„Ice Age“ war gestern, denn nun wird es tierisch temperamentvoll und bemerkenswert bunt in der Hauptstadt des Karnevals. Die Blue Sky Studios laden zum Feiern in Rio ein und mitunter wird man unwillkürlich ein wenig mitwippen, wenn sich die bunte Vogelwelt des Regenwaldes zum Reigen erhebt und final Hunderte von Wagen und Tausende von Tänzern durch die Straßen ziehen. Dass dabei ausgerechnet zwei eher langweilige Aras im Mittelpunkt stehen, schmälert den Spaß nur minimal.
Ein Hauch von Tierschutz schimmert immerhin durch, denn durch die Blume wird der Transport exotischer Vögel ins Visier genommen, als Blu von Rio nach Amerika verfrachtet wird und über Umwege und per Zufall bei der jungen Linda landet. Bis eines Tages der Ornithologe Tulio aufkreuzt, um Blu mit dem letzten Weibchen seiner Art, Jewel, zu kreuzen. Doch in Rio angekommen, haben es fiese Vogelhändler auf die Exoten abgesehen…
Eigentlich nehmen Tanz - und Gesangseinlagen häufig Drive aus dem Geschehen und wirken oft kitschig, doch in diesem Fall sind die überwiegenden Samba-Rhythmen enorm förderlich und beschwingend. Überhaupt erstrahlt das titelgebende Rio in detailverliebtem Glanz, - natürlich häufig aus der Vogelperspektive und schürt damit reichlich Fernweh und Lust auf exotische Gefilde.
Da können die Figuren und ihre kleinen Geschichten nicht so wirklich mithalten.
Denn die eigentlichen Bringer sind mal wieder die Nebenfiguren, wie die diebischen Marmosetten oder Büschelaffen, die stets sabbernde, aber hilfsbereite Bulldogge Luiz oder die beiden Beat Maker Pedro und Nico mit ihren nicht immer stilsicheren Lebensweißheiten.
Dagegen hat Hauptvogel Blu eigentlich latent das Problem, dass er nicht fliegen kann, was in prekären Situationen zu einigem Chaos führt, aber auch zu actionreichen Sequenzen wie einer Flucht durch enge Gassen oder auf dem Rücken eines Fluggleiters. Ferner verknallt er sich umgehend in Jewel, die sich hingegen tough und zugeknöpft gibt, - wie sich die Sache entwickelt, dürfte erahnbar sein.
Dagegen fallen die menschlichen Figuren noch deutlicher ab und bilden ein kleines Manko, denn die stets suchenden Vogelliebhaber und auf der anderen Seite die Diebe, einschließlich der töffeligen Adjutanten sind selten für Gags und Schwung zuständig.
Allerdings ist stets reichlich Bewegung im Spiel, um etwaige Schwachstellen zu kaschieren und das familienfreundliche Geschehen hurtig voran zu treiben. Mitunter wird es sogar ein wenig spannend, auch wenn die Handlung in allen Belangen absehbar ist und keinerlei Überraschungen zu erwarten sind.
Was eher überrascht, ist die recht unterschiedliche Leistung der Synchro, denn auch hier überzeugen eher die Nebenrollen, wie etwa Roberto Blanco als Tukan mit Liebestipps oder Christian Brückner als recht fieser Kakadu und Handlanger der Vogelhändler.
Die Hauptrollen von David Kross als Blu und Johanna Klum als Jewel bleiben eher facettenlos wie ihre animierten Gestalten.
Dennoch ist „Rio“ ein ausgesprochener Wohlfühlfilm mit viel Temperament, ordentlichen und rasanten Actioneinlagen und einer gesunden Portion Emotionalität zum Finale.
Die Animation lässt kaum Wünsche offen und auch die Gestaltung der Schauplätze zeugt von Einfallsreichtum und viel Liebe zum Detail.
Fürs reifere Publikum mangelt es ein wenig an Tiefe und auch die Gags sitzen nicht immer, doch allein für den Touch der Freiheit und des exotischen Lebensgefühls sollte man einen Blick riskieren.
7 von 10