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Was für einen Aufschrei ging durch die Gemeinde der selbsternannten Filmkritiker, als der Trailer von „Real Steel" im Internet geleakt wurde. Regieleichtgewicht Shawn Levy vergewaltigt die Genres Sportlerdrama und SciFi, indem er einen transformersartigen Kinderfilm draus schustert. Alle Voraussetzungen für ein unsachgemäßes Fundamental-Bashing waren damit erfüllt. Da fiel es dann auch nicht weiter auf, dass schon der Trailer das verspricht, was der Film über die gesamte Laufzeit von knapp zwei Stunden einlöst: Hochklassiges, wenngleich wenig innovatives Familienkino.

In der nahen Zukunft werden Kämpfe von ferngesteuerten Cyborgs ausgeführt. Abgesehen von dieser Grundprämisse dekliniert John Gatins in seinem Drehbuch die Standardplotpoints eines Sportlerdramas durch: Abgehalfterter und verantwortungsloser Ex-Boxer (hugh Jackman) steht vor dem Ruin, als er mit Hilfe seines elfjährigen Sohnes (Dakota Goyo) die Chance auf einen Neuanfang erhält. Als er lernt diese neue Chance zu akzeptieren, schaffen sie es mit Hilfe eines drittklassigen Sparringroboters bis in die höchste Profiliga.
 
Bezogen auf die Geschichte fühlt sich „Real Steel" in jeder Sekunde an, als hätte man „Over the Top" und „Rocky" einmal durch den SciFi-Wolf gedreht und trotzdem funktioniert der Streifen prächtig. John Gatins und Shawn Levy haben die offensichtlichen Vorbilder sehr gewissenhaft studiert und präsentieren eine genauso vorhersehbare wie perfekt geschriebene Sportlerstory mit Familiendrama-Einschlag. Wer befürchtet hatte, „Real Steel" sei ein Kinderfilm, sieht sich getäuscht. Dakota Goyo als elfjähriger Sohnemann ist zu keiner Zeit mehr als der zentrale Plotdevice, um den Protagonisten Hugh Jackman wieder in die richtige Spur zu bringen. Dabei wirkt er zwar genregemäß viel erwachsener als sein alter Herr, tappt aber dankbarerweise nicht in die Schublade „altkluges Nervgör". Routinier Hugh Jackman umspielt mit seinem raubatzigen Charme übrigens alle Anflüge von Kitsch, Pathos oder Klischee mit einer bemerkenswert lässigen und sympathischen Darstellung und leistet so einen zentralen Beitrag, dass „Real Steel" prächtig funktioniert. Auch Evangeline Lilly, als gutherziges Love Interest, findet die perfekte Mischung aus Sensibilität und einem sympathisch ordinären Charme. Auch inszenatorisch gibt es nichts zu beanstanden. Shawn Levy reichert seine Geschichte nicht nur während der perfekt choreografierten Kämpfe  mit beeindruckenden Schauwerten an.

Nach „Date Night" entwickelt sich Levy langsam aber sicher zum Perfektionisten des storydriven Krawallkinos. Dass er nach „Voll verheiratet", „Im Dutzend billiger", „Der Rosarote Panther" „Nachts im Museum I + II" auch die ernst(eren) Töne beherrscht, war so nicht zu erwarten. Erfreulicherweise besitzen seine Kampfbots zwar (dankbarerweise) keine eigene Persönlichkeit, aber trotzdem tausendmal mehr Seele als die turmhohe Transformerskonkurrenz.

Daran werde ich mich noch lange erinnern: Ritualisiert spricht Hugh Jackman seinem Kampfbot vor der entscheidenen Runde Mut zu und wird von seinem Sohn belehrt, dass dieser nur eine Maschine ist.

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