Review

Die Eröfnungssequenz ist grandios. Sie besteht aus überaus kunstvollen, ästhetischen apokalyptischen Phantasiebildern in Zeitlupe (in denen sich verschiedene Elemente bisweilen verschieden langsam bewegen) unterlegt mit Wagner, die unheimlich faszinierend und assoziativ, also durchaus gedankenanregend sind, gleichzeitig aber auch überstilisiert und eitel wirken und gestalterisch nicht zum Rest des Films passen, wie schon die Eröffnung von "Antichrist". Dennoch ist die Sequenz unheimlich faszinierend und daher ein Must See. In der ersten Szene nach dieser Eröffnung kokettiert Lars Trier mit seinem Frauenhasser-Image und zeigt in genüsslicher Ausgiebigkeit wie die von Kirsten Dunst gespielte Protagonistin zu dumm zum Autofahren ist, ständig den Motor abwürgt, beim Lenken dauernd versehentlich auf die Hupe drückt und die Karre fast vorn Baum fährt.

Danach weiß der Film aber durchgängig zu überzeugen. Im ersten Akt, der Hochzeitsfeier, geht es um aus der Bahn geratene Familienbeziehung und um aus der Bahn geratene planetarische Konstellationen, um kosmische Unordnung und eine in Unordnung versinkende Hochzeitsfeier. Im zweiten Akt, der Nacht nach der debakulös gescheiterten Hochzeit, nachdem die Gäste verärgert abgereist sind, geht es um den Umgang der beiden Schwestern Dunst und Gainsbourg mit dem drohenden Weltuntergang. Letztere, eine gut betuchte und familiär eingestellte Frau, sieht dem Ende mit Trauer und Angst entgegen und wird zunehmend zu einer machtlosen Getriebenen (nachdem sie vorher als Organisatorin der Hochzeitsfeier ihrer Schwester au dem Fest zumindest für ein bisschen Restordnung sorgen konnte), während die manisch-depressive Dunst den Weltuntergang offenbar als Erlösung von ihren Leiden und dem Elend der Welt sieht; in einer Szene "sonnt" sie sich gar nackig auf einem Felsen im blauen Licht des auf die Erde zurasenden Planeten.

Interessant sind zwei Dinge. Erstmal bekommt der Film nach der doch sehr klamaukigen Hochzeitsfeier im zweiten Akt eine wunderbar schwermütige Atmosphäre, was unter anderem daraus resultiert dass die auf der Hochzeitsfeier noch übermäßig eingesetzte Dogma-style Handkamera im zweiten Akt weitgehend aus dem Film verbannt wird und tatsächlich Ruhe einkehrt und überaus atmosphärische, wohlinszenierte Filmmomente geschaffen werden. Gleichzeitig wirkt diese Abkehr vom Dogma-Stil in der Mitte des Films wie ein selbstreferenzielles Statement des Lars Trier über seine Wandlung als Filmemacher.

Zum Anderen ist die völlige Reduziertheit des Weltuntergangs interessant. Der Film verharrt auf einem ländlichen Familienanwesen, alle Figuren verschwinden irgendwann von der Bildfläche, Hausbesitzer K. Sutherland gibt sich im Stall die Kugel, so dass nur noch die beiden Schwestern und ein paar kleine Kinder übrig bleiben. Das Geschehen ist völlig isoliert von der Außenwelt als ginge es hier nicht um das Ende der Welt, sondern bloß um das Ende einer Familie, insbesondere um das Ende zweier mit ihren seelischen Leiden beschäftiger Schwestern. Bis auf Gainsbourg verzweifelte Schnappsidee, mit dem Auto vor dem heranrasenden Planeten ins nächste Dorf zu flüchten (welches aufgrund von elektromagnetischen Impulsen aus dem All aber nicht anspringt), unternimmt niemand einen Versuch, mit der Außenwelt in Kontakt zu treten.

Lars Trier inszeniert den Weltuntergang und die Stunden davor mit großer Romantik und Ästhetik, was durchaus faszinierend und absorbierend ist. Insgesamt also ein sehr gut gelungener, atmosphärisch dichter und packender Film, der mir aber mysthisch und parapsychologisch zu sehr aufgeladen ist.

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