Review
von Con Trai
Abstecher in das Elitäre der kunstbeflissenen bzw. sich dafür Haltenden und/oder gerne sein Wollenden, die in dem treffend betitelten Master Class die hohe Würde des Bestseins gar im Wettbewerb austragen, in dem es nur einen Gewinner und ansonsten nur Verlierer, schmählich vom Hof gejagt gibt. Zeit für eine Tour der Arglist, der Kabale und der Liebe, die hier noch mit zwei gegensätzlichen Welten und gar sich wiederholenden Geschichten gespickt wird. Wobei wahrlich hinterhältige Machenschaften sowohl im Bewusstsein des Zuschauers und auch außerhalb seines Blickfeldes hier eher mit verschlagen durchgeführten Beobachtungen und dem Getuschel hinter der Hand abgelöst werden, und dafür gar ein direktes Opfer all der Irreführung im Schatten vergangener und künftiger Ereignisse im Vordergrund steht. Viel Fabelführung, jedoch unerschütterlich scheu und trotzdem so nah eines Sensationsromans:
Bei den alljährlich ausgeschriebenen Probeaufnahmen zur Einschreibung in das höchst vornehme Anwesen des Musiklehrers und berühmten Pianisten Sir Michael Fielding [ James Fox ] werden die jeweils 18jährigen Talente Zoe Stock [ Lydia Wilson ], Orlando Guest [ Matthew James Thomas ] und Francesca Sharpe [ Katherine Press ] in die enge Wahl zum Gewinner des renommierten Fielding Prize genommen. Sehr zum Verdruss des sich ebenfalls die Hoffnung machenden und in Zoe verliebten Benedict Marsh [ Richard Fleeshman ], der fortan aus der sicheren Nähe beobachtend den weiteren Verlauf des Auswahlverfahrens verfolgt, während sich die jeweiligen Eltern ihre eigene Taktik zum Beeinflussen der Konkurrenz und des Meisters sowie dessen ebenfalls mit Mitspracherecht ausgestatteten Schwestern Constance Fielding [ Frances Barber ] und Miriam Fielding [ Sylvestra Le Touzel ] zurechtlegen. Mitten hinein platzen in schneller Folge ein Attentat, zwei Morde, zwei Mordversuche.
In Ansehnung der Schönheit unterschiedlicher Bedeutung werden hierbei wieder und anders als in den nachfolgenden, in dem Faktor der Figurenzeichnung vergleichsweise plump gehaltenen Folgen die Charaktere ausnahmsweise nicht auf den ersten Blick eindeutig gezeichnet. So ist Mittelpunkt Zoe nur theoretisch eine verhuschte graue Maus, ein Mauerblümchen vor dem Knospen und Florieren, die aufgrund all ihrer Ungeschicklichkeit und Weltfremdheit anfangs scheinbar nur deswegen positiv auffällt, weil die Erzählung selber in einem isoliert abgeschotteten Kosmos voller alter Jungfern und ebenso blasierter Gentleman spielt.
Zu Beginn ein alles Andere als pulsierendes Setting, mit wohl schnell erkennbaren und so niemals umwälzenden Motiven, dass zudem noch mit einem hanebüchen inszenierten, da im Nebenher, wie als beiläufig herausgekehrte Erscheinung im trostbedürftigen Fassadenkleid formulierten Todesakt als Auftakt eingeleitet wird; direkt nach einer Musik- und vor der genauso unplastischen Bibelstunde und entsprechend steifen Regieanweisungen von Rountinier Renny Rye im erprobten Rezept.
Dem wählerischen Geschmack zu eigen, erscheint in diesem Makel der angelsächsischen Klassengesellschaft selbst Inspector Barnaby [ John Nettles ] in manch Momenten vergleichsweise als man of action, gar sein assistierender bzw. mitlaufender Langweiler Sergeant Ben Jones [ Jason Hughes ] bekommt eingeschlafene Füße angesichts des Umfeldes voll Pianogeklimper [ ein Dutzend Stücke, von Debussy bis Beethoven, von Bach bis zu Chopin ] und säuseligem Dialog.
So umgeben von gleichfalls sanften Mysterien, die zwischen später Pubertät der Jüngeren und vertrockneter Midlife Crisis der Erwachsenen liegen, stellt sich auch diese Ermittlung und Aufklärung der britischen Dorfpolizisten wohl als ohne Anmaßung bewegende Detektiverei dar. Als üblicherweise immer und ewigwährendes Warten auf die Dramaturgie und ihre auch nie vergehende Hoffnung, wird den Begebenheiten trotz zeitlicher Kompression, schicksalhaften Wendepunkten und raschem Vorliegen des Konfliktes ihren Lauf gelassen als tatkräftig eingeschritten oder forsch nachgefragt – Ausnahme: das Attentat – und ansonsten eher dem hochtrabenden Gefühl gefrönt. Treuherzig war die Belegschaft der potentiellen Mordverdächtigen noch nie, verschlagen wird nun noch ergänzt. Denn nicht nur die Geheimnisse der Personen werden versteckt, sondern die Wahrheit der narrativen Bestrebung ebenso. Nicht bloß, dass die auserkorene Schule ein komplettes Gegenstück zu dem sonst eher provinziellen, doch mit bauernschlauer Mischpoke statt Kultur und Bildung besiedelten Landstrich im fiktiven Midsomer, Causton darstellt, auch verhalten sich alle dort lebenden Anwohner wie eine spezielle Spezies zartnerviger, mit seltsamen sexuellen Gelüsten gepfropfter Scheusäle. Tragen die Manierismen schon mit der spitzen Nase in der Luft erhoben um sich herum und frönen dem konservierten Feingeist, welcher allerdings auch ganz andere, unbehagliche Züge zum Vorschein bringen und das bisherige Zimmer mit Aussicht erst in Richtung Schauermärchen, dann zu einem Thriller mit Abgründen, moralisch und ethisch verwandeln kann.
Wunderbar harmonisch sind dafür die Schauplätze gewählt, in williger Gefangenschaft des Heim- und Fernwehs, gerade das kleine herbstliche Waldgrundstück hinter dem rotbraun-dunklen Gemäuer sowie der nebelumschwängerte Bach samt winziger Brücke drücken ein geradezu in Einsamkeit und Wachtraum verwunschenes Milieu aus. Stilecht mit einem später besuchten Hexenhäuschen, dass der dann fast an Gaslicht-Krimis oder Wilkie Collins – Fantasterei erinnernden und be[un]ruhigend still in der schon frostigen Sonne liegenden Erzählung in gewohnter und so liebgewonnener Überlieferungstradition den optisch letzten Schliff beigibt.