte Laufzeit fragte, wohin die Handlung eigentlich gehen mag und warum der Streifen immer als Horrorfilm gehandelt wird? Nun ja, offenbar haben filmische Bastards in England eine lange Tradition, die jetzt mit Ben Wheatleys „Kill List“, einem krassen, schwer einzuordnenden Low-Budget-Streifen, der mit viel Handkameraeinsatz fast immer einen unverschleierten Blick in das hässliche Antlitz unserer Gesellschaft wirft, auf grandiose Weise fortgesetzt wird, denn auch bei Jays alptraumhafter Reise in sein ganz persönliches „Herz der Finsternis“ fragt man sich lange Zeit, welches Genre hier eigentlich angesteuert wird. Alles beginnt nämlich wie eine typische britisch-herbe Ehe- und Sozialstudie, die fast schon abzunerven droht, als endlich der lang ersehnte Thriller-Teil einsetzt. Doch auch dieser entfaltet sich nur schwer, weil er recht ungeschönt und wenig dramaturgisch aufgehübscht daherkommt (wer jetzt noch nach Mainstream hungert, der sollte sich von „Kill List“ verabschieden und schnell wieder zur süßlichen Popcorn-Theatralik eines „8 MM“ greifen). Zudem weist dieser Teil einige unangenehme Gewaltszenen auf, die trotz einer gewissen inszenatorischen Zurückhaltung (1. ist „Kill List“ kein reiner Splatterfilm und 2. wurde dieser mit TV-Geldern co-produziert!) extrem brutal und verstörend sind. Und dann kommt das Ende; dieses Ende, welches alles auf den Kopf stellt und wieder ungemein an den „Wicker Man“ zurück denken läßt. Schluss, Ende, Klappe. Gewagt, gewonnen. Auf DVD 16:9. Mit Neil Maskell, MyAnna Buring, Michael Smiley, Emma Fryer u.a.
© Selbstverlag Frank Trebbin